„Die Lösung ist Furcht!“
Der lose auf dem Roman „Das Kastell“ des Autors F. Paul Wilson basierende Mystery-Horrorfilm „Die unheimliche Macht“ aus dem Jahre 1983 ist ein früher Film des US-Regisseurs und „Miami Vice“-Produzenten Michael Mann („Der Einzelgänger“, „Blutmond“). Bei dieser Verfilmung handelt es sich um eine US-Produktion, mit der Mann letztlich unzufrieden war, weil er nach der eigentlich finalen Schnittfassung zahlreiche Szenen entfernen habe müssen und zudem mit dem Ende haderte. „Die unheimliche Macht“ floppte an den Kinokassen und wurde von der Kritik verrissen. Aber bilden wir uns im Folgenden ein eigenes Urteil.
„Wen interessiert der Tod von ein paar Kommunisten?“
Wir schreiben das Jahr 1941. Der Zweite Weltkrieg tobt unnachgiebig. Eine Wehrmachtsdivision soll eine sich in den rumänischen Karpaten befindende Festung sichern und als Stützpunkt herrichten. Was die Soldaten nicht wissen: Sie hält eine Jahrhunderte alte zerstörerische Macht gefangen. Als die Deutschen die Nickelkreuze in den Wänden für Silber halten und zu demontieren beginnen, befreien sie diese versehentlich. Sie dezimiert die Division empfindlich, sodass sich Oberst Wöhrmann (Jürgen Prochnow, „Das Boot“, in seiner vermutlich ersten US-Produktion) gezwungen sieht, Hilfe anzufordern. Diese kommt in Person SS-Majors Kaempfer (Gabriel Byrne, „Excalibur“), der feindliche Partisanen hinter dem bösen Spuk vermutet. Doch schließlich kommt man nicht einmal mehr ohne die Hilfe des internierten jüdischen Historikers Dr. Theodore Cuza (Ian McKellen, „Der Musterschüler“) aus, dessen Tochter Eva von SS-Schergen vergewaltigt wird, bis das fremde Wesen sich einschaltet. Dieses verbündet sich daraufhin mit Dr. Cuza, um endgültig seinem Gefängnis zu entkommen und den Weltuntergang einzuläuten. Doch ein mysteriöser Grieche namens Glaeken Trismegestus (Scott Glenn, „Apocalypse Now“) stellt sich ihm entgegen…
„Verbrenne in der Hölle!“
Der Auftakt etabliert eine beunruhigende, todernste Aura, Tangerine Dream liefern eine damals futuristisch klingende musikalische Untermalung und die Kamera übt sich in Neo-noir-Optik. Zeitlupen dramatisieren die Ereignisse zusätzlich. In Sachen Ästhetik prescht Mann also ordentlich nach vorn. Auf ein Massaker des SS-Sauhaufens folgt ein bisschen Guter-versus-böser-Nazi-Debatte, bis die titelgebende unheimliche Macht, eine Art Nebelwesen, plötzlich zu sprechen beginnt – und dem Film damit eine irgendwie trashige Note verleiht. Den kränkelnden Dr. Cuza verjüngt es kurzerhand, natürlich nicht aus altruistisch-selbstloser Motivation heraus. Wöhrmann geriert sich plötzlich antifaschistisch und zwischen Eva und dem mysteriösen Glaeken entwickelt sich mir nichts, dir nichts eine Romanze inklusive Sexszene. Die Handlung wirkt – vielleicht konnte man es bereits zwischen den Zeilen herauslesen – zunehmend unglaubwürdig und holzschnittartig, was Manns Films einen Style-over-Substance-Ruf einhandelte, der nicht von der Hand zu weisen ist.
Im weiteren Verlauf bekommt man (bzw. Mann) aber wieder die Kurve, denn in voller Pracht sieht das Wesen mit seinen rotleuchtenden Augen durchaus imposant aus, die Wortgefechte zwischen Wöhrmann und Kaempfer haben es in sich und was die Nazis für armselige, feige Bastarde waren, wird deutlich herausgestellt. Zudem ist die Konstellation aus dem sich vom Wesen eine Vernichtung der Nazis erhoffenden Dr. Cuza und dem um die ganze Welt fürchtenden, weil das Wesen als noch bedrohlicher als die Nazis einschätzenden Glaeken inklusive der daraus resultierenden Intrigen nicht uninteressant und der Dramaturgie förderlich. Das Wesen wirkt wie eine Schreckgestalt aus Superheldencomics, grob Richtung Darkseid und Konsorten. Spacige Kulissen und Lichtblitze erinnern zudem an Science-Fiction, ohne dass der Film als eine solche eingeordnet werden könnte. Denn der Ursprung dieser unheimlichen Macht bleibt ebenso nebulös wie die Identität des mysteriösen Griechen, was sich leider weniger nach bedeutungsschwanger offenen Fragen als vielmehr verschenkten Handlungselementen oder schlicht einem unvollständigen Film anfühlt. Vielleicht sind gerade dies aber auch die Dinge, die den rigorosen Schnittauflagen Paramounts zum Opfer fielen…
Nichtsdestotrotz scheint mir „Die unheimliche Macht“ im Laufe der Jahrzehnte zu einer sehenswerten ‘80er-Kino-Stilübung gereift zu sein, deren Wiederentdeckung Freude bereiten kann.