Ein gar nicht mal so unkonventionelles Endzeitszenario liefert Regisseur Sam Esmail mit seiner fünften Regiearbeit. Die Geschichte gerät auch deshalb über weite Phasen so bedrückend, weil sie aufzeigt, wie einem der Alltag schrittweise entgleiten kann und wie sehr wir von bestimmten Begebenheiten abhängig sind.
Amanda (Julia Roberts), Clay (Ethan Hawke) und die beiden Kinder (Farrah Mackenzie und Charlie Evans) mieten sich spontan ein luxuriöses Ferienhaus in Strandnähe. Als Strom und Internet ausfallen, erhalten sie Besuch von den eigentlichen Besitzern des Hauses G.H. (Mahershala Ali) und seiner Tochter Ruth (Myha'la Herrold), die ursprünglich nur über Nacht bleiben wollten. Doch dann scheinen einige Tiere verrückt zu spielen…
Die kammerspielartige Dystopie wartet mit nur wenigen Schauplätzen und einer ebenso überschaubaren Figurenkonstellation auf, aus der niemand als eindeutiger Sympathieträger hervorgeht. Dies passt allerdings zum allgegenwärtigen Misstrauen vor allem den Fremden gegenüber, während eine Notfallbotschaft in TV und Radio zu Spekulationen anregt, zumal außerhalb des Ferienhauses nicht viel mitzukriegen ist. Aber ein beklemmendes Vorzeichen gibt es bereits am ersten Tag am Strand, als ein wuchtiger Öltanker sprichwörtlich strandet und kurz darauf einige Rehe im Garten aufkreuzen.
In diesem Zusammenhang gibt es wohl dosierte Actionmomente, die zwar insgesamt sehr rar gesät sind, welche jedoch aufgrund ihrer versierten Inszenierung einen ordentlichen Erinnerungswert aufweisen. Fahrerlosen Fahrzeugen ist eben nicht zu trauen und plötzlicher Zahnausfall dürfte kaum auf den Biss einer Zecke hindeuten. Natürlich werden im Verlauf einige Verschwörungstheorien bemüht, doch eine definitive Aufklärung gibt es letztlich nicht, wohl aber einige recht klare Hinweise zu den Ursachen der Misere.
Aufgeteilt in fünf Kapitel führen die Titel nicht selten in die Irre oder spielen mit einer Doppeldeutigkeit, vor allem beim finalen Akt. Hierzu passt auch der Filmtitel als solcher, der in mehrere Richtungen zu deuten ist. Obgleich das offene Ende einige Fragen unbeantwortet lässt, finden sich genügend Interpretationsmöglichkeiten, selbst hinsichtlich des Verhaltens bestimmter Tierarten.
Das stark aufspielende Ensemble trägt in nicht unerheblichem Maße dazu bei, dass einige arg dialoglastige Passagen nicht zu viele Längen mit sich bringen, während der sauber abgestimmte Score die Stimmung zwischen angespannt, surreal und bedrohlich adäquat untermauert. Auch einige virtuose Kamerafahrten sind auf der Habenseite zu verbuchen.
Mit einer Laufzeit von 141 Minuten ist der Streifen zwar recht ausladend und hätte an einigen Stellen ein wenig gestrafft werden können, doch Dank seiner einnehmenden Atmosphäre und den recht präsent performenden Mimen bleibt die Sache interessant und gestaltet sich phasenweise spannend. Ein paar Schauwerte mehr hätten der Abwechslung jedoch nicht im Wege gestanden.
6,5 von 10