Review

14 Jahre nach US-Regisseur Fred Waltons („Die Horror-Party“) Regiedebüt und Überraschungserfolg „Das Grauen kommt um 10“ bekommen die Freunde jenes Psycho-Thrillers mit „Stimme der Dunkelheit“ eine Fortsetzung spendiert, für die man erneut Carol Kane („Hundstage“) als Jill und Charles Durning (ebenfalls „Hundstage“) als John Clifford gewinnen konnte.

Wie schon der Vorgänger beginnt „Stimme der Dunkelheit“ damit, dass ein unbedarfter Babysitter (Jill Schoelen, „Stepfather“, „Skinner ...lebens gehäutet“ als Julia) es mit einem Psychopathen zu tun bekommt, der diesmal allerdings die Kinder nicht direkt bestialisch ermordet, sondern entführt und unentdeckt entkommt. Im Gegensatz zum Mörder aus „Das Grauen kommt um 10“ ruft er nicht an, sondern steht – ohne, dass der Zuschauer ihn zu sehen bekommen würde – vor der Haustür und gibt vor, eine Autopanne zu haben. Das Telefon spielt insofern erneut eine Rolle, dass Julia gebeten wird, einen Pannendienst zu rufen. Jahre später: Julia bewohnt ein Studentenwohnheim und hat noch immer an den damaligen Vorfällen zu knabbern – erst recht, als der Täter wieder in ihr Leben tritt. Doch Jill, die seinerzeit „Das Grauen kommt um 10“ überlebte und somit Ähnliches erlebt hat, steht Julia zur Seite, während der mittlerweile als Privatermittler tätige John Clifford den Täter sucht...

Der episodenhafte Aufbau dieser Fortsetzung ist recht ähnlich mit dem des Originals. Mit der nervenzerfetzenden Spannung des Originalprologs kann der des Sequels nicht mithalten, doch der schwächelnde Mittelteile aus „Das Grauen kommt um 10“ ist hier wesentlich stimmiger gestaltet worden. In anonymer Großstadtatmosphäre wird ein unbekannter, psychisch derangierter Kindesentführer gesucht, während sich Julia einer diffusen, weil eben unbekannten und motivlosen Bedrohung ausgesetzt sieht, die bis in ihr Privatestes, ihr Zimmer im Studentenwohnheim, vordringt, und sie versuchen muss, nicht den Verstand zu verlieren und leichtfertig als paranoid und nicht zurechnungsfähig abgetan zu werden.

Das schreit natürlich geradezu nach einem großen, originellen Finale, das wiederum dem des Originals in nichts nachsteht, erneut ein Lehrstück in Sachen Suspense wurde und ebenfalls verdammt gruselig ausfiel, dass es einen erschaudern lässt. Woran es aber leider mangelt, ist die Charakterisierung des Täters. Was in „Das Grauen kommt um 10“ evtl. übertrieben wurde, wurde hier etwas vernachlässigt. Etwas mehr über dessen Beweggründe bzw. seine schräge Gedankenwelt zu erfahren, wäre wünschenswert gewesen. Wie der Film ein Geheimnis aus ihm macht und es geschickt verhindert, sein menschliches Antlitz zu zeigen, ist aber gelungen und trägt dazu bei, eine unheimliche Aura um ihn zu erschaffen. Jedoch fiel es mir sehr schwer, zu akzeptieren, dass dieser als Bauchredner das Kunststück beherrscht haben soll, seine Stimme derart zu verstellen, dass sie klingt, als käme sie von einem anderen Ort. Dieser Unfug will einfach nicht in einen ansonsten letztlich mit beiden Beinen auf dem Boden der Tatsachen stehenden Thriller passen.

Überzeugen konnte mich aber erneut Carol Kane, die als mittlerweile reife Jill mütterliche Schutzinstinkte für Julia entwickelt und als selbstbewusste, intelligente Frau nachstellenden Irren den Kampf angesagt hat. Durning als John Clifford mit dem richtigen Riecher wurde diesmal nicht die Rolle eines zweifelhaften schießwütigen Bullen zuteil, sondern die des erfahrenen, aber gerade deshalb auch skeptischen Ermittlers, der trotz seiner Freundschaft zu Jill diese auch schon mal auf die Palme bringt. Die differenzierten Charakterzeichnungen wissen zu gefallen, wobei aber die logische Konsequenz ist, dass der Film nicht vor Action strotzt. Im Gegenteil, „Stimme der Dunkelheit“ geht angenehm subtil zu Werke und garantiert dadurch gegen Ende umso wirksameren Schrecken.

Am gewöhnungsbedürftigsten empfand ich die fragwürdige Frisur der ansonsten attraktiven Julia, womit ich das undefinierbare Etwas auf dem Haupt der Studenten-Julia und nicht die kecke Kurzhaarfrisur der Babysitter-Julia meine. Aber auch die 1990er waren eben gerne mal geschmacksverirrt. Schauspielerisch macht sie aber eine gute Figur und hat durch ihr Mitwirken in den eingangs erwähnten Filmen ohnehin einen Stein bei mir im Brett. Fazit ziehend möchte ich diese Fortsetzung allen Freunden des Vorgängers sowie wahrhaftiger Psycho-Thriller im Allgemeinen ans Herz legen und würde sogar so weit gehen, zu behaupten, dass „Stimme der Dunkelheit“ in seinen stärksten Momenten ein wenig an „Das Schweigen der Lämmer“ erinnert – wenn das nichts ist?

Wie auch „Das Grauen kommt um 10“ ist „Stimme der Dunkelheit“ hierzulande sträflich unbekannt. Doch während Waltons Debüt noch nicht einmal eine DVD-Auswertung zuteil wurde, erschien seine Fortsetzung im Herbst 2011 in der keinen roten Faden erkennen lassenden „Cinema Finest Collection“ von MIG, die auf dem Cover peinlicherweise „Sequel“ mit „Prequel“ verwechselt und der Reputation des Films sicherlich keinen Gefallen damit tut, ihn großspurig als den „Vorläufer zu Scream!“ anzukündigen. Du meine Güte...

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