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In „White Elephant“ hatte Olga Kurylenko unter der Regie von Jesse V. Johnson bereits eine Nebenrolle gespielt, seinem Historien-B-Movie „Boudica“ übernimmt sie die Titelrolle als britannische Widerstandskämpferin in der Römerzeit.
Tatsächlich ist die Titelgeberin, die zu Beginn des Films noch unter anderem Namen Ehefrau des Königs Prasutagus (Clive Standen) ist, eine historische Figur, als britische Nationalheldin allerdings deutlich weniger über die Grenzen des Inselkönigreichs bekannt als andere historische Figuren. Zudem gibt es wenige Quellen zur historischen Boudica, darunter Tacitus, auf den sich das von Johnson geschriebene Drehbuch beruft. Das gibt Raum zum Fabulieren, wodurch Johnson den Film mit einer Prophezeiung durch Druiden beginnt, die römischen Legionären erzählen, dass eine Heerführerin ihr Untergang sein wird. Also verbietet Kaiser Nero kurzerhand Frauen auf der Insel die Übernahme von Machtpositionen, hat er doch seinen Ödipus anscheinend nicht gelesen, denn oft sorgen ja gerade verzweifelte Gegenmaßnahmen dafür, dass Prophezeiungen erst recht Realität werden.
Doch in der Rolle als Ehefrau und Mutter zwei Töchter ist die junge Frau glücklich, in deren Adern das Blut eines alten Keltenstammes fließt. Mit den Römern engagiert sich Prasutagus, der als Klientelkönig lediglich über ein kleines Königreich herrscht, doch der Statthalter sorgt dafür, dass der Kelten-Royal mittels Intrige um die Ecke gebracht wird. Eine Hälfte des Reiches geht auch an den Schurken, die andere jedoch an die Gattin Prasutagus‘. Der Übelwicht bringt jedoch den kaiserlichen Erlass ins Spiel, dass Frauen über keine Ländereien besitzen dürfen, krallt sich den ganzen Kuchen, lässt Boudica nebst Töchtern auspeitschen und bringt damit jene Rachetopoi ins Spiel, die auch schon Vorbilder wie „Rob Roy“, „Braveheart“ und „Gladiator“ antrieben.

So wird die gefangene Boudica kurz darauf von ihren keltischen Verbündeten befreit und übernimmt die Rolle einer Kriegerin und Heerführerin. Sie wagt den Aufstand gegen die römische Besatzung und ist dem Weltreich damit ein Dorn im Auge…
Die Geschichte von Boudica wurde selten verfilmt, womit Johnson sicherlich gute Ambitionen hat – allerdings hapert es gewaltig am Budget, für das hauptsächlich Saban Films aufkam. Die Finanzen von „Boudica“ können leider nie mit den Ansprüchen an einen Historienfilm mithalten, selbst wenn man kein großes Epos, sondern eher actionorientierte Stoffe wie „Der 13te Krieger“ oder „Centurion“ als Maßstab nimmt. In letzterem spielte Olga Kurylenko schonmal eine keltische Widerstandskriegerin gegen die Römer, war dort aber noch eine Schlächterschurkin, hier hingegen eine rächende Heldin. In „Boudica“ sieht alles jedoch stets viel zu bescheiden und klein aus: Die Heerscharen auf beiden Seiten, das Königreich Prasutagus‘, das anscheinend nur aus sechs Gebäuden und ein paar Gefolgsleuten zu bestehen scheint usw. Dass die zwei, drei CGI-Bilder von Städten wie Rom oder Londinium für ein B-Picture recht passabel aussehen, überrascht ein wenig, lenkt aber nicht von der sonst billigen Anmutung ab. Noch dazu ist der Look des Films mit seinen farbarmen, regelrecht entsättigt ausschauenden Bildern reichlich hässlich, was „Boudica“ auch nicht gerade entgegenkommt.

Mit der Historie nimmt sich Johnsons Script einige Freiheiten hinaus. Vieles ist tatsächlich durch historische Quellen abgedeckt (der Einfluss der Druiden, die generellen Stationen von Boudicas Feldzug, die Eckdaten ihrer Lebensgeschichte), anderes durchaus berechtigte Spekulation. Manche Dinge sind dagegen ganz klare Erfindung. So starb die reale Boudica je nach Quelle entweder an einer Erkrankung oder an einem Selbstmord durch Gift, während Johnson seiner Heldin ein wesentlich heroischeres und bedeutenderes Ende verpasst. Auch der römische Kaiser Nero erdolchte sich zwar selbst mit einer Schere, aber nicht aus Angst vor dem Boudica-Aufstand, sondern weil er gerade im Begriff war einen innerrömischen Machtkampf zu verlieren und bereits mit einigen Getreuen geflohen war.
Doch selbst wenn man „Boudica“ nicht als Geschichtsstunde für Videothekenseher konsumiert, sondern als Historien-Actioner, so lässt Johnsons Script leider etwas zu wünschen übrig. So wird die erste Hälfte quasi rein mit der Exposition zugebracht, die jedoch so gut wie gar nichts über Boudica erzählt. Die ist Ehefrau und Mutter, will sich aus allem raushalten, wird dann jedoch wie viele Helden und Heldinnen des Rachefilms durch die Umstände zum Handeln gezwungen. Jenes bestimmt dann die zweite Hälfte, die fast nur noch eine Boudica-Schlacht an die andere hängt, ohne dass dramaturgisch viel los wäre. Geradezu lächerlich zügig bügelt der Film über jene Phase hinweg, in der Boudica das Schwertschwingen erlernt und verschiedene Stämme hinter sich versammelt – dass dies mit Mystik-Mumbojumbo und Wundertaten wie einem Schwert, das von Geisterhand zu Boudica fliegt, abgehandelt wird, wirkt auch eher unfreiwillig komisch als wirklich überzeugend. So lässt „Boudica“ das Publikum stets außen vor und kann nie Interesse für seine (größtenteils verbürgte) Geschichte generieren. Auch ein reichlich vorhersehbarer Plottwist in der Mitte des Films wirkt eher abgedroschen denn wirklich überraschend und bringt das Ganze kaum weiter.

So kommt die zweite Hälfte Johnson als Action-Regisseur eher entgegen, der auch hier freilich mit den Limitierungen des Budgets umgehen muss. Um die knappen Finanzen und die eher geringe Menge an Statisten zu kaschieren, entscheidet er sich für eine wenig übersichtliche Inszenierung, die vor allem Wert auf Zweikämpfe und Schlächtereien legt, weniger das große Ganze. Dadurch darf es dann oft auch handgemacht schmaddern, wenn man Schwerter und andere Waffen in Großaufnahmen in Leiber eindringen sieht und das Blut fließt. So kommt „Boudica“ zwar auf einen hohen Grad an Hackepeter, wirkt actiontechnisch allerdings nicht so elegant. Erst im Finale, in dem die Römer unter anderem große Armbrustgeschütze gegen die keltischen Aufständischen einsetzen, sind mal schickere Bilder und auch ein paar etwas ausgefeiltere Kampfchoreographien drin. Doch so actionreich Hälfte zwei auch ist, so regiert hier eher Masse als Klasse, was schade ist, denn gegen Ende zeichnet sich ab, was trotz schmaler finanzieller Verhältnisse möglich gewesen wäre.
Olga Kurylenko spielt aktuell häufig Actionrollen und ist für den Boudica-Part eigentlich prädestiniert, bleibt aber seltsam uncharismatisch in der Rolle der Heerführerin – tatsächlich erscheint sie als Königin in Hälfte eins wesentlich vitaler denn als gesichtsbemalte Schwertschwingerin in Hälfte zwei. Wirklich nennenswerte Rollen haben nur zwei weitere Personen. Peter Franzén gibt den Kelten-Anführer Wolfgar, der erst von den Qualitäten der Heerführerin überzeugt werden muss, dann aber voll bei der Sache ist. Das macht er okay, nur im Finale wird es peinlich, wenn er in der Schlacht gefühlte 300 Mal „Boudica“ ruft. Lucy Martin hat wenig Dialog, aber ordentlich Charismas als wichtigste Unterstützerin der Titelfigur. Die Schurken, darunter Harry Kirton als Nero und Nick Moran als Catus Decianus, haben leider viel zu wenig Screentime und Präsenz, um Eindruck zu hinterlassen, Clive Standen ist nur dazu da, um den Plot in Gang zu bringen. Johnson-Regular Dominiquie Vandenberg hat eine kleine Rolle als Söldner, fällt aber so gut wie gar nicht auf.

Dass Jesse V. Johnson mit „Boudica“ die Geschichte des weiblichen Brit-Pendants zu Heerführerin wie Vercingetorix oder Armin, dem Cherusker, erzählen will, ehrt den B-Filmer, doch mit dem Olga-Kurylenko-Vehikel legt er seinen vielleicht schwächsten Film vor. „Boudica“ mangelt es an Budget, während das Simpeldrehbuch ohne dramaturgische Finesse und ohne große Figurenzeichnung vor sich hin plätschert. In Hälfte zwei gibt es immerhin reichlich Action, die inszenatorisch auch nicht zu Johnsons besten Arbeiten zählt, aber immerhin ordentlich Blut und einen recht gelungenen Showdown bietet. Der rettet den mäßigen Film dann allerdings auch nicht mehr. 3,5 Punkte.

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