Für den Streamingdienst iQIYI hergestellter Polizei-/Triadenfilm, mit eigentlich in HK und darüber hinaus bekannten Namen, der aufgrund seiner Herkunft und des Zeitraumes der Veröffentlichung - im asiatischen Raum, speziell auch der Volksrepublik China waren auch im Jahre 2021 die Lichtspielstätten mehrfach geschlossen oder deutliche Be- und Einschränkungen auferlegt -, so keinerlei Außenwirkung hatte. Eine spätere Veröffentlichung als Taiwan DVD wurde ebenso weitgehend ignoriert, dabei haben im Vorfeld des Filmes und auch im Nachhinein das entsprechende Genre und seine Behandlung durchaus die Zuschauer interessiert und auch einige Kassenerfolge generiert. Verwundern tut hier auch die Wahl des Regisseurs, wobei dieser allerdings auch und dies ebenso verwunderlicher Weise das Drehbuch verfasst hat; beides ist von Sam Wong Ming-Sing, der zuvor als langjähriges Mitglied des Jackie Chan Stunt Team agiert hat und hinter der Kamera bislang vermehrt auch rein die Überwachung des Action-Designs der jeweiligen Filme übernommen hat, also vermehrt in Sachen Choreografie hantiert:
In der 'San Luen Sing' herrscht heller Aufruhr, als der bisherige Anführer Lam Yi-cheong [ Simon Yam ] den Ruhestand beschlossen hat, und den vergleichsweise gemäßigten Syun Pau [ Jerry Lamb ] als Nachfolge aus erkort, sehr zum Unwillen des nassforschen, auch sich im Drogengeschäft bewegen wollenden Tim [ Patrick Tam ]. Etwas außen vor stehen die weiteren Kandidaten Lok Chi-ming [ Richie Jen ], der für Lam mehrere Jahre im Gefängnis abgesessen hat, und Fai Wang [ Danny Chan ], welcher mehr den Ruhepol gibt. Tim vergewissert sich aber der Unterstützung des korrupten Richard Harrison [ Gregory Charles Rivers ], Chief Superintendent of Special Branch, was dessen Kollegen, die die Triaden in Überwachung habenden und auch verfolgenden Superintendent Law Chun-leung [ Eddie Cheung ] und Chief Inspector Ching Kwok-bing [ Alex Fong ] vom Marcotics Bureau recht in die Bredouille bringt.
Die Erweckung des Gangsterthemas und seines Umfeldes in eingangs unruhigen, bis bedrohlich scheinenden Bildern, ein Motiv auch, dass seitens der Obrigkeit immer vermehrt im Blickfeld der Aufmerksamkeit steht, wenn man sich die lange Verzögerung und die späte Freigabe nach Eingriffen bei Where the Wind Blows bspw. ansieht. Hier wird nach der Titelsequenz auch gleich dort begonnen, wo die entsprechenden Mitglieder der Unterwelt hingehören, in das Gefängnis nämlich. Ein Gespräch hinter der Glasscheibe, verbunden nur durch das Telefon, es wird deutlich mehr verschwiegen als gesagt, die Blicke reichen schon.
Richtig begonnen wird mit einer Rückblende, einem Ärgernis im Straßenrestaurant, irgendwo in der Seitengasse, entflieht man nach einer kurzen Rauferei mit anderen Kleinkriminellen doch nur in ein eng mit Maschendraht abgesperrtes Gebiet; Zäune und Gitter und 'gesiebte'Luft sind hier schon vorhanden, wird aber noch von Kameradschaft und Freundschaft geträumt, von der Loyalität fabuliert und von einem Zusammenhalt schwabuliert. Es gibt kleinere und größere Auseinandersetzungen, es gibt eine Straßenschlacht in To Kwa Wan und dort ein Weckruf, eine Erleuchtung gleich. Edge Walker als der Alternativtitel, ein Verweis deutlich auf Line Walker, der den Undercoverplot im Fernsehen der Zehnerjahre salonfähig gemacht hat; der englische Originaltitel wiederum als Zusammensetzung aus Man on the Brink und On the Edge, die beide im filmischen Bereich mit als die qualitativen Vorreiter der Art Prämisse gelten, narrativ ist das Geschehen hier in Angliederung daran nach allen Seiten hin sicher aufgestellt. Hinzukommt noch schnell der Kampf um die Vorherrschaft in den Triaden, der jetzige Führer will abtreten, es gibt mindestens drei potenzielle Kandidaten für die Nachfolge, die alle Vorteile haben und Nachteile ebenso am Mitbringen sind. Anregungen, Aufregungen, Ausschaltungen sind die Folge, intime Gespräche und Massenszenen.
1994 soll das spielen, drei Jahre vor der Übergabe an China, 1994 waren viele der hier anwesenden Akteure schon vermehrt aktiv, gerade Yam und Fong haben zu der Zeit schon ein Dutzend Arbeiten aus dem Genre hinter sich gehabt, waren und sind Stammschauspieler. Eine Rückkehr zu früheren Zeiten ist hier nicht mehr möglich, es wird sich aber darum bemüht, fleißig durch die Gegend gewandert, Eindrücke gesammelt, die Organisation erzählerisch erklärt, die jeweiligen Gegenspieler und Mitspieler vorgestellt. Es wird geprügelt und verhandelt, es wird diskutiert und debattiert, die anwesenden Darsteller wie auch Sammo Hung, Ron Ng, Kenneth Tsang, Alice Chan und Karena Lam helfen deutlich, die Geschichte mit all ihren bekannten Zutaten voranzubringen und bei 'Laune zu halten', der Dialogvortrag ist sauber, die Produktion ist auch solide finanziert. Es wird sich viel bewegt; manchmal will die Kamera zu viel und ist zu energetisch, manchmal hapert es am flotten und so unübersichtlichen Schnitt.
Der lokale Kriminalfilm ist derzeit etwas außer Mode geraten; die, die das Genre vor allem auch in den Zehnerjahren bedient haben, allen voran Dante Lam und Herman Yau, sind zum Festland abgewandert und haben sich für größere Aufgaben verpflichtet. Zu unsicher die Bedingungen vor Ort, zu aufwändig die Dreh in der engen Metropole, zu wenig Kosten-Nutzen-Faktor, der einheimische Film ist derzeit mit Dramen aktiv und dort auch lukrativ. Hier geht es zusätzlich zum Triadenumfeld auch noch um Drogenhandel, um schmierige Geschäfte mit den Thailändern. Ein schiefgegangener Deal auf einem Boot artet zu einer Schießerei und Verfolgungsjagd zu Wasser und Straßen aus, der ganze Akt in mehrerlei Hinsicht chaotisch, verwackelt in den Bildern, viel Schäden bei Umstehenden und Karosserie, ein Zuviel des Guten, eher zum Nachteil für das Stuntteam, die sich recht umsonst bemühen. Eine Mordattacke auf nächtlicher Straße nur wenig später und Flucht und Entkommen durch die nassen vollgestopften Gassen hat schon etwas mehr an Wirkung, der 'Kleinkram' ist manierlich. Sowieso funktioniert das Quintett im engeren Kreise noch am ehesten, der Verbund außerhalb der Gesellschaft, die "Sworn Brothers", die fünf verschiedenen Charaktere, wobei man anfangs nicht weiß, wer richtig und wer falsch, wer Undercover, wer Maulwurf, wer Verräter ist. "The more you know, the deeper you'll fall." Es wird sich angegliedert und eingegliedert, es gibt keine feste Hierarchie, es gibt Eigenmächtigkeiten und Widersprüche, die Gruppendynamik ist da, sie ist zündelnd, sie ist voller Energie.
Dass die Polizei noch mitmischt, im Guten wie im Schlechten, aber eher nicht am Helfen, sondern beiderseitig noch am Stören sind, und dass die Briten hier wieder und wie zuletzt so oft die mit eigentlichen Antreiber des Übels sind, macht die Gemengelage aus gleichen Interessen mit verschiedenen Ansatzpunkten noch aggressiver als sonst gewohnt und üblich. Es gibt viel Gedränge auf kleinstem Raum, Scharfschützenanschläge in der Seitenstraße, illegale Wettkämpfe in der hauseigenen Sportarena, das Freischaufeln aus allgemein misslichen Lagen, ein explosives Feuer in einer zugesperrten Wohnung, eine Massenrauferei in einer Holzfabrik, gleich zwei Angriffe einer Maschinengewehr -bewehrten Söldnertruppe, bis hin zu einer Materialschlacht auf offener Straße; und zu dem ganzen Verhau wird auch noch das A Better Torrow - Thema, die Ballade "Past Love" von Leslie Cheung angespielt.