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New York, 2003: Die Rettungssanitäterin Cassandra Webb stürzt während eines Einsatzes mit einem Wagen von einer Brücke und muss, nachdem ihr Kollege Ben Parker sie aus dem Wasser gezogen hat, reanimiert werden. Durch dieses Ereignis werden in ihr schlummernde, hellseherische Fähigkeiten getriggert, die darauf zurückgehen, dass ihre Mutter, als sie 1973 mit ihr schwanger gewesen ist, im peruanischen Dschungel von einer seltenen Spinne gebissen wurde. Ezekiel Sims, der Mörder von Cassandras Mom, hat sich das Spinnengift damals ebenfalls reingezogen und dadurch übermenschliche Kräfte erlangt... und die Fähigkeit, die Zukunft und seinen eigenen Tod in seinen Träumen vorherzusehen. Sims identifiziert seine zukünftigen Mörderinnen als die Teenies Anya, Julia und Mattie, die irgendwann auch mal Superkräfte erhalten werden, im Augenblick aber noch schwach und hilflos sind. Cassandra nutzt ihre Gabe, um die Mädels zu beschützen und zu verhindern, dass Ezekiel sie über den Jordan schickt, bevor sie ihm gefährlich werden können... Die profilierte britische TV-Regisseurin S.J. Clarkson ist nach Cate Shortland ("Black Widow"), Chloé Zhao ("Eternals") und Nia DaCosta ("The Marvels") die nächste Filmemacherin, die sich nach einigen kleineren, aber dafür von Kritiker-Seite wohlgelittenen Produktionen, freiwillig in der Hoffnung, die Karriereleiter emporzusteigen, vor den gigantomanischen Superhelden-Karren spannen lässt und der feisten Hollywood-Mischpoke dadurch im Gegenzug erlaubt, ein wenig mit der Feminismus- und Diversitäts-Flagge zu wedeln. Wie ihre genannten Kolleginnen zuvor wird Clarkson aber dummerweise genau das Gegenteil von dem erreichen, was sie eigentlich beabsichtigt hat, denn ihr "Madame Web" - bei dem es sich übrigens schon weit, weit im Vorfeld abgezeichent hat, dass er im Kino wohl kolossal floppen wird - ist mal noch wesentlich schlimmer geworden, als man es eh schon eigentlich erwartet oder befürchtet hätte. Das Bestreben von Sony, sich weiterhin mal eher unbekannte Figuren aus dem "Spider-Man"-Universum zu greifen und diesen ihren eigenen Film zu spendieren, treibt nun echt bizarre Blüten, wenn wir mittlerweile schon bei Charakteren angelangt sind, die mal echt keine alte Sau so richtig auf dem Schirm gehabt hat... okay, ich bin in dem ganzen Comic-Gedöns nicht mehr so tief drin, wie damals noch Mitte der 90er mit 15, aber so spontan sagt mir "Madame Web" mal absolut garnix und ich denke nicht, dass es dem Otto Normal-Kinogänger da anders gehen dürfte. Dem Vernehmen nach handelt es sich bei der Titel-Figur in den Heftchen-Vorlagen übrigens um eine alte, blinde Frau, die in der vorliegenden Adaption nun von der gar nicht alten und gar nicht blinden Dakota Johnson gemimt wird. Na gut, das Ganze soll wohl 'ne Origin-Story sein... und zwar eine, die mal wirklich die ganz frühen Ursprünge der Figur klärt, denn die erste Szene spielt da sogar noch vor ihrer Geburt. Dass die Johnson demnach mal alles andere als eine Ideal-Besetzung für den Part ist, sei mal dahingestellt, schwerer wiegt da ihre fast schon an reine Arbeitsverweigerung grenzende Performance, die derart chloroformiert daherkommt, dass sie mal echt nicht dazu angetan ist, dem Zuschauer die Hauptfigur irgendwie näherzubringen. Na ja, wenn man sich 'nen Film anguckt, müssen einen die Figuren ja nicht jucken, oder? Kurioserweise lässt sich das Ganze ob der Verortung der Handlung im Spieljahr 2003 nicht mit irgendeinem der vorhergehenden Filme aus dem Sony-Spiderverse in Einklang bringen, was die Macher aber nicht davon abgehalten hat, ihren Stand-Alone-Streifen mit kleinen Verweisen in Richtung "Spider-Man" und der entsprechenden Ikonografie vollzustopfen... was glatt so weit geht, dass der Bösewicht Ezekiel Sims auf der Jagd nach den Mädels in einem quasi identischen Kostüm als versinnbildlichte Toxic Masculinity durch die Sets stapft. Darf man sich für dieses nicht passende filmische Puzzle-Teil etwa bei "No Way Home" bedanken, der da die Pandora-Büchse "Multiversum" aufgemacht hat? Nun ja, hier passt so einiges nicht zusammen, und S.J. Clarkson ist damals bei der ersten Staffel der ITV-Mini-Serie "Whitechapel" fürs britische TV noch sehr viel besser zurande gekommen, aber da gab es auch echte Charaktere und 'ne richtige Geschichte... alles Dinge, die bei "Madame Web" fehlen, der dafür aber noch nicht mal genau zu wissen scheint, für welches Publikum er eigentlich gemacht ist: Diejenigen, die sich in der Aussicht auf ein wenig Spider-Girl-Action, wie sie im Trailer versprochen wurde, ins Kino verirrt haben - oder vielleicht auch nur mal sehen wollten, welche Auswirkungen die Schwerkraft auf Sydney Sweeny hat, wenn sie kopfüber von der Decke hängt - können sich nämlich mal gepflegt ins Knie ficken, denn bei den entsprechenden Momenten handelt es sich im fertigen Film lediglich um kurze Traum- und Visions-Schnipsel, die mit der eigentlichen Geschichte mal aben gar nichts zu tun haben! Höchst langweilig und öde geht es hier stattdessen zu, wenn zwischendurch nicht gerade der schiere Schwachsinn regiert und man wirklich Probleme hat, der Handlung von einer Szene zur nächsten zu folgen. Das Drehbuch-Gespann Matt Sazama und Burke Sharpless, arbeitet offenbar mit Hochdruck daran, die nächsten Kurtzman und Orci zu werden, denn die Storylines, die die sich aus den Fingern saugen, sind ebenso sinnlos und in ihrer Narrative kaum nachzuvollziehen... vorausgesetzt, dass nicht doch, wie gemunkelt wird, 'ne besoffene K.I. geskriptet hat, angesichts des Endergebnisses auf der Leinwand ist die Vermutung mal echt nicht zu weit hergeholt. So ist "Madame Web" dann kaum ein waschechter Superhelden-Streifen geworden, sondern lediglich eine mit sachten Anleihen in diese Richtung aufgeblähte und merkwürdig-unspektakuläre "Final Destination"-Variante (nur halt leider ohne Freak-Accidents), bei der die Hellsichtigkeit der Titel-Heldin kaum für irgendwelche doppelbödigen Einfälle genutzt wird und bei der das erhoffte Team-Up der Spinnen-Mädels zum Schluss eher mal halbherzig für eine Fortsetzung angeteasert wird, auf die man jetzt aber wohl lange warten kann. Spätestens wenn der völlig inkompetente und unübersichtliche Action-Showdown erreicht ist, bei dem der Zuschauer ernsthaft Probleme hat, ob der frenetischen Kamera-Wirbelei durch die viel zu dunklen Bilder und wirren Schnitt-Folgen zu blicken, ist klar: Das hier ist mal wieder schlimme Hollywood-Scheisse auf "Battlefield Earth"-Niveau! Und es ist vollkommen ausgeschlossen, dass dieses Jahr noch ein schlechterer Film im Kino laufen wird... und falls doch, dann will ich den nicht sehen. Hier macht nichts Spaß, hier gibt es keine Szene die funktioniert, das Ganze ist ein schieres Armutszeugnis sämtlicher Beteiligter und der Bodensatz aller Comic-Adaptionen. Immerhin: Solche vielgescholtene und weithin verlachte Streifen wie "Morbius", "Catwoman" oder sogar der 1984er-"Supergirl" dürfen sich freuen, denn die stehen im direkten Vergleich nun sogar halbwegs gut da. "Madame Web" unterbietet sie alle.

1/10

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