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Während das HK-Kino derzeit eher mit anderen Filmen Schlagzeilen aufgrund von wieder erhöhten Zuspruch der Zuschauer macht, mit auch Kritikererfolgen wie A Guilty Conscience, dem gleichfalls als Gerichtsdrama verorteten The Sparring Partner oder dem In Broad Daylight (wobei allesamt auch, aber nicht hauptsächlich die Sparte Crime bedienen, und auch Donnie Yen mit The Prosecutor auf den Zug aufspringen will), ist das koreanische Filmgeschäft weiterhin eher mit reinen Cops VS Robbers Geschichten zumindest außerhalb der Landesgrenzen aufmerksam, die The Roundup - Saga natürlich, oder diverse andere Actionthriller, welche auch begehrt auf Festivals laufen. Eine Zeitlang hat man sich gegenseitig bedient, bzw. wurden seitens Südkorea gleich mehrere Adaptionen, weniger Remakes in Auftrag gegeben, so wurde Eye in the Sky zu dem fast besseren Cold Eyes umgewandelt und ist derzeit The Plot als neue Abarbeitung von Accident auf den Leinwänden zu sehen, deren Vergleich noch aussteht. Zwischenzeitlich hat sich mit Believer eine Art erweiterte Fassung zu Johnnie Tos Drug War herausgestellt, wobei dieser Vertreter auch eine Fortsetzung, aber 'nur' seitens von und damit exklusiv für Netflix (und von einem komplett neuen Drehteam hinter der Kamera) spendiert bekam; wo der Film wie zuweilen manche vorherige Produktionen eher unter dem Radar lief. Springt der Algorithmus nicht an, ist auch das Publikum absent:

Polizist Won-ho [ Cho Jin-woong ] ist mit seinem Team seit zwei Jahren hinter 'Mr. Lee', einem Phantom der Verbrechens- und vor allem der Drogenszene hinterher, der für seine skrupellosen Maßnahmen auch gegenüber seinen Kollegen bekannt und von allen gefürchtet ist. Als eine seiner Informanten brutal umgebracht und ein Drogenlabor gesprengt wird, greift auch Won-ho zu extremen Maßnahmen. Er nimmt den einzigen Überlebenden der Explosion, den jungen Kurierfahrer und kleinkriminellen Kontaktvermittler Seo Young-rak [ Kim Sung-ryung ] als Zugang zum Business selber, wobei über den Zwischenhalt des chinesisch-koreanischen Drogenlords Jin Ha-rim [ Kim Joo-hyuk ] dessen Identität angenommen und folgend sich selber als potenziell vielversprechender Käufer ausgegeben wird. Mit unfreiwilliger Hilfe des Schergen Park Seon-chang [ Park Hae-joon ] landet man bald bei Brian Lee [ Cha Seung-won ], Sohn eines kürzlich verstorbenen schwerreichen Großindustriellen.

Believer selber hat sich schnell und deutlich von seiner (ebenfalls zu empfehlenden) Vorlage abgelöst, war offensiver in der Inszenierung, ausschweifender in den Vorgeschichten und dennoch eine rabiate Arbeitsweise installierend. Ein dort offenes Ende (in der normalen Kinofassung, in der Extended gibt es einen Abschluss) hat eine Fortführung der Erzählung (bzw. dann eher eine Füllung des Mittelteils) ermöglicht, welche hier für den Unkundigen oder auch für die Vergesslichen noch einmal kurz zusammengefasst wird, ein erklärendes und erläuterndes Recap des durchaus komplizierten Erstlings, was entsprechend nicht schadet, sondern hilfreich für das weiterführende Verständnis ist. Eine kunstvolle, aber allzeit aggressive Aufmachung, ein personelles Durcheinander, die Suche nach einem Mysteriösen, das Getriebensein des Lebens hier bestimmt nicht bloß die Rückblende, sondern auch den fließenden Übergang und die direkte Fortführung, bleibt aber darauf beharren; ein Racheplot im Grunde, es beginnt mit Schönheit und mit Hässlichkeit, mit Grausamkeit, mit Toten und Verletzten, mit geschundenen Körpern und mit verbrannten. Es wird eingangs viel auf "last time" bezogen, was ein Hineinkommen in die aktuelle Geschichte und deren Vorgänge etwas schwerer macht, es werden neue Figuren eingeführt, neue Machttreiber und alte Spielbälle, eine rapide Strategie, "Pretty long story here."

Ermittlungen werden wieder aufgenommen, auf eher unkonventionelle Art, dazu arbeitet auch die Gegenseite, die verschiedenen anderen Parteien mit unlauteren Mitteln, ein Überfall im Krankenhaus, eine Gefangenenbefreiung, trotz Bewachung des Patienten. Drohungen sind bereits ausgesprochen, Andeutungen des noch kommenden, die Warnung vor dem Sturm, seitens des Polizisten auch eher ein Alleingang, der Film hat trotz viel Kommunikation und Interaktion eine gewisse Form der Einsamkeit, der Isoliertheit und eines halluzinatorischen Kampfes mit sich selber, in sich selber; eines privat erlebten Albtraumes, eines schlechten Rausches. Alternativen werden nicht geboten, kein Aufwachen oder Abändern möglich, die Dinge sind in Gang gesetzt, sie vollziehen sich so oder so, ein Gefangen Sein in der Unterwelt, in der Vorhölle, die andere Strukturen hat, anderen Organisationen und Möglichkeiten, auch welche fern der Menschlichkeit.

Mit Entstellungen und Verunstaltungen wird gearbeitet, Erinnerungen an den Vorgänger durchaus hervorgerufen, aber etwas Eigenes probiert, auf seine Art und Weise, Wirkung auch durch Abstoßendes ("It's disgusting. I'm about to barf.") oder mechanisch kühles erzeugt, aus Fehlern nicht gelernt, sie eher und noch mehr verbissen fortgeführt. Der Tod ist hier immer und überall, schleichend im Fortgang, metastasierend bis bereits nekrotisch in den Erzählstrukturen verwoben, die Inszenierung dessen industriell, hochfunktionell auch, Geheimnisse sind eigentlich aufgedeckt, es geht noch um verschiedenerlei und vielerlei Revanche und die entsprechenden Konfrontationen. Zwischendurch wird überraschend das Maschinengewehrfeuer eröffnet, die Ziele mehr als der Zuschauer überrascht, die Einschüsse blutig, die ersten hat es binnen Millisekunden dahingerafft. Ein Polizist kann vor Blut in Lunge und Mund nicht antworten, die Kriminellen stets in Überzahl, stets besser bewaffnet, stets skrupelloser im Agieren, keine Verträge mehr mit nichts, keine Familien, keine kranken Kinder. Einige schmerzhafte Wahrheiten, viele Grotesken und Überzeichnungen.

Eine Fokussierung mehr auf die neu eingeführten Darsteller als auf die bewährten, eine Art Believer 0.5 ebenso wie ein Believer 1.5, ein Auffüllen von Lücken, manchmal in der Variation, manchmal in der Wiederholung, manchmal in der Steigerung der Gewaltaktionen. Ein wenig manisch ist das gehandhabt, man passt sich den Umständen mehr an als das man sie beobachtet und nur aus der Ferne zeichnet, man macht Gänge zurück und Gänge weiter, in die Dekade zuvor, oder nach Thailand, "You're not creative, just annoying." Die Ohren sind meist taub dem Gesprochenen gegenüber, egal, von wem es kommt, das Gefühl abgestumpft, wie in einem Kokon. Der Aufwand der Produktion ist deutlich sichtbar, werden einige Massenszenen, imposante Panoramen oder Vogelperspektiven geboten, ein hochfaktorielles Geschehen, alles hat hier zumindest seitens der Verbrecher ihre (nur kurz gestörte) Ordnung. Ein bleihaltiger Überfall im Dschungel des Landes, während voller Fahrt in der Unebenheit des Waldes, hat seinen deutlichen und dadurch auch störenden Effekteinsatz, ansonsten ist der Waffengehalt hier höher, mehrere Spezialkommandos, eine Unzahl voll Söldner, die Stürmung einer Industrieanlage, vorher einer zur Drogenherstellung umfunktionierten Kirche. Actionszenen dabei eher in der Quantität als der Qualität, nichts speziell einfallsreiches oder herausragendes, ein Töten und Zerstören um des Vernichtens willen, ein "I'll decimate all the fools, starting with you."

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