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Es ist eine eher bescheidene Existenz, die Amir (Shahine El-Hamus) führt: der 20-Jährige arbeitet in der Imbißstube seines Vaters Omar (Sabri Saad El-Hamus) mitten in Amsterdam. Das ägyptischstämmige Duo führt das Burrito, wo es mexikanische Spezialitäten gibt, nach dem frühen Tod der Mutter weitgehend alleine, nur der niederländische Koch Danny ist noch mit von der Partie. Für den Sohn heißt das allabendlich, sich mit einer Wärmebox per Fahrrad auf den Weg zu machen, um den Kunden das Essen auszuliefern - sonderlich erfolgreich ist Amir dabei allerdings nicht: der Essenszulieferer vergißt gerne mal etwas und bringt außerdem häufig Strafzettel wegen kleinerer Verkehrsdelikte mit. Zu den Stammgästen zählen vor allem ein Ehepaar vom Kiosk gegenüber sowie zwei oder drei  weitere Geschäftsleute aus der Nachbarschaft, die von Omar, der sie als eine Art erweiterte Familie betrachtet, gratis verköstigt werden. Viel ist dabei natürlich nicht zu verdienen, doch niemand beschwert sich.
Eines Tages alarmiert ein Brief einer großen Hausverwaltung die kleine Gemeinschaft: die umliegenden Geschäfte wurden sämtlichst verkauft und der neue Eigentümer Brownville möchte diese nun sanieren - geboten wird auch eine Abfindung, falls man freiwillig das Feld räumt. Omar denkt gar nicht daran, sein Burrito aufzugeben, er möchte unbedingt bleiben, doch eine saftige Mieterhöhung und der auch von Amir vorgetragene Wunsch, den Imbiß mit frischer Farbe, anderen Gerichten und einem neuen Herd etwas aufzupeppen, setzen ihm, der keinerlei Veränderungen wünscht, erheblich zu - und schließlich, woher das Geld dafür nehmen?
Just zu diesem Zeitpunkt liefert Amir gerade wieder Essen aus - in einem Kongreßzentrum, wo gerade eine Präsentation einer Crypto-Firma läuft. Der junge Mann sieht eine johlende Menge von über 100 Teilnehmern und fühlt sich von dem Redner auf der Bühne sofort angesprochen - bis zu 3% pro Tag für sein Geld zu bekommen, das sind doch genau die Zahlen, die ihm und seinem Vater jetzt helfen würden. Amir ist beseelt, dort irgendwie einzusteigen - am nächsten Tag erscheint er im Büro der Firma Crypcore Capital und kann sich mit einem Trick sogar Gehör bei Firmenchef Roy (Minne Koole) verschaffen, der ihn, verdutzt über so viel Chuzpe, probehalber sogar einstellt. Fortan dreht sich Amirs Leben nur noch um die Crypto-Firma...

Regisseur Shady El-Hamus (Forever rich) hat seine kleine Alltagsgeschichte Crypto-Boy mitten in der Gegenwart von Amsterdam angesiedelt, wo kleine Geschäftsleute tagein tagaus hart arbeiten um ihren Traum von der Selbstständigkeit fortführen zu können. Doch hier wie auch in anderen europäischen Ballungszentren schlägt die Gentrifizierung gnadenlos zu und bedroht kleine, im Lauf der Zeit gewachsene Strukturen - kein Wunder, daß so mancher auf verführerische Ideen hereinfällt, die schnelles Geld verheißen. Hier ist es eines der zahllosen Crypto-Startups, die mit einer cleveren Marketing-Strategie Investoren anziehen wollen, und der unbedarfte Hauptdarsteller ist sofort dabei - ohne auch nur im mindesten zu verstehen, was eigentlich hinter der ganzen Sache steckt.

Daß Amirs Begeisterung für den smarten Roy und seine Entourage im Laufe der Zeit äußerst negative Folgen haben wird, liegt irgendwie auf der Hand - doch Crypto-Boy (ein Wortspiel mit dem eigentlichen, wenig schmeichelhaften Spitznamen des Hauptdarstellers Burrito-Boy) will auch gar nicht mit Spannung, sondern vielmehr mit der Vater-Sohn-Story punkten - denn Amir fühlt sich einerseits nicht ausgelastet, andererseits ist er gekränkt, daß sein Vater aufgrund seiner Unzuverlässigkeit nur wenig von ihm hält - was für ein Triumph, als er nach dem ersten Tag bei Crypcore Capital ein kleines Röllchen Scheine auf den väterlichen Tresen zu legen vermag...

An Crypto-Boy stimmen auch die Kleinigkeiten, die solche Filme auszeichnen - neben dem unsteten, aber nicht unsympathischen Charakter des Hauptdarstellers und seines im Gegensatz dazu sturen, aber nicht strengen Vaters sind auch sämtliche Nebenrollen gut besetzt: Amirs zeitweilige Begleiterin Ima, eine sehr rundliche Dunkelhäutige, die nicht mehr als eine Bekannte sein mag, der schmächtige, aber charismatische Roy, der unablässig seine Mitspieler pusht, der meistens zugekiffte Koch Danny, die Briefträgerin Bertha, die schließlich auch all ihr Erspartes in die Crypto-Firma steckt, das ältere Ehepaar vom Kiosk gegenüber - sie alle verleihen dieser mitten aus dem Leben gegriffenen Alltagsgeschichte durch ihr dezentes und nie übertriebenes Auftreten einen höchst realistischen Touch.

Bei Crypto-Boy "menschelt" es an allen Ecken und Enden - der Streifen, der auch in Brüssel, Berlin oder Wien spielen könnte und auf jegliche  Belehrung verzichtet, porträtiert seine Charaktäre im Alltag wie in der Katastrophe stets mit all ihren Stärken und Schwächen, ohne auch nur einen von ihnen bloßzustellen. Eine kleine, feine Milieustudie aus den Niederlanden - empfehlenswert! 8 Punkte.

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