Review

Zweite rein chinesische Produktion von Filmemacher Herman Yau in diesem Jahr, die zweite auf realen Tatsachen basierend, und die zweite Übernahme eines fremden Skriptes; Yau hat bis dato selber aktiv Hand an seine Texte gelegt und/oder sie langjährigen Partnern wie Erica Li Man und Eric Lee Sing überlassen und diejenigen unterstützt. Hierbei wäre eine eigene Kreation auch gar nicht so schwer gewesen, ist die Geschichte selber nicht original, sondern die proklamierte Bearbeitung eines tatsächlichen Vorfalls im Jahre 1993, auch bereits zeitnah mit Train Robbers (1995) unter Michael Mak, als interessanter, aber letztlich angesichts des Potenzials ungenügender Actionthriller für das HK-Kino verfilmt worden, und zusätzlich als chinesische Serie für Zhejiang Television (in 31 Episoden) namens Operation Moscow (2018), was auch hierfür einmal angedacht war und als Alternativtitel noch gilt. Gelten tut auch noch, dass sich Yau, der früher für kleinere und persönlichere Werke bekannt war und sich einen guten Ruf als Regisseur und Kameramann seit den frühen Neunzigern erarbeitet hat, in den letzten Monaten in der sich dafür interessierenden Filmwelt eher vom Paulus zum Saulus wird, und in der neuen chinesischen Kinoära scheinbar nicht mehr der Satz vom "Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde es durch das Gute!" gilt.

Eine falsch angelegte und technisch zudem mäßige Effekthascherei wurde ihm die letzte Zeit oft vorgeworfen, und ist hier auch vorhanden, der Verlass auf Tricktechnik durchschnittlicher Begeisterung statt dem guten alten Handwerk, und natürlich die Verbeugung vor den Maßgaben der chinesischen Obrigkeit, die von vornherein feststehen und so sicher sind, wie das Amen in der Kirche, in dessen Sinne man aber auch mit eigener Selbstzensur arbeitet und gerade auch die größeren, sprich die teureren Arbeiten mit genug Huldigung des neuen Gastgebers ausstattet und entsprechend in gleich mehrerer Hinsichten gebremst wird und auch so wirkt:

Im Mai 1993 wird der Transsibirische Zug von Beijing nach Moskau durch die 'Brüder' Miao Qingshan [ Huang Xuan ] und Miao Ziwen [ Jason Gu Jiacheng ] und ihre Schergen ausgeraubt, geholfen hat ihnen zur Auskundschaftung der Fahrgäste die auch Shenzhen genannte Li Suzhen [ Janice Man ]. Aufgrund der Tragweite des international Aufsehen erregenden Ereignisses wird ein Spezialteam unter Führung von Captain Cui Zhenhai [ Zhang Hanyu ] mit Mitarbeitern wie Mao Xiaoming [ Zhao Mingyue ], Li Jia [ Mickey He Shengming ], Sun Jiandong [ Bai Narisu ] und Sergey [ Andrey Lazarev ] gegründet und nach Moskau geschickt, um die Hinterleute des Verbrechens ausfindig zu machen, dabei stoßen sie auch auf den sich Vasily nennenden Liu Yuhu [ Andy Lau ], der mit den Brüdern schon den nächsten Streich, einen Raubzug auf ein Casino durch die Abwasseranlagen ausheckt.

Geschaffen hier zu Beginn mit historischen Bildern, mit den Gegensätzen und den Gemeinsamkeiten von Beijing und Moskau im entsprechenden Jahre, mit dem Gewusel der Menschen, mit dem Handel, dem Beginn des Fortschritts oder der Umgang mit dem Ausbleiben dessen und den Schwierigkeiten damit, mit einer neuen Zeit, einer anderen Ära, einer Direktverbindung per Zug auch, mit einer Entfernung etwas mehr als 7600 km. Während der Fahrt wird mehr gelebt im Waggon als gereist, so lang die Dauer, fast ewig die Strecke, es wird mit Geld hantiert wie mit Karten im Spiel. Es werden Notizen gemacht, es werden auf Zwischenhalten Feilsch- und Tauschgeschäfte aus dem Fenster heraus abgehalten, es wird jede Möglichkeit zum Verdienen und auch Betrügen genutzt, es sind weniger Touristen an Bord, es sind ein paar 'Großmäuler', einige mit krimineller Vergangenheit, einige Strauchdiebe und generell eher Leute, die die Gunst der Stunde nutzen. In einem Tunnel geht der eigentliche Plan los und voran, generalstabsmäßig aufgezogen, gleichzeitig impulsiv und von langer Hand vorbereitet, ein großer verbrecherischer Akt.

Von vorne nach hinten wird sich durch den weiter rasenden Zug durchgearbeitet, mit Drohung, mit Waffen, mit Pistolen und Äxten, die auch eingesetzt werden bei Gegenwehr; Menschen springen aus den Fenstern, flüchten, die Panik ist groß, die Brutalität der Aktion wiegt schwer; (hier filmisch wesentlich abgeschwächt und nur als kurzes 'Intermezzo', bei weitem nicht als der tagelange Albtraum wie realiter inszeniert.) Ein Terror- und Mordkommando. Die People's Public Security übernimmt. Die Order kommt von ganz oben und ist spezifisch, das Treffen mitten in der Nacht und streng geheim. Das Criminal Investigation Bureau ist mit in der Führungszentrale, das Railway Public Security Bureau, das Beijing Municipal Public Security Bureau, und das Beijing Railway Public Security Bureau, ein Wasserkopf wie bei Raid on the Lethal Zone (2023), mehr Leute im Büro beim Reden bzw. beim Zuhören, als letztlich an vorderster Front.

Bald wird wieder Zug gefahren, man lässt sich hier nicht gleich ein X für ein U vormachen, man besitzt bereits einen ersten Anhaltspunkt und hat genügend Informationen, um mit seiner Spezialeinheit zu starten. Die Inszenierung wechselt dabei zwischen eher ärmlich aussehenden, in der Dekoration einfach gehaltenen, d.h. das Zeitkolorit durchaus einfangen wollenden und beachtenden Aufnahmen und oft wieder aus der speziellen Aura herausreißenden Nachhelfen von Trickaufnahmen ab, das Crime beherrscht man quasi, das Spektakel wird zusätzlich versucht, ein zweiter Überfall vor Nowosibirsk, ein Kampf in der Enge der Gänge, der Gegner oft in Überzahl und gerne mal aus dem Nichts hervor preschend, ein erbittertes Handgemenge um Leben und Tod, ein zahlreicher Nahkampf inmitten der räumlichen Begrenzung und der Menschenmenge, die Polizei diesmal mit unter den Reisegästen, Gesetz und Staat auf der Hut.

Aufwand scheut der (später ein anderes Ziel aussuchende, an den Kinokassen auch mit seiner Ablenkung und einem Einspiel von 90 Mio. USD durchaus erfolgreiche, allerdings nicht richtig durchschlagende) Film dabei nicht, das haben die letzten Werke von Yau aber auch nicht getan, gerade auch der entsprechende budgetierte The White Storm 3: Heaven or Hell (2023) war im Umgang mit den Finanzen großmütig und großmächtig. Das Geld ist auch deutlich auf der Leinwand vorhanden, aber in einem Mischmasch aus real und aus nachgestellt, aus versucht und nicht versucht, oder versucht und nicht gekonnt, aus einer seltsamen Farbpalette, die zu überzeichnen scheint, wo dies unnötig scheint, hier speziell auffällig im direkten Vergleich mit den immer wieder eingespielten historischen Bildern. Einfallslose Rückprojektionen bei Fahrten in der Stadt etwa lassen fehlende Energie des Regisseurs, weniger Achtung diesbezüglich und eher eine Kontrolle des großen Ganzen als der wichtigen Details erscheinen. 

Immerhin sieht eine Autoverfolgungsjagd in der russischen Hauptstadt (nach einem Attentat in einem Hotel und der Flucht) relativ robust aus, es werden auch andere Verkehrsteilnehmer geschrottet und Geschäfte oder Denkmäler (in der nachgebauten Studioszenerie) zerstört, die tatsächliche Arbeit der Stuntmen ist hier und später auch während eines explosiven Schusswechsels in einer stillgelegten Raketenfabrik anerkennend ersichtlich; von dem dann noch folgenden CGI-Massaker mit einem Kampfjet legt man lieber den Mantel des Schweigens. Glücklicherweise wird auch final die besseren Schießereien und etwas Nahkampf zelebriert, mittlerweile kennt man aber die Action-Montage von Yau, die Positionierung der Kameras auch mal an sich kollidierenden oder überschlagenden Autos und anderweitig mittig im Geschehen. Viele Szenen spielen auch in der Öffentlichkeit und Gesellschaft und mit solcherlei Bezügen, so wird eine Art Arbeiterprotest als Deckung genutzt bspw. Zuweilen ist die Ausstattung ausgesprochen grell bis hässlich, was man durchaus der entsprechenden Zeit zuschulden kommen lassen kann, wird aber auch zusätzlich in über-kolorierten Farben und Filtern eingefangen, viel Gelb bis Orange; außerdem zuweilen merkwürdige 'Sowjetromantik', Schostakowitsch, Rasputin, Kalinka, fehlt bloß noch Auch Ninotschka zieht ihr Höschen aus (1973). In Sachen Zeitkolorit hat der relativ rasch produzierte, eher graue Train Robbers da natürlich entscheidende Vorteile, auch hält er sich eingangs wesentlich länger im Zug selber auf, er nutzt es nicht bloß als 'Kundenfang' und reißerische Prämisse.

Die Parallelität der Ereignisse im hiesigen 'Kriminalfilm' und ein gewisses Personenwirrwarr aufgrund mehrerer uninteressant scheinender Figuren, auch welche in der hauptsächlichen Beteiligung, sowie das sich Entfernen von dem eigentlichen Verbrechen am 26. 05. 1993 hinweg zu einer anderen Geschichte, mitsamt einem Raubüberfall, tatsächlich mit Motorradhatz in der Kanalisation, und deren versuchter Vereitelung spielen sich zuweilen gegenseitig aus. Bis auf den gewohnt heroischen und stoischen Zhang Hanyu – welcher auch Operation Mekong (2016) angeführt hat, was vor Operation Red Sea (2018) und dem Bestandteil hier jetzt mittlerweile auch manchmal zu einer zusammengehörigen Trilogie gezählt wird – , Janice Man als Frau zwischen mehreren Stühlen und dem soliden, aber sich auch keine Beine ausreisenden Andy Lau ist der Rest der Darsteller eher blass und rein funktional, das Team vom Chefermittler würde man abgesehen vom 'Ausländer' einzeln gar nicht erkennen. Eine Konzertszene als Art 'Honigfalle' für einen der gesuchten Verbrecher sieht stilecht aus wie Filmemachen Anfang der Neunziger, in dieser speziellen Variante hier aber vermehrt albern bis peinlich arrangiert, zudem entkommt man dem Eliteteam gleich mehrfach mit einem und dem gleichen Trick.








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