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„Lupfe mein' Schlumpf!“

Mit ihrem zweiten Spielfilm schuf Sofia Coppola, Tochter des großen Francis Ford, einen modernen Klassiker: Der mit verhältnismäßig geringem Budget US-amerikanisch und japanisch koproduzierte sowie von ihr inszenierte „Lost in Translation“ aus dem Jahre 2003, zu dem sie auch das Drehbuch verfasste, heimste einen Oscar für eben jenes ein und versetzte der Sparte des tragikomischen Liebesfilms neue Impulse.

„Wird das Leben einfacher?“

Die jungvermählte US-Amerikanerin Charlotte (Scarlett Johansson, „Arac Attack – Angriff der achtbeinigen Monster“) begleitet ihren Mann, den Fotografen John (Giovanni Ribisi, „The Gift – Die dunkle Gabe“), auf dessen Geschäftsreise in die japanische Metropole Tokio, wo er sich kaum um sie kümmern kann und sie mit ihren Schwierigkeiten, sich an die dortige Kultur zu gewöhnen, und ihrem Gefühl der Verlorenheit und Einsamkeit allein lässt. In der Bar des Nobelhotels lernt sie den alternden US-amerikanischen Schauspieler Bob Harris (Bill Murray, „Die Geister, die ich rief…“) kennen, der für den Dreh eines Werbespots für einen japanischen Whiskey allein nach Tokio gereist ist. Er ist bereits seit 25 Jahren verheiratet, hadert aber mit seiner Ehe. Ihre Schlaflosigkeit und das Gefühl der Einsamkeit vor dem Hintergrund einer ihnen fremden Kultur eint sie und führt sie zueinander. Gemeinsam erkunden sie Tokio und geben sich gegenseitig Halt und Kraft – und Zuneigung…

„'ne harte Nacht gehabt?“

Coppola verarbeitete in ihrem Drehbuch ihre eigenen Erfahrungen, die sie in den 1990er-Jahren gemacht hatte, als Japan aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeiten im Modebereich zu ihrer zweiten Heimat geworden war. Zunächst zeigt „Lost in Translation“ parallel die Erlebnisse Charlottes und Bobs in Tokio und kostet dabei den Culture-Clash-Aspekt inklusive dessen komischen Potenzials umfangreich aus. Murray spielt Bob als müden, in die Jahre gekommenen Filmstar mit Leichenbittermiene und Sarkasmus und bekommt die Gelegenheit zu einigen herrlichen Slapstick-Einlagen. Die blutjunge Johansson ist sehr süß und strahlt als Charlotte eine gewisse Schutzbedürftigkeit aus, vor allem aber das Verlangen nach Beachtung, Zweisamkeit und Orientierung. Für das Abenteuer Tokio ohne zuverlässigen Begleiter an ihrer Seite wirkt sie zu jung. Als sie sich zusammentun, scheinen sie erstmals Spaß an der Stadt zu entwickeln – unter anderem beim Karaoke, bei dem man sogar „God Save The Queen“ der Sex Pistols anstimmt. Eine lange gemeinsame Partynacht wird ausführlich illustriert und im Stripclub gibt’s freizügige Schauwerte.

Neben dem Schauspielensemble finden sich die eigentlichen Schauwerte des Films aber in seiner wundervollen visuellen Gestaltung, die entscheidend dazu beiträgt, die Atmosphäre des paradoxen Einsamkeitsgefühls inmitten einer Millionenmetropole zu vermitteln. In einer besonders gelungenen Sequenz durchstreift Charlotte Kyoto, diese Bilder kommen ohne jeden Dialog aus. Inhaltlich bewegt sich „Lost in Translation“ dann zunehmend weg vom Culture Clash, hin zur persönlichen Beziehung Charlottes und Bobs zueinander. Dass dort offenbar etwas über eine lose Bekanntschaft Hinausgehendes entstanden ist, beweist Charlottes eifersüchtige Reaktion, nachdem Bob eine Nacht mit einer Rothaarigen verbracht hat. Doch wer nun glaubt, dass daraus eine klassische Romanze zwischen Charlotte und Bob entstünde, liegt falsch: Fernab jeglicher Hollywood-Klischees und völlig unkitschig bleibt die Beziehung platonisch. So geht es denn auch vielmehr um Melancholie, leise infrage gestellte Lebensentwürfe und unklare Verhältnisse zwischen Zweckgemeinschaft, Freundschaft und Liebe – und nicht etwa darum, dass ein wesentlich älterer Mann eine junge Frau ins Bett bekommt.

Coppolas Film wurde mit viel Raum für Improvisationen gedreht und kann sich nicht nur in dieser Hinsicht auf Johansson und Murray verlassen. Die einfühlsame, entschleunigte Handlung wird von einem beeindruckenden Gespür für Bilder und guter Musik veredelt, das Ende ist offen und ein bisschen geheimnisvoll – und durch den konsequenten Verzicht auf Untertitelungen fühlt man sich mitunter genauso verloren wie die Protagonisten. Toller Film und vielleicht bis heute Sofia Coppolas bester!

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