Das Böse reincarnated
Kaum ein Horrorfilm ist seit Monaten in mehr Mündern der Genrefans als „When Evil Lurks“. Spätestens jetzt sind alle Augen auch außerhalb Argentiniens auf Demian Rugna gerichtet, nachdem er zuvor u.a. mit „Terrified“ schon auf seinem Heimatkontinent und auf Festivals ordentlich die Werbetrommel für sein Händchen in Sachen Spannung, Horror und Härte rühren konnte. Nun legt er sein vorerst ambitioniertestes Projekt vor, einen dämonischen Horrorschocker, indem mehrere Männer einen kranken und aufgedunsenen Mann, einen ihrer Meinung nach „Besessenen“, aus dem Dorf hieven und fahren, was das Böse und Gefährliche in ihm jedoch nur noch auszubreiten scheint…
In Südamerika geht die Welt zugrunde
„When Evil Lurks“ hat durchaus das Zeug zum Alptraumfutter. Mit seiner hoffnungslosen Atmosphäre, seinem höllischen Härtegrad (gerade gegen Kinder) und seiner Leere in Sachen Erklärungen und Auflösungen, kann er nachhaltig verstören und unser Unterbewusstsein penetrieren. Was absolut als Stärke und Zeichen eines herausragenden Horrorfilms gedeutet werden kann. Genau dann entwickeln sich Logiklöcher und Schwächen während des Schauens - etwa die panisch-hysterischen Figuren oder das seltsame Worldbuilding - in Stärken auf Dauer. Das hat der gerade für europäische Sehgewohnheiten exotische und ungewöhnliche „When Evil Lurks“ geschafft. Er hat mich nachhaltig bedrängt bis verstört. Und das ist ja schon eine positive Eigenschaft, die Horrorfans wie wir suchen. Deswegen verstehe ich den Hype um ihn durchaus. Während des Guckens hat er mich aber auch in einigen Dingen genervt, enttäuscht und den Kopf schütteln lassen. Gerade die Figurenzeichnung kann übel abstoßen. Doch eventuell gehört ja genau das zu seinem Plan, seiner mittelfristigen Taktik. Denn seit langem war für mich kein Schocker mehr brutaler, rücksichtsloser und menschenverachtender. „When Evil Lurks“ schafft es sein unerklärliches Böses auf den Zuschauer und in unsere Psyche zu gravieren, es in Bilder und Gefühle zu packen. Und das ist durchaus eine Leistung und mal ein „Pandemiefilm“ der härtesten Sorte in einer Reihe mit „The Sadness“ oder „Ebola Syndrome“. Manchmal fühlt er sich jedoch durch seine vielen offenen Fragen und seine zur Stimmung unpassenden Apparaturen zur Bekämpfung der dämonischen Kraft (die eher in sowas wie „Supernatural“ oder „Buffy“ zuhause sein könnten) eher wie die Pilotfolge einer Serie an. Die bösartigste Pilotfolge aller Zeiten.
Fazit: düsterer und hoffnungsloser Horrorschocker aus Südamerika, der Klischees und Gewaltgrad auf die Spitze treibt. Böse bis in's Mark. Jedoch auch mit hysterischen und aggressivmachenden Schreihälsen und Paniktreibern. Manche gewollt, manche nicht. Die harten Momente sind jedoch ultrafies und erbarmungslos, auch gegen Kinder. Da zirpt das Horrorhighlightreel - unfassbar gemein!