Irgendwie still und unbemerkt haben sich die Looney Tunes damals ins Kino zurückgeschlichen. Werbung wurde gemacht, aber beileibe nicht so auffällig wie beim handlungskausal unbeeinflussten Prequel “Space Jam”, das doch meiner Erinnerung nach mit deutlich mehr Schmackes ins Bewusstsein der Bevölkerung gepresst wurde. Dass die Looney Tunes 2003 aber “Back in Action” waren, erschien wie eine ganz gewöhnliche Sache, kein Event mehr wie der NBA / Warner-Mix.
Möglicherweise war das auch so gewollt, denn Regisseur Joe Dante ist wohl nicht so gut auf “Space Jam” zu sprechen, der ihm zufolge die Toon-Charaktere verzerrt habe. Tatsächlich wirken die Verhaltensweisen durch die Beiläufigkeit der Präsentation diesmal wieder etwas authentischer. Die Zwanglosigkeit tut dem Ergebnis sichtlich gut, und so gesehen ist Dantes Film das, was der letzte “Asterix” (“...und die Wikinger”) hätte sein sollen: zwanglose, charaktergetreue Unterhaltung.
Ein Gegenentwurf zum Michael Jordan-Film ist es dennoch nicht geworden, auch wenn Dante das gerne gehabt hätte, da er sich letztendlich ja doch der gleichen Mechanismen bedient. “Back in Action” ist keine “Looney”-Episode, es ist wie “Space Jam” und noch mehr wie “Falsches Spiel mit Roger Rabbit” ein Behind-the-Scenes-Feature, das vorgibt, dass Daffy, Bugs und ihre Freunde reale Figuren seien und die Cartoonwelt eine real existierende Parallelwelt, die sich hinter Hollywoods Toren mit der uns bekannten 3D-Welt vermischt. Das ist die Achillesferse und zugleich die Stärke eines jeden Real-Trickfilm-Mixes. In dieser Umgebung können die Figuren ganz einfach nicht authentisch ihrem Alltagsgeschäft nachgehen, das ja paradoxerweise von der Intention her eher als Business zu verstehen ist. Durch den Kontakt mit der Realfilmwelt wirken sie jedenfalls automatisch echter, persönlicher, realer. Und das schmeckt selbstverständlich nicht jedem.
Das Beste, was man in dieser Situation machen kann, ist es, sich selbst auf den Arm zu nehmen, was Dante definitiv besser gelingt als seinem Kollegen Joe Pytka. So beginnt der Film mit einer kleinen 2D-Episode, in der die Toons auch zeichnerisch von ihren dreidimensonal wirkenden “realen” Ebenbildern abgegrenzt werden. Schließlich entpuppt sich dann alles als Schauspielerei; ja, Bugs und Daffy sind Schauspieler. Im Gegensatz zu “Space Jam” spielt “Back in Action” vorwiegend an einer realen Warner Brothers-Zentrale, wo Konferenzen und Tagungen stattfinden, an denen die Hauptdarsteller selbst teilhaben dürfen. Die Eigenwerbung für Warner ist da viel dezenter - die Leute sehen, wie lustig es hinter Warners Kulissen zugeht, da sich immerhin Cartoonfiguren unter die Anzugträger mischen.
Die Selbstironie fehlt auch diesmal nicht, sie wird aber besser eingesetzt. Zunächst stehen nicht alle Toons 80 Minuten lang glückselig beisammen und beweisen, was für witzige Typen sie sind. Daffy und Bugs sind die Hauptdarsteller, die an der Seite von Brendan Fraser und Jenna Elfman ein Roadmovie zu überstehen haben, alle anderen kommen nur episodenweise vor. Viel weniger werden Kleinkinder als Zielgruppe berücksichtigt, statt dessen erstaunt Dante mit massig Gimmicks und Anspielungen, die speziell in der Anfangsphase im Sekundentakt eingebaut werden. Die Idee, Jerry Goldsmith das “Gremlins”-Theme spielen zu lassen, als Fraser gerade in sein Auto Marke Gremlin einsteigt, sieht umgesetzt einfach schräg aus, und selbst über alle Maßen abgedroschenen Reminiszenzen wie der “Psycho”-Duschszene vermag Dante irgendwo noch etwas abzugewinnen - die hier gezeigte ist jedenfalls die beste, die ich unter den letzten 50 Stück bewundern durfte. Vermutlich muss man sich den Film auch mindestens zweimal ansehen, um alles mitzukriegen, denn augenzwinkernd wird alles mögliche doppelt und dreifach auf den Arm genommen.
Der Detailreichtum in der Persiflage kaschiert zum einen leichte Storyschwächen und verleiht der Angelegenheit zum anderen ein Mordstempo, das durch Daffys Hyperaktivität (die jedoch zu keinem Zeitpunkt wirklich zu nerven beginnt, sofern man Daffy Duck kennt und schätzt) noch weiter angetrieben wird. Fraser ist im Vergleich zu Michael Jordan sicherlich auch der für eine Cartoonfigur bessere Partner. Zwar mag er nur halb so gut sein, als es das Vertrauen der Studios in seine Comedyfähigkeiten rechtfertigt, doch zumindest scheut er nicht vor physical comedy zurück, weshalb er mit Vergnügen mit so mancher Cartoonfigur in einen Clinch gerät. Prügeleien mit Zeichentrickeinlagen und richtige Handgemenge, in derlei Szenen war mit Jordan nicht allzu viel anzufangen; wenn es für ihn an eine Actionszene ging, merkte man ihm doch schnell an, dass er in einem Bluescreenareal agierte, während man bei Fraser die Freude spürt, sich auf offener Straße wie ein Wahnsinniger aufführen zu dürfen. Seine Kollegin Jenna Elfman agiert unscheinbarer und somit auch auswechselbarer, ohne jedoch zu stören.
Zusammen werden jedenfalls sämtliche Klischees für die Mechanismen eines Unterhaltungsfilms aufgebrochen, was recht erwachsen wirkt. Um jedes Spiel mit den Regeln und Regularitäten eines Spaßfilms wie diesem entschlüsseln zu können, sollte man jedenfalls ein gewisses filmisches Verständnis mitbringen. Man ist sich hier ganz offenbar bewusst, im Ansatz jener niveaulose Spaßfilm zu sein, den man dann systematisch zu demontieren versucht.
Optisch fast noch einen Tick perfekter als “Space Jam” ist die Verschmelzung von Trick- und Realfilm. Die Berührung beider Welten greift stärker ineinander und die Szenen sind insgesamt aufwändiger. Die Szene im Louvre ist ein tricktechnisches Schmankerl, denn wenn sich Elmer, Daffy und Bugs durch die Kunstwerke jagen und Edvard Munchs “Der Schrei” ebenso einen Besuch abstatten wie Salvador Dalís “Die Beständigkeit der Erinnerung”, findet man sich gefangen in der hohen Kunst der Animation - bis zu dem Moment, wo sich Daffy nach einem Schuss von Elmer per “Malen nach Zahlen” wieder selbst rekonstruiert.
Wieso es die Meute allerdings zum Louvre geführt hat und wieso wer hier was überhaupt unternimmt, bleibt über weite Strecken ein Geheimnis der Autoren. Die wechselnden exotischen Orte - Las Vegas, Paris, Wüsten, Dschungel, ein futuristisches Alien-Untersuchungslabor etc. - sehen hübsch aus und sind schön fotografiert, einen Grund dafür, dass sie im Film vorkommen, sucht man aber mehr oder minder vergebens. Steve Martins Charakter - er versucht sich an einer ähnlichen Welteroberungsmegabadguy-Interpretation wie Mike Myers in “Austin Powers” - hat die ganzen Story-Rülpser zu verantworten. Zwar werden auch die wieder ironisiert, dennoch kann die Belanglosigkeit des Plots auf Dauer nicht bei der Stange halten, weshalb es in der Filmmitte einen dicken Hänger gibt, den nicht einmal das konstant angezogene Pacing verhindern kann. Da hätte man sich gewünscht, die Autoren hätten auf den Roadmovie-Aspekt gepfiffen und alle wären daheim geblieben in der Warner Brothers-Zentrale.
Dennoch hat Joe Dante insgesamt den erwachseneren, authentischeren Looney Tunes-Film gedreht im Vergleich mit Pytkas werbeträchtigerem Vorgänger. Zwar kann auch Dante nicht verhindern, dass die Toons in der realen Welt nun mal nicht die Toons aus den Shorties sind, sondern vielmehr ihre Alter Egos aus der Behind-the-Scenes-Welt, doch die Gags kommen mit Hochfrequenz um die Ecke und sind dabei erstaunlich subversiv. Detailästheten sollten daran jedenfalls ihre Freude haben, genauso wie an der gelungenen Verschmelzung der Trick- und Realfilmelemente. Brendan Fraser ist wie üblich Geschmackssache, aber was Bugs Bunny und Daffy Duck abliefern, ist nicht ganz so belanglos, wie die Kritik immer meint, es abstrafen zu müssen.