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Im zweiten Höhepunkt seiner Karriere angekommen, hat sich Filmemacher Herman Yau seit wenigen Jahren erst und damit immer noch ungewohnt trotz bereits nunmehr vieler Arbeiten in dem Genre auf den Actionthriller und dies auch meist in einer imponierenden Größenordnung orientiert. Yau, der zuvor mit kleineren, persönlichen, teilweise auch der Obrigkeit gegenüber kritischen Werken zugange war und ursprünglich mal mit Gross-out Horror im Category III Bereich bekannt wurde (im Ausland zumindest) hat nach der schon damals seltsam anmutenden Übernahme von Benny Chan in Form von The White Storm 2 - Drug Lords (2019) in rascher Reihenfolge gleich mehrere dieser üppig besetzten, mächtig finanzierten und sich auch prächtig rentierenden Großprojekte (für den chinesischen Markt) angenommen, darunter den Shock Wave Zweiteiler (2017/2020) und The White Storm 3: Heaven or Hell (2023) sowie Moscow Mission (2023) und Customs Frontline (2023). Ein Karriereweg, welcher eher einem Dante Lam zugute stehen würde, dieser ist allerdings komplett im militärischen und zusätzlich verstärkt patriotischen bis propagandistischen Bereich für sein neues Mutterland unterwegs; Yau macht hier den ersten Ausflug dahingehend.

Dabei ist in letzter Zeit auffällig, dass anfängliche Stärken eher negiert wurden, Yau als ehemaliger Kameramann auch bewies zu Beginn des inszenatorischen Umschwungs ein gutes Auge für spezielle Autoverfolgungsjagden und für einige plötzlich hereinbrechende Schusswechsel; dieses wird in den entsprechenden Vertretern auch noch geboten, aber zunehmend durch mäßige Effekttechnik in Sachen Explosionen abgelöst und allgemein eine leidend aussehende Vfx-Tätigkeit. Raid on the Lethal Zone, welcher mit durchweg ordentlich illustrierten Intermezzi und reichlich Verhau, zerstörten Straßenzügen bis hin zu ganzen überfluteten Landschaft aufwartet, ist dabei ausnahmsweise auch keine Produktion für die große Leinwand, hatte zwar einen Limited Release, ist aber für den Streamingdienst IQiyi und damit zu deren Portfolio an Video-on-Demand fabriziert:

Juli 1998, Südwestliche Grenze von China. Während einer Hochwasserkatastrophe in Meng City will der Drogenboss Wang Hejiu [ Jiu Kong ] , Anführer der Kowloon Gang, die angebauten und erwirtschafteten Drogen unter Tarnung aus dem gefährdeten Gebiet schaffen. Allerdings ist das Provincial Drug Enforcement Team, darunter Yao Yao [ Huang Yao ] von dem Vorhaben ebenso informiert und macht zusammen mit dem Battalion 8077, darunter ihr ehemaliger Freund Wang Jinhao [ Oho Ou Hao] sowie dessen Kollegen Guo Lailai [ Jason Gu ], Wang Lie [ Gao Zhi-Ting ], Kang Zhu-Guo [ Wang Yu-Tian ] und Liu Chun-Sheng [ Shi Peng-Yuan ] einen Präventivschlag, welcher allerdings mitten rein in das Gefahrengebiet führt.

Erzählt wird eine 'wahre Begebenheit', aufgemotzt und mit reichlich Druck versehen. Eine Flut nach vielerlei Regenfällen, eine hektische Evakuierung, der Mensch rafft sein Hab und Gut zusammen, zwei Verbrecher versuchen sich, der Polizei zu stellen und zu ergeben; werden im allgemeinen Chaos aber erst von einem Bus gerammt, von den früheren Kumpanen unter Beschuss genommen und schließlich noch mit einer Stabsgranate in die Luft gesprengt. Rettungsmissionen der Behörden kollidieren mit Schmuggelplänen der Kriminellen, ein erst flottes, dann zunehmend simples Treiben, den Bürgern steht das Wasser bis zum Hals, den Verbrechern kommt das Unwetter eher zupass, Routen werden ausgekundschaftet, Vorbereitungen getroffen, Pläne geschmiedet, das Geschehen ist im vollen Gange, Schwachstellen oder mögliche Verräter bereits im Fokus oder gar eliminiert. Auch der Staat hat gut zu tun, die Probleme sind bekannt und werden trotz der widrigen Bedingungen eifrig angegangen, es werden Krisenstäbe und spezielle Untersuchungsteams gebildet, es bleibt noch ein wenig Platz für eine ehrwürdige Liebesgeschichte und ein vorteilhaftes Interview mit der Presse, es schüttet aus allen Kannen.

Völlig unnötiges Chaos bei einer Straßensperre verursacht mehrere Zusammenstöße und auch einen Toten; dafür hat der Regisseur des Ganzen das Geschehen fest im Griff und in der Übersicht, geschrieben ist das fabulöse Buch diesmal ausnahmsweise von einem Fremden, von Xiao Pang (der 2017 die Kung Fu Traveler Zweiteiler mit vorbereitet hat), wo Yau doch sonst meist selber Hand an die Skripte anlegt. Eine Art Auftragsarbeit hier, eine Mischung aus Katastrophenfilm, Soldatenstück, Polizeikrimi, Wildwasser-Abenteuer und Antidrogen-Thriller, in den stillen Szenen leicht klapprig wirkend, im provinziellen Setting. Dabei kommt alles zusammen, was zusammen kommen kann; es ist Tag der offenen Tür, es wird ein Marschbefehl gegeben, es wird Rede und Antwort gestanden, es wird salutiert und patrouilliert. Es gibt einige Schwächen im Spiel und in den Dialogen, die Brigade geht mit einem Trauma in den Kampf und mit einer potenziellen Unterkühlung und der Gefahr von Lungenentzündung. Felsgestein bröckelt, Hügel und Berge werden abgetragen unter den Regenmassen, ein Krieg zusätzlich mit der Natur und der Umgebung, mit einer sich ständig verändernden Örtlichkeit, mit einem flüssig gewordenen Untergrund, mit fehlendem Nachschub, lahmgelegter Kommunikation und abgeschnittenen Wegen. Eine zeitlich enge Frist ist gesetzt, die Behörden (u.a. Command Headquarters of Meng Municipal Public Security Bureau, The Provincial Flood Control Headquarters, Temporary Command Post for Flood Fighting and Emergency Rescue of Meng City, Administrative Service Complaint Center, Affairs Board of the Police Office, Responsibility System of Material Evidence Management, Mission of People's Mediation Committee usw. usf.) und Genossen und Kamerade kooperieren untereinander, allen Missständen zum Trotz ist die Regierung, die Verwaltung, die Autorität und die Exekutive wie ein Zahnrad ineinander greifend und auf Erfolg durch die Zusammenarbeit aller einzelner Individuen zu einer gemeinsam funktionierenden Institution, und der Beseitigung allen Übels programmiert: "Not born brave but choose to be fearless."; Heldentaten und Märtyreropfer und Längen in der Laufzeit inklusive.

'Hilfestellung' bekommen sie dabei durch eine andere Gruppierung an Gaunern selber, wird der Transport doch vor der Blockade schon von motorisierten Räubern in voller Fahrt angegriffen, durch den Matsch geschlittert, Fahrzeuge gegen Hindernisse gelenkt und stürzen und purzeln die Stuntmen von der Ladefläche, Feuerstöße werden gegenseitig ausgetauscht, ein wildes und blutiges Hase-und-Igel Spiel. Ein Shoot to Kill mit viel Schlamm und Toten, es wird durch den Modder gerobbt, durch die klamme Botanik gerauscht, man wird von den eigenen Lasten erschlagen oder von Kugeln niedergestreckt. Dann kommt der Erdrutsch und nichts ist mehr wie früher. Handwerklich umgesetzt ist das ganze durchnässte Szenario dabei durchaus ordentlich, man lässt sich seitens des Drehteams nicht lumpen, man geht in den Einsatz und in die Vollen; die Zwischentöne selber, die politischen, pathetischen, oft emotional aufgeweichten, dramaturgisch seichten Hinweise gereichen dabei nicht zum Vorteil, sie sind weitgehend uninteressant bis altbacken dargeboten, sie erinnern bestenfalls an Irwin Allen und seinen (von Earl Bellamy oder Georg Fenady umgesetzten) Fernseharbeiten der späten Siebziger. In der Kommandozentrale sind mehr Menschen als vor Ort an der Front, es kommt zu einer taktischen Belagerung, einer Verschanzung in der Höhle des Löwen, einem Late Call vom Backup-Team, es kommt, wie es kommen muss.






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