Zerstörte Kinderseelen
Nachdem Koen Mortier vor allem mit seinem „Ex Drummer“ rebellisch und mit mächtig Punkattitüde für Furore sorgen, seitdem nie mehr ganz an diese dreckigste aller Glanztaten anschließen konnte, ist er nun mit „Skunk“ wieder ganz in seinem Metier. Wir folgen dem in sich gekehrten und verständlicherweise ziemlich verkorksten jungen Liam aus einem höllischen Elternhaus voller Gewalt, Drogen und Sex in eine Art Jugendwohnheim, wo seine Zukunft und Menschlichkeit unter der Verzweiflung der Sozialarbeiter schnell auf der Kippe stehen…
Ex Gitarrist
„Skunk“ ist ein Brett, wie nicht anders zu erwarten. Grausam, real, authentisch. Eine massive Milieustudie, die dahin geht, wo es weh tut. Ungeschliffen, ohne Pardon, ungewaschen. Der junge Thibaud Dooms gibt fast ungesund viel. Es knirscht und knarzt an allen richtigen Ecken und Enden. Ein Schocker, schockierender als es Splatter und Gore je sein könnten. Häusliche Gewalt, gescholtene Gefühle, sehr schwere Rehabilitation. Jugendarbeiter können auch hierzulande sicher ein tragisch-trauriges Lied davon singen. Das nimmt einen schon mit, jetzt als Vater mehr denn je. Kalt lässt das sicher keinen. Mortier hat das Timing, hat die Eier, hat die Erfahrung, hat den Blick für Details, egal wie grausam diese sein mögen. Alle Darsteller opfern sich auf, scheuen sich ebenfalls nicht vor seelischen wie körperlichen Schmerzen. Ungemütlich, ungeheuerlich, unnachgiebig. Das ist das Gegenteil von deutschem Wohlfühlkino. Ein brutaler Abwärtsstrudel. Jedoch nicht gänzlich ohne Hoffnung und Befreiung. Look und (16mm-)Kamera sind herausragend grieselig. Tonal gibt’s auch Gänsehautmomenten, u.a. viel Amenra. Keine Minute zu lang. Kein Schrei zu laut. Keine Träne umsonst. Nur zwischendurch minimal comichaft überzeichnet oder exploitativ für mich. Dennoch weit von poverty porn entfernt. Selten hat mich auf dem Fantasy Filmfest etwas dermaßen angefasst. Ein Sprengsatz, ein Pulverfass, ein Stinktier, bei dem selbst in die Arme schließen nichts mehr bringen könnte. „Skunk“ guckt man selbstredend nicht jede Woche - aber mindestens einmal sollte man in dieses Loch schon springen…
Zwischen Reha und Rache
Fazit: rauer kommen Sozialstudien kaum… Nichts für Zartbesaitete, nichts für Weggucker. Ein wertvoller und schmerzvoller Film. Mortier wird seinem Ruf gerecht!