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„Was würde Sie glücklich machen?“

Auch Fall Nummer 12 des Wiesbadener LKA-Kriminalhauptkommissars Felix Murot (Ulrich Tukur) bedeutet ein Regiedebüt für einen der öffentlich-rechtlichen Krimireihe bisher fremden Regisseur: Florian Gallenberger („Es ist nur eine Phase, Hase“) inszenierte den am 27. August 2023 auf dem Ludwigshafener Festival des deutschen Films erstaufgeführten Mix aus Kriminalfilm und philosophischem Science-Fiction-Drama und verfasste auch das Drehbuch. Die TV-Erstausstrahlung folgte am 22. Oktober 2023. Mit seinem Vorgänger gemeint hat „Murot und das Paradies“ neben der Festivalpremiere auch die Nominierung für den Ludwigshafener Publikumspreis Rheingold.

„Wer nicht liefert, kriegt auch keinen Termin.“

Hauptkommissar Murot befindet sich gerade in therapeutischer Behandlung wegen einer Depression, als nacheinander zwei Investment-Banker tot aufgefunden werden. Beiden ist gemein, dass ihnen der Bauchnabel entfernt und durch eine Schnittstelle ersetzt wurde, über die eine künstliche Ernährung möglich wäre. Die Spur führt zu zwei Frauen aus der Partyszene, Eva Lisinska (Brigitte Hobmeier, „Identity Kills“) und Ruby Kortus (Iona Bugarin, „Ruxx“), die gezielt Bänker für ihr Programm werben, das ihnen mittels einer besonderen Technologie ultimative Glückserlebnisse verspricht: Während sie in Badewannen liegen und durch eine künstliche Nabelschnur am Leben erhalten werden, beschert ihnen eine Art EEG den direkten Zugang zum Unterbewusstsein und lässt sie ihre größten und intimsten Wünsche durchleben. Das macht, Heroin und Konsorten nicht unähnlich, schnell süchtig. Als Gegenleistung müssen sie Schrottaktien pushen, auf die die Frauen setzen. Die Einnahmen spenden sie guten Zwecken und entledigen sich nach getaner Arbeit der Bänker…

„Wie soll man bitte glücklich sein in einer Welt, die sich vor allem durch ihre Beschissenheit auszeichnet?“

Das Glück bzw. die Suche danach zieht sich als roter Faden durch diesen Fall und wirft philosophische Fragen auf, die existenzialistisch verhandelt werden – wenn nicht gerade „Herr Rossi sucht das Glück“ zitiert wird. Die eigentliche Handlung wird immer wieder von Murots Sitzungen bei seinem Psychoanalytiker unterbrochen, bei dem er seinen Weltschmerz ablädt. Dennoch kommt der Humor nicht zu kurz, denn zumindest Teile des Falls erlauben sich Anleihen bei der Groteske. Eva Mattes‘ („Lena Lorenz“) Auftritt als Pathologin gerät gar zu einer Parodie auf TV-Pathologen. Die Figur Ruby Kortus hingegen wurde etwas übertrieben auf sexy und verführerisch getrimmt, ihr Gogo-Tanz in einer Diskothek gar zu etwas Besonderem stilisiert, wo nun gar nicht so furchtbar viel Besonderes zu sehen ist.

„Das Paradies ist kein Ort, es ist ein Zustand.“


In Kombination mit ein paar Vulvawitzchen wirken diese Momente ein wenig ältlich und weltfremd. Glücklicherweise sind sie lediglich den eigentlichen Höhepunkten dieses „Tatorts“ vorgeschaltet, denn erwartungsgemäß gerät auch Murot in die Fänge der beiden Glücksfeen. Damit einher gehen Audiovisualisierungen seiner seinem Unterbewusstsein entnommenen Träume, die ihn in einer „2001: Odyssee im Weltraum“-Reminiszenz in All schicken (inklusive Strauß’schem Walzer) sowie mit Gott telefonieren und Hitler erschießen lassen. In der realen Welt sorgen diverse Überwachungskameraperspektiven für visuelle Abwechslung und geht die Glückssuche mit einiger Kapitalismuskritik einher. Murot wird zum Komplizen und muss gegen seinen Willen gerettet werden. Oder was genau ist eigentlich sein Wille?

Darüber lässt sich auch über den netten fernöstlichen Epilog hinaus sinnieren, oder aber man lässt „Murot und das Paradies“ einfach als – doch ziemlich unterhaltsames – Statement zum Zustand der Welt bzw. westlicher Zivilisationen stehen. Auch das ist schließlich eine Form von Glück.

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