Von der Gesamtkonstruktion des Films „Hidalgo“ mag man zwar vielleicht überrascht werden, doch ein frischer Wind aus alten Ställen zieht durch die ganze Produktion und macht das eigentlich Wunder dieses Abenteuerfilms aus: der völlige Verzicht auf die typische Blockbustergigantomanie, in dem Bestreben, einfach einen klassischen Abenteuerfilm zu drehen.
Das hat in den letzten Jahrzehnten kaum jemand geschafft, zu oft wurde selbstironisch zitiert, das Postmoderne auf Teufel komm raus betont oder in starübersäte Vehikel verfallen, deren mechanische Struktur mehr oder minder nur von den bekannten Gesichtern übertüncht wurde.
„Hidalgo“ hat zwar auch einen namhaften Hauptdarsteller, aber Viggo Mortensen ist dann eben doch der Typ knorriger Einsiedler minus typischer Strahlemann, daß man ihm den Starstatus irgendwie nicht übelnehmen kann als Zurückhaltung in Person.
Was wir hier haben, ist nicht weniger und nicht mehr als ein knackebunter Adventurer mit Elementen des Westerns und inszenatorischen Anleihen bei Klassikern wie „Indiana Jones“, allerdings ohne diesen zu kopieren oder dessen Versatzstücke im Ton zu übernehmen. Wenig Spuren von Ironie, hier wird eine ernste Sache erzählt.
Wobei dieser „ernste“ Hintergrund dann doch im Rahmen des Aufhängers bleibt, um die Botschaft vom verlachten und unterschätzten Underdog zu erzählen, der sich und seinem Pferd (und umgekehrt) treu bleibt und seinen Weg geht, weil es sonst keinen anderen zu geben scheint. Mortensens Frank Hopkins, immerhin eine historische Gestalt, selbst mit indianischem Blut, belastet der Untergang dieser Kultur, weswegen die indianischen Mustangs jetzt als eine Art Ersatzhandlung in seinem Fokus stehen, auch wenn er wegen der Indianermassaker zu Beginn eher ein Alkoholwrack in Diensten von Buffalo Bills Wildwestshow ist.
Von den Gesandten eines Scheichs überzeugt, will er an einem 3000-Meilen-Rennen durch die arabische Wüste mit seinem Hengst Hidalgo teilnehmen und gerät natürlich in einen blutig geführten Wettkampf, die Unbillen der Natur, Hitze, Durst und eine Fehde der Scheichs, die nichts unversucht lassen, um mit miesen Tricks ihren Fuß ins Zelt zu bekommen.
Das ist natürlich im Wesentlichen klassische Schwarz-Weiß-Malerei bei den Charakteren, aber das hat uns in der Kindheit auch nicht gestört, wenn Zorro mal wieder ritt, um den Westen zu retten. So etwas soll mitreißen, dazu noch eine dezent eingeflochtene Umweltmessage, der nötige „Human Touch“, eine softe Art von Beinah-Liebesgeschichte und reichlich Ritte, Gefechte, Schießereien und böse Schweißtuchträger.
Joe Johnston, der Regisseur, hatte sich zuvor zwar Regisseur von Actionstoffen (Jumanji, Jurassic Park 3) einen Namen, aber wegen akuter Substanzlosigkeit und aufdringlichen Tricks noch lange keine Reputation verschafft – hier trifft er, abgesehen mal vom CGI-Sandsturm den Ton überraschend gut. Flott, aber nicht hektisch, führt er die Charaktere ein, breitet das Setting und die Motivationen vor uns aus und macht dann im Rennen gebührend Tempo, sorgt aber mit unterbrechenden Einschüben (Problemlösungen, Befreiungsaktionen) dafür, daß es nicht zu stromlinienförmig wird.
Und schafft es, was heutzutage keine Selbstverständlichkeit mehr ist, daß man zum großen Finale förmlich auf seinem Sitz steht und den Helden anfeuert, ungeachtet der Tatsache, daß er auf jeden Fall gewinnt.
Ohne falsches, an heute angelehntes Brimborium und unnötigen Witz erzählt der Film seine dramatisierte historische Geschichte munter runter und bieten den Augen mit diesem epischen Glutbilderbogen ein wahres Fest, zu dem Mortensen, der wohl selten so sehr an den wortkargen jungen Eastwood erinnert hat, mit seinem Aragorn-Charisma das Meiste beisteuert.
Gleichermaßen für Männer wie für Frauen attraktiv, litt die Produktion darunter, daß die Kritik den Film schlicht und ergreifend zu verkopft anging und sich auf eine überflüssige Sinnsuche begab, wo man doch hier nur im Ernst den Spaß an einer unterhaltsamen und teilweise nachdenklichen Geschichte haben sollte.
Für mich eine kleine Offenbarung an solider, flotter Unterhaltung ohne Bombast aus dem Land und den Zeiten, als Männer noch Männer waren und die Fieslinge noch ihr Fett weg bekamen. (8/10)