Um das bestandende Abitur und wie jedes Jahr die Mittsommernacht zu feiern, fährt Christian (Kristian Leth) mit seinen besten Freunden Trine (Laura Christensen), Mark (Jon Lange) und Anja (Julie Ølgaard) zu einer kleinen, gemütlichen Waldhütte irgendwo in einer idyllischen Gegend Schwedens. Doch dieses Jahr ist etwas anders als sonst. Etwas, das sich wie ein bedrückender Schatten über die Gruppe legt. Vor 2 Monaten nahm sich Christian's 18 jährige Schwester Sofie (Lykke Sand Michelsen) auf einer Party mit einer Überdosis Schlaftabletten das Leben. Keiner hat eine Erklärung für die Tat, doch für alle steht fest, dass das Leben weitergehen muss und aus diesem Grund soll insbesondere Christian auf andere Gedanken gebracht werden.
Tatsächlich bietet das Reiseziel dazu genügend Gelegenheit. Mit genügend Alkohol im Gepäck feiern die jungen Leute nachts ausgelassene Partys, während tagsüber am nahegelenen See oder in den umgebenden Wäldern relaxt wird. Doch schon bald stören unheimliche Zwischenfälle die beschauliche Ruhe. Als Christian einen Schlüsselbund seiner verstorbenen Schwester findet, wirft er diesen in den See, doch kurz darauf taucht er wieder auf. Auch das Verhalten der Einheimischen wirft Rätsel auf. Der alte Persson (Per Oscarsson), der vor kurzem seine Tochter verloren hat, sowie die attraktive Linn (Tuva Novotny), die in der örtlichen Tankstelle arbeitet, scheinen Beide ein Geheimnis zu haben, das in direktem Zusammenhang mit den Ereignissen um Christian steht...
Wer nur einen flüchtigen Blick auf das Cover von "Midsummer" erhascht und dazu vielleicht noch die Werbezeile "Jeder hat eine Vergangenheit - nicht jeder eine Zukunft!" überfliegt, der wird schnell einem gravierenden Irrglauben unterliegen. Kein Wunder eigentlich, erinnert die Vermarktung dieser dänischen Produktion doch schnell an so manche US-Teenieslasher à la "Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast", "Düstere Legenden" und wie sie alle betitelt sind. Dass sich hinter dem Werk "Midsummer" dann etwas gänzlich anderes verbirgt, wird letzten Endes nur denen offenbart, die dem Film eine Chance geben, dabei aber leider mit den absolut falschen Erwartungen an ihn herantreten werden.
Sich hiervon nämlich einen typischen Slasher nach Schema F zu erhoffen, wäre falsch, da "Midsummer" in eine ganz andere Richtung geht. Was Regisseur Carsten Myllerup den Konsumenten seiner ersten, international verkauften Regiearbeit bietet, ist ein Thriller mit leicht übernatürlichen Einschlägen, der zwar das "Teenager-fahren-zu-abgelegenem-Ort"-Konzept übernimmt, damit jedoch etwas absolut anderes anstellt, als man es vermuten würde. Hier wird nur selten gestorben und noch weitaus weniger geblutet, vielmehr ist "Midsummer" die meiste Zeit über darum bemüht, seine Story voranzutreiben und den Charakteren eine gewisse Greifbarkeit zu verleihen, was den Streifen zu einem relativ neuen Erlebnis auf diesem Sektor werden lässt.
Die Grundfunktionen dieses Films sind an sich deckungsgleich mit denen richtiger Slasher. Doch auf den Zeitpunkt, der in der Regel das große Ableben ankündigt, wartet man hier stets vergebens. Natürlich liefern sich die jungen Leute auch hier dumme Sprüche, haben Sex und besaufen sich, natürlich huschen auch hier dann und wann mal entblößte Damen durchs Bild. Dennoch vermittelt "Midsummer" ein ganz anderes Feeling als die gängigen US-Slasher. Über dem Geschehen liegt eine gewisse melancholische Schwere, der Zuschauer spürt, dass noch etwas geschehen wird. Die Anzeichen dafür sind vielzählig vorhanden: Das Auto der Gruppe geht immer an einer bestimmten Stelle der Strecke aus, im Wald ist Kinderlachen zu vernehmen und Sofie's Schlüsselbund scheint immer wieder aufzutauchen.
Das Besondere: das Ganze funktioniert. "Midsummer" beweist, dass ein Mysterythriller bestens ohne Blut auskommen kann, so lange die passende Atmosphäre gegeben ist. Und obwohl der Streifen augenscheinlich direkt fürs Fernsehen produziert ist und optisch somit niemanden vom Hocker hauen wird, so wird es dem Zuschauer hier leicht gemacht, über diesen Punkt hinwegzusehen. Ein ums andere Mal wird man hinsichtlich des Rätsels Lösung auf eine falsche Fährte geführt, während die Story letztendlich in einer Auflösung gipfelt, bei dem sicherlich nur die Hartgesottensten um eine Gänsehaut herumkommen werden. Ganz allgemein ist der Streifen jedoch auch für Zuschauer mit etwas schwächeren Nerven gut geeignet. Schockeffekte sind selten, vielmehr legt sich eine akute, unheilvolle Spannung über das Geschehen.
Die Inszenierung an sich ist nett und für einen derartigen Film zufriedenstellend. Immer wieder wird man mit tollen Landschaftsaufnahmen verwöhnt, in Erinnerung bleibt außerdem ein passender, abwechslungsreicher Soundtrack. Die Schauspieler erledigen ihre Sache zudem auch sehr überzeugend. Kristian Leth füllt die Hauptrolle bestens aus, während die Frauen im Cast beweisen, dass gutes Aussehen nicht automatisch schauspielerisches Unvermögen bedeutet.
"Midsummer" ist alles in allem eine nette Alternative zu den US-Teenieslashern, die es mittlerweile in einer solchen Masse gibt, dass sich das Prinzip längst abgenutzt hat. Diese dänische Produktion setzt statt dem üblichen Blut auf eine mysteriöse Story, eine dezente Spannung und glaubwürdige Schauspieler und wird so vor allem Freunde spannender, aber nie zu aufregender Thriller sehr gefallen. Dass die Amerikaner den Film wieder einmal gänzlich missverstanden haben, zeigt sich darin, dass sie 2007 ein Remake unter dem Titel "Solstice" ablieferten, welches hierzulande ab 18 Jahren freigegeben wurde. Dazu an dieser Stelle kein weiterer Kommentar. Zu "Midsummer" sei abschließend jedoch gesagt, dass er eine symphatische, kleine Alternative zum sonstigen Einheitsbrei bietet. Wer für "Horror-light" jedoch bereits zu abgestumpft ist, wird hiermit nicht sonderlich viel anfangen können.