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Dennis Hopper ist zweifellos einer der erfahrensten Schauspieler Hollywoods, welcher sich seinen Eintrag in die cineastische Geschichte im Laufe der Jahre aufgrund seiner prägenden Beteiligung an einigen unbestreitbaren Klassikern verdient erworben hat. Geboren 1936, umfasst sein darstellerisches Schaffen bis heute mehr als 115 Filme in einer Spanne von über fünf Dekaden. Hinter der Kamera betätigte er sich zudem vereinzelt als Regisseur, Editor und Drehbuchautor, außerhalb des Business haben ihm seine Fotographien und Malereien internationale Anerkennung beschert. Nach anfänglichen Erfolgen an der Seite seines Freundes James Dean in „Rebel without a Cause“ (´55) und „Giant“ (´56), spielte er in der Folgezeit mehrheitlich in unbedeutenden kleinen Produktionen, bevor 1969 mit seinem Regiedebüt „Easy Rider“ Filmgeschichte geschrieben wurde. Es folgten etliche finanzielle Flops sowie ausschweifende Drogenexzesse (letztere untrennbar mit seinem „Apocalypse Now“-Auftritt verbunden), bevor ihm nach einer Reihe guter Rollen (u.a. in „Rumble Fish“) 1986 mit „River´s Edge“ und (vor allem) „Blue Velvet“ ein gefeiertes Comeback gelang. Seither verkörperte er eine Vielzahl unterschiedlicher Charaktere, wie etwa in „True Romance“ oder „Ed TV“, vornehmlich allerdings den „Villain vom Dienst“ (“Speed“,“Waterworld“ etc). In den letzten Jahren hat sich Hopper, der nie wirklich zum Hollywood-System gehörte (bzw gehören wollte), hauptsächlich (wohlverdient) aufs B-Film-Terrain zurückgezogen, wo man ihn seither regelmäßig in Werken wie „Ticker“ oder „House of 9“ anzutreffen vermag – „the Keeper“ (´04) fügt sich dabei nahtlos in dieses Schema ein…

Mehr schlecht als recht schlägt sich Gina (Asia Argento) als „exotische Tänzerin“ durchs Leben – zusammen mit ihrem nichtsnutzigen Freund reist sie von einem kleinen Club zum nächsten, wohnt in schäbigen Motels und muss am Ende des Tages zudem noch befürchten, dass ihr Begleiter das verdiente Geld wohlmöglich für Alkohol oder anderweitige Sinnlosigkeiten verprasst. Eines Abends stürmt ein vermummter Mann urplötzlich in ihr Zimmer und fällt über sie her – nur ein herbeigeeilter Dritter, der durch ihre Schreie auf die Situation aufmerksam geworden ist, kann schlimmeres verhindern. Für ihren Freund kommt jedoch alle Hilfe zu spät – er verstirbt an multiplen ihm zugefügten Stichwunden. Die beiden zuständigen Polizeibeamten, der junge Sgt.Burns (Lochlyn Munro) sowie sein Vorgesetzter Lt.Krebs (Hopper), nehmen sich dem Fall an, und als man Gina später aus dem Krankenhaus entlässt, schlägt ihr letzterer freundlicherweise vor, sie zum Busbahnhof zu fahren. Auf dem Weg dorthin betäubt er sie allerdings und nimmt Kurs auf sein abgelegenes Haus in den Wäldern, in dessen Keller sie schließlich wieder zu sich kommt, eingesperrt in einer mehr als solide errichteten Gefängniszelle.

Krebs hat es sich zur Aufgabe gemacht, Gina auf den „richtigen Pfad“ zurückzuführen, von welchem sie in seinen Augen angesichts ihres Lebensstils irgendwann abgekommen sei. Ein spezielles Punktesystem, das ihm schon sein eigener Vater auferlegt hatte, soll zum Erfolg führen: Tiefgehende Selbsterkenntnisse sowie gebührliche Verhaltensweisen werden vermerkt und bei Erreichen bestimmter Schwellenwerte in Form von Belohnungen gewürdigt, wobei eher der Weg das Ziel darstellt. Krebs selbst lebt dieses System noch immer – eine ehrenamtliche Tätigkeit als Puppenspieler in einem „Anti-Drogen“-Kasperletheater für Schulkinder verbessert dabei regelmäßig seinen persönlichen Punktestand.

Mit der Zeit (sowie nach einem gescheiterten Fluchtversuch) muss Gina erkennen, dass ihre einzige Chance wohl darin besteht, mitzuspielen und die Augen nach einer speziellen Gelegenheit offen zu halten – Monate später herrscht so eine Art (trügerischer) Alltag zwischen ihnen vor. Die (über-) ehrgeizige TV-Produzentin Ruthie (Helen Shaver) hat es sich derweil fest in den Kopf gesetzt, Krebs mit seiner pädagogischen Show ins landesweite Fernsehen zu bringen, was ihr letztendlich gar (sehr erfolgreich) gelingt. Zwar ist ihm die ganze gewonnene Aufmerksamkeit wenig gelegen, doch die gute Botschaft der Sache überlagert dieses Übel. Problematischer eher, dass Sgt.Burns inzwischen umso hartnäckiger nach Gina sucht, da man einen Verdächtigen in ihrem Fall verhaftet hat und sie für eine Gegenüberstellung benötigt. Nach einem knappen Jahr schließlich, hat die Beziehung zwischen dem Sheriff und seiner „Gefangenen“ einen (auf den ersten Blick) offenen Vertrauenszustand erreicht, wobei das von ihrer Seite eher eine kontrollierte Taktik darstellt. Als ihr Krebs erstmals weitere Details aus seiner Kindheit offenbart, wagt sie einen erneuten Fluchtversuch, welcher zwar wiederum scheitert, doch Ruthie, die das Haus gerade zwecks Hintergrund-Dreharbeiten für die Serie von einem Helikopter aus hat filmen lassen, entdeckt die zwei beim Schneiden des Materials, worauf sie sich wütend vor Eifersucht zu Krebs aufmacht, vorort die Zelle entdeckt und ihn zur Rede stellt – nur ist sie nicht bereit, seine Nähe mitsamt des lukrativen Geschäfts so einfach aufzugeben…

„the Keeper“ verströmt aus jeder Pore das Gefühl eines „Made for TV“-Movies: Regie, Darsteller, Locations, Kameraarbeit, Skript – einfach das gesamte Paket. Prinzipiell lässt sich diese Tatsache ja nicht zwangsläufig als Negativfaktor auslegen, doch hier kann der Inhalt keineswegs für die karge Verpackung entschädigen, wodurch das Interesse des Zuschauers mit zunehmender Lauflänge immer weiter zu schwinden beginnt, bis ein halbwegs interessanter Handlungstwist kurzzeitig Hoffnung suggeriert (welcher allerdings viel zu spät im Verlauf zum Tragen kommt), nur um wenige Minuten später (sprichwörtlich) beerdigt zu werden sowie das arg konventionelle Finale einzuläuten. Mir selbst ist nicht ganz klar, ob der Film tendenziell eher als Thriller oder Psychodrama gedacht war, was aber ohnehin keinen Unterschied macht, denn für ersteres ist er schlichtweg nicht spannend genug, für letzteres fehlt die nötige Intensität und Tiefe. Die Prämisse eines klassischen Kammerspiels war jedoch gegeben: Zwei Personen, eine begrenzte Örtlichkeit, verschiedene Denkweisen, manipulierende „Mindgames“, Vergangenheitsbewältigung, eine Täter-/Opfer-Konstellation sowie die sich stetig aufbauende Gewissheit, dass der „Machtinhaber“ unter einer gestörten Persönlichkeit leidet. All das wird kaum genutzt, denn sich nebenbei entfaltende Subplots lenken konstant von dem Psychoduell ab und erhalten zudem viel zuviel Aufmerksamkeit, was den Fokus zu grob gestaltet, um den Betrachter wirklich an der Lage teilhaben oder gar mitfiebern zu lassen. Man erhält keinen Zugang zu der Situation oder den Charakteren, was auch an der fehlenden Bedrohlichkeit von Krebs liegt, denn er möchte Gina schließlich unter allen Umständen retten, sie vor Schaden bewahren – ein Gefühl akuter Gefahr keimt nur äußerst selten auf. Außerdem fühlt man sich angesichts der Präsentationsform stark verwundert, als es auf einmal heißt, es wären schon drei Monate vergangen (von dem nächsten Sprung aufs Jahr ganz zu schweigen).

Langsam fange ich an, mir ernsthafte Sorgen zu machen, denn die Schuld am letztendlichen Misslingen liegt, wie zuhauf in letzter Zeit, erneut maßgeblich beim schwachen Drehbuch. Ein Film, der sein Hauptaugenmerk auf die Figuren richtet, kann es sich nicht leisten, wenn gerade diese oberflächlich ausfallen. Gina wird kaum eingeführt bzw mit Hintergrund (über ihre Strafakte hinaus) versehen – sie ist eine Stripperin und allein schon deshalb von Anfang an moralisch auf einer niedrigeren Stufe angesiedelt, bevor sie von Krebs in die Zelle gesperrt wird, um genau auf jener Ebene eine innere Änderung hervorzurufen, welche sich dem Zuschauer aber nie wirklich offenbart, denn ihre zunehmende Kooperation wird immer wieder als Manipulationsform auf der Suche nach einem Ausweg dargestellt. Für eine konkrete, langfristige Wandlung erhält man keine klaren Anhaltspunkte. Merkwürdiger noch: Sgt.Burns glaubt bereits nach einem kurzen Gespräch zu erkennen, dass der Überfall sie „grundlegend verändert“ habe – nur auf Basis dessen verbeißt er sich monatelang in den Fall, was mir persönlich überzogen daherkam. Krebs leidet eindeutig an einem Kindheitstrauma, welches im Verlauf mehr oder weniger nachvollziehbar aufgearbeitet wird. Zwar habe ich das System seiner Punktevergabe nicht vollständig durchschauen können, doch das ist ungefähr genauso relevant wie die Frage danach, warum er gar im Haus überwiegend eine dunkel getönte Brille trägt. Sein „alter Ego“ („Deputy Rock“), welches sich beim Puppentheater vor den Schülern manifestiert, ist eine direkte Folge der erlebten Tragödie. Vor Gina öffnet er sich, was die Situation auf eine gewisse Weise umkehrt, denn so hilft sie ihm bei der Bewältigung der eigenen „inneren Dämonen“. Ferner wäre da noch Ruthie, welche die Show unbedingt profitabel vermarkten will: Die meiste Zeit über wird sie als aufdringliche/ambitionierte Produzentin portraitiert, nur um sich im letzten Drittel plötzlich als Stalkerin mit einer konkreten Obsession zu offenbaren, die unbedingt ihre Investition schützen und Krebs für sich allein haben will – Frau im Keller hin oder her.

Zwei Psychos, eine Nackttänzerin sowie einen entschlossenen jungen Cop – wenn schon kein anspruchsvoll ausgearbeitetes Drama, dann wenigstens ein dreckiger kleiner B-Film? Leider selbst das nicht, denn Regisseur Paul Lynch („No Contest 2“) hat alles rein belanglos/konventionell in Szene gesetzt: Der Score kommt unscheinbar daher, die Kameraarbeit steif, Schauplätze und Abläufe wirken dröge bzw erzeugen keine nennenswerte Spannung oder Atmosphäre. In den ersten 5 Minuten tanzt Gina (erschreckend unerotisch) auf einer Bühne im Club, duscht und wird beinahe vergewaltigt – die Intention der Macher ist klar, nackte Tatsachen werden dabei allerdings keine gezeigt. Später steigt sie ein weiteres Mal unter die Dusche, und man erhält einen flüchtigen Blick auf ihren Rücken und Po, wobei vor allem auffällt, dass es sich um ein Body Double handelt, da keinerlei Tätowierungen zu erkennen sind. Asia Argento („xXx“) ist zwar eine talentierte Regisseurin („Scarlet Diva“), aber nur eine mäßige Schauspielerin, was sie hier erneut unter Beweis stellt. Im Mittelteil, als sie zum Schein das gewünschte Verhalten offenbart, gefiel sie mir jedoch recht gut. Lochlyn Munro kann ich seit „Dead Man on Campus“ in seriösen Rollen einfach nicht mehr ernst nehmen, Helen Shaver („Ritual“) spielt ihre ambivalente Figur überzeugend, was genauso für Hopper gilt, der gemeinsam mit Shaver übrigens zudem in „the Osterman Weekend“, mit Asia in „Land of the Dead“ auftrat. Klar merkt man von seiner ersten Szene an, dass er nicht bloß der nette Sheriff ist, doch derartige Charaktere hat er schon zuhauf gespielt, was die Qualität seiner gebotenen Leistung nicht schmälert. Er trifft genau die richtige Note einer inneren Aggression, welche manchmal hervortritt, wenn Erinnerungen an früher ihn einholen oder von aktuellen Geschehnissen geweckt werden.

Die im Skript verankerten Plotlöcher, Klischees und Grundverfehlungen runden den schwachen Gesamteindruck endgültig ab: Wenn Krebs eine Ratte erschießt und anhand dessen Gina die Konsequenzen ihrer Entscheidungen erläutert, kann man sich ein unfreiwilliges Schmunzeln nicht verkneifen, was ebenso für die beiden Fluchtversuche gilt, bei denen sie entweder aus heiterem Himmel stolpert oder ihrem Verfolger im Wald punktgenau in die Arme läuft. Wenn man durch ein kleines Fenster von der Einfahrt aus direkt in den Keller blicken kann, warum wird dieses nicht zumindest mit etwas verhängt? Warum wirken beide Nebenhandlungen (die Untersuchungen von Burns, die TV-Karriere von „Deputy Rock“) beinahe wie Fremdkörper im Geschehen? Musste man wirklich auf derart „klassische“ Zufälle (zB: Krebs will Gina im Wagen wegschaffen, just in dem Moment taucht Burns in der Einfahrt auf) zurückgreifen, um die Handlung voran zu treiben? Eine (mit Ausnahme der erwähnten Wendung) ununterbrochene Vorhersehbarkeit zieht sich durch den gesamten Film, welcher zusammenfassend wahrlich wie eine uninteressante TV-Produktion wirkt.

Fazit: „the Keeper“ ist ein langweiliger, unspektakulärer Krimi, welchen selbst ein überzeugend agierender Dennis Hopper nicht vor der Belanglosigkeit retten kann …
3 von 10.

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