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Death Rage als scheinbar verzweifelte Anbiederung an den zwei Jahre zuvor gestarteten und aufgrund seiner Thematik und der Durchsetzung von Interessen weltweit erfolg- und einflussreichen Death Wish, der bei einem Budget von 3 Mio. USD ein Einspiel von 22 Mio. USD verbuchen und bereits am Eröffnungswochenende den damaligen Rekord für einen Crime von Magnum Force überbieten konnte. Allen drei Filmen nicht zufälligerweise gemeinsam, sondern der Ära entsprechend wird ein besserer Vigilante in den Mittelpunkt des Geschehens gestellt, hat man seitens der Filmemacher die wachsende Beunruhigung der Bevölkerung vor den Auswüchsen der sich stetig steigernden oder gefühlt potenzierenden Kriminalität als Anlass für eine radikale Antwort genommen, die das Recht und das Gesetz in die eigenen Hände der jeweils Beteiligten und so dem Zuschauer eine Art Katharsis vorlegt:

Bei einer Stippvisite in Neapel wird der eigentlich in Amerika 'hausende' Mafiosi Sal Leonardi von den Männern des lokalen Gangsterbosses Gennare Gallo [ Giancarlo Sbragia ] erschossen, mit dem örtlichen Wettbetrüger Angelo [ Massimo Raniei ] als Zeugen. Der ehemalige New Yorker Auftragskiller Peter Marciani [ Yul Brynner ] wird von Leonardis Kompagnons angeworben, den Bluttat zu rächen, wobei sich ihm Angelo als Unterstützung und gleich auch seine Bekannte, die Tänzerin Anny [ Barbara Bouchet ] anbietet. Marciani, der auch persönliche Gründe für den Vollzug der Rache vorweisen kann, nimmt Angelo unter seine Fittiche, währenddessen der lokale Commissario [ Martin Balsam ] vor dem Ausbruch eines Gangsterkrieges warnt.

Eine Befriedigung niederer Wünsche, auch verständlicher Interessen, wenn auch nun bloß noch das Recht des Stärkeren und aufgrund von der Unfähigkeit von Politik und Sozialität die Selbstjustizmentalität als letztes Ereignis einer sich hoch schraubenden Gewaltspirale zählt. Spekulatives, Spektakuläres und Aktionismus sowieso in den Filmen als ein Muss für das Gelingen, wobei sowohl der zweite Dirty Harry als ein Polizeifilm im Grunde einen Gesetzeshüter (als gleichzeitigen Brecher von Regeln) als auch Death Wish mit seinem Normalbürger gänzlich andere Figuren in den Mittelpunkt stellt als Death Rage, der eh mit einem Auftragskiller, also jemanden auf der sowieso falschen Seite der Gesellschaft hausieren geht. Ein grobschlächtiger Action-, Rache- und Söldnerfilm im urbanen Terrain, gedreht von einem Spezialisten für derlei räudiges Gebaren und mit Yul Brynner einen (ehemals?) legendären Hollywood-Darsteller auf Abwegen in einem italienischen Reißer für das Bahnhofskino, warum auch nicht.

Im Grunde eine der Varianten der unzähligen italienischen Mafiaplotten, die in den Siebzigern auch den Blick über den großen Teich warfen und sich selber den Anschein der Internationalität, ein Mischwerk aus europäischen Talent hinter der Kamera und einem globalen Star vor ihm, das Abgreifen zweier Welten, was auch neue Kundschaft interessieren sollte und zusätzliches Geld generieren. Das Geschäft im Film ist dabei so alt und so eingespielt wie das Filmgeschäft selber, die Blicke sitzen, die ersten Aktionen sind gleichzeitig effektiv und reduziert, viel ohne Worte und viel mit Mimik und Gestiken auch, eine Erklärung nicht wirklich nötig und die Bilder knapp und dennoch detailliert.

New York als weit weg und dennoch hier stets präsent, in der Besorgnis der Gangster nämlich, die einen Todesfall heraufbeschwört haben, wo 'nur' eine Entführung geplant war und ein simples stilles Kidnapping zu einer lauten Schießerei schon fast am Ziel angelangt ausbricht. Die Frage des Geldes und seiner gierigen Wirkung und dem Einsatz von viel Risiko für möglicherweise auch viel Gewinn dabei eingangs schon mit einem Pferdewettrennen simuliert und stimuliert, wird um große Beträge gefeilscht und geboten und ebenso große Opfer dafür hingelegt. Dort beim Wettrennen für die meisten Zuschauer und Mitbieter ein kurzer Moment voller Anspannung und dem Schwelgen zwischen Hoffnung, Träumen, Erleichterung oder Enttäuschung, für die Teilnehmer an der Schießerei auch einige Sekunden des Todes, für die Strippenzieher dahinter ein ganzes Leben abseits der Routine und abseits der Alltäglichkeit, ein Bewegen im Labyrinth der Gefahren, was mit stetigen Schwenks und Zooms eingefangen wird und mit kleinen großen Gesten und viel Hektik visualisiert.

Regisseur Margheriti, der außer der Co-Autorenschaft bei Rudeness und dem hierzu teils ähnlichen Gretchko -  The Squeeze kaum mit dem Italienischen Crime in der entsprechenden Ära zu tun hatte und zumeist andere Genres angetestet und ausgeführt, konzentriert sich dabei auch viel auf das Einfangen der architektonischen Begebenheiten – in New York werden nur Postkartenaufnahmen gefertigt, darunter von Twin Towers und der Brooklyn Bridge etc. und in Neapel die Gebäude und das Gewusel der Stadt geradezu zelebriert – und natürlich auf seinen Star und dessen grauer Aura; wobei das ganze Gebaren, die vielen Massenszenen (v.a. im Hippodrom), die volle Begleitschaft im Film, die unzähligen, aber inhaltsleeren Eindrücke (die Nackedeiszenen von Bouchet in deren unnützer Liebesgeschichte) und die agile Kamera zusammen mit dem schnell hinkritzelten und dürren Plot sowie den steifen Dialogen fast zu viel des Guten und etwas anstrengend auch ist.

Kleinere Szenen wie eine Verfolgungsjagd per pedes durch die nächtliche U-Bahn-Station oder die Rückblende eines New Yorker Attentates während Tageslicht halten die Aufmerksamkeit fest und aufrecht, am Ende des zweiten Drittels kommt ein Scharfschützenanschlag auf ein Restaurant und folgend eine ruppige Autohatz zwischen u. a. zwei Alpha Romeo Guilia durch die Straßen der Stadt, eine doppelte Treiberei auch, wobei die erste am Hafen und einer Schießerei mit der Polizei und die zweite buchstäblich auf dem Friedhof endet. In den Actionszenen übrigens vermehrt unblutig, es wird geschossen und gefallen, Treffer selber sieht man im Grunde nicht. Das wahre Positive und auch Erwähnenswerte an dem Gemengelage hier ist neben dem treibenden Main Theme der Komponisten De Angelis das Vorhandensein vom stets soliden Balsam als Polizisten, die schlichte Tatsache des letzten Leinwandauftritts von Brynner sowie die Paarung zwischen einem alten Hasen des Metiers und einem Grünschnabel als Schützling, die wahlweise an Der Tod ritt Dienstags (1967) oder die andere entscheidende Kollaboration von Charles Bronson und Michael Winner, den Kalter Hauch (1972) erinnert.

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