Review

Die „Five Nights at Freddy’s“-Spielereihe brachte es auf neun offizielle Teile und mehrere Spin-Offs, weshalb es nicht verwunderte, dass auch Hollywood auf eine Adaption der Survival-Horror-Games scharf war. Es dauerte nach der ersten Ankündigung jedoch acht Jahre sowie mehrere Wechsel in Sachen Produktionsfirma und Personal, ehe die Kinoadaption das Licht der Leinwand erblickte.
Mit dem auf originelle Horrorstorys abonnierten Studio Blumhouse und der genreerfahrenen Regisseurin und Co-Autorin Emma Tammi am Ruder geht es wie in den Spielen um wildgewordene Animatronics, die im leerstehenden Eventrestaurant Freddy Fazbears‘ Pizza gerne mal Nachwächter zu Kleinholz verarbeiten. Einen solchen erwischt es in der Eingangsszene, in der er von Bär Freddy, Hase Bonnie, Huhn Chica, Fuchs Foxy und Mr. Cupcake gejagt, gefangen und in einem Animatronic-Anzug mit mörderischem Innenleben gestopft wird. Wie man später erfährt, handelte es sich bei den Modellen in den 1980ern um bahnbrechende Animatronics, die sich von allein in einem gewissen Radius fortbewegen konnten und das Restaurant zu einem beliebten Anlaufplatz machten, ehe etwas schief ging. Was das wohl war, deutet ein Vorspann in Spielautomaten-Pixeloptik an, mit dem „Five Nights at Freddy’s“ die immer noch grassierende Eighties-Nostalgiewelle surfen will.
Protagonist des Ganzen ist der Wachmann Mike Schmidt (Josh Hutcherson), der als Vormund für seine minderjährige Schwester Abby (Piper Rubio) dienen muss. Das ist schon anstrengend genug, doch nicht das einzige Problem: Tante Jane (Mary Stuart Masterson), eine Art böse Hexe des Familienkonstrukts, will das Sorgerecht für Abby, vor allem den damit verbundenen monatlichen Scheck, während Mike immer noch an dem Trauma knabbert, dass sein kleiner Bruder entführt wurde, als er 12 Jahre alt war und eigentlich auf diesen aufpassen sollte. Deshalb stürzt er sich bei der Arbeit auch mal prügelnderweise ins Gemenge, wenn er Kindesentführung vermutet – doof nur, dass es sich bei dem vermeintlichen Kinderklauer um den Vater des Jungen handelt, was zum Jobverlust führt. Dass Mikes Realität eine trostlose ist, lässt sich auch an der Bildsprache von Tammi und Kameramann Lyn Moncrief ablesen, die sich auf ausgebleichte, farbarme Bilder verlässt. Nur bei manchen Szenen innerhalb der Pizzeria wird es ordentlich bunt, dann ist die farbenfrohe Ausleuchtung aber ein Signal für Gefahr.
 
Es ist nicht der erste Job, den Mike verloren hat, weshalb Steve Raglan (Matthew Lillard) beim Arbeitsamt kaum noch Optionen für ihn hat – außer der Nachtwächterstelle bei Freddy’s. Um das Sorgerecht für Abby nicht zu verlieren, geht Mike auf das Jobangebot ein…
Mörderische Animatronics, das klingt eigentlich nach Fun-Horror und wurde so auch in dem – überdeutlich von den „Five Nights at Freddy’s“-Spielen inspirierten – Nicolas-Cage-Vehikel „Willy’s Wonderland“ umgesetzt. Die offizielle Adaption der Games dagegen ist deutlich weniger verrückt, dafür ernster und bodenständiger, was auch an dem reichlichen Backstory-Ballast liegt. „Five Nights at Freddy’s“ erzählt nämlich gefühlt nicht nur eine Geschichte, sondern gleich vier oder fünf davon, auch wenn diese (mehr schlecht als recht) alle zu einem großen Ganzen verbunden werden. Da ist einmal der reine Survivalpart um die amoklaufenden Kuschelkiller. Da ist deren tragische Hintergrundgeschichte, der diese mal als eiskalte Mordmaschinen, mal als putzige Kumpel für Abby agieren lässt, was für tonale und logische Unebenheiten sorgt. Da ist das Familiendrama um die Schmidts: Eltern weg, kleiner Bruder weg, Tante böse, Sorgerechtsstreit, Mike und Abby als dysfunktionale Einheit. Auch hier nicht immer sinnige Töne: Einerseits ist Abby Mike gegenüber bockig und verweigert das Essen, will in einer anderen Szene aber gar nicht weg aus dem Heim des Bruders. Und dann ist da noch Mikes Trauma, das er dadurch kurieren möchte, dass er immer wieder vom Moment der Entführung träumt, in der Hoffnung das entscheidende Detail zu finden. Zu diesem Zweck wirft er Schlafpillen ein und ist auch bereit die Hilfe seltsamer Geisterkinder anzunehmen.
 
Leider stottert der erzählerische Motor bisweilen gewaltig, wenn „Five Nights at Freddy’s“ all das unter einen Hut bekommen möchte. Geradezu frustrierend ist die Figur der properen Polizistin Vanessa (Elizabeth Lail), die als potentielles Love Interest für Mike auftaucht. Wann sie ihm Hintergrundinfos zu der mysteriösen Pizzeria gibt und wann sie ihn im Dunkeln lässt, folgt einfach keiner erkennbaren Logik (außer die holprige Dramaturgie zu unterstützen), die Erklärung für ihr Verhalten überzeugt auch nicht. So will aus den Einzelteilen einfach kein homogenes Ganzes entstehen. Stattdessen wird der Plot mal in die eine, mal in die andere Richtung gezogen, macht aber trotz der Laufzeit von rund 110 Minuten relativ wenig aus seinen Figuren. Abgesehen von Mike wird kaum jemand vertieft und dessen Persönlichkeit ist dann vergleichsweise schnell verstanden.
Nicht ganz unproblematisch ist dabei auch, dass „Five Nights at Freddy’s“ kein Familien-, Vermissten- oder Trauerdrama sein soll, sondern ein Horrorfilm. Doch genau der Horror wird vergleichsweise homöopathisch verabreicht. Wäre da nicht das Vornewegopfer vom Anfang und würden da nicht ein paar Knilche mal in die Pizzeria einbrechen, dann gäbe es für Freddy und Co. kaum etwas zum Wegschnetzeln. Dank PG-13-Rating bleibt das Gebotene eher zahm, ist aber in dem Rahmen teilweise ganz gewitzt (z.B. ein Entzweibeißen als Schattenspiel). Immerhin kann Tami ganz gut Atmosphäre aufbauen, gerade wenn sich die Animatronics bewegen und der zunehmend panische Blick Mikes auf den Überwachungsmonitoren klebt – was ja auch die Mechanik der Spielvorlage ist. Oft ist Mike aber auch in der Pizzeria unterwegs oder schlägt zurück, weshalb Fans da keine allzu sklavische Vorlagentreue erwarten sollten. Noch dazu sind Animatronics sehr wankelmütig: Mal im Killer-, mal im Knuddelmodus, wenn sie mit Abby spielen, als Mike diese mangels Babysitter mit auf die Arbeit nehmen muss.

Woran man dagegen gar nichts aussetzen kann, ist die filmische Präsentation der Robokiller. Diese wurden von Jim Hensons Workshop entworfen, die nach „The Happytime Murders“ wohl erneut ihre Liebe für Puppenspiele der abseitigen Art jenseits des normalen Muppets-Geschäfts entdecken haben. Die Kontrahenten sehen stark aus und werden ohne großen CGI-Einsatz zum Leben erweckt, was ein weiteres Atmosphäre-Plus für den Film ist. Schade nur, dass sie kaum eigene Persönlichkeit erhalten und alle in erster Linie optische Variationen des gleichen Grundtypus bleiben. Gegen diese Grundprobleme inszeniert Tammi so gut es geht an, muss natürlich auch noch mit einer titelbedingten Schwierigkeit leben: Es ist von Anfang an klar, dass sie große Eskalation und der Showdown in Mikes fünfter Nacht bei seiner Arbeit kommen werden.
Besagten Nachtwächter spielt Josh Hutcherson als jungen Mann, der zu früh und zu drastisch erwachsen werden musste, der mit inneren Dämonen kämpfen muss, dann auch stark genug, um den Film über weite Strecken mehr oder minder im Alleingang tragen zu können. Piper Rubio und Elizabeth Lail spielen gut gegen die Drehbuchschwächen ihrer Figuren an, während Mary Stuart Masterson sichtlich Spaß an ihrer eindimensionalen, aber launigen Performance als durchtriebene Tante hat. Matthew Lillard setzt in seiner Nebenrolle noch ein paar Akzente, der Rest vom Fest besteht aus besseren Stichwortgebern – die wahren Hauptdarsteller sind eh die Animatronics.

„Five Nights at Freddys“ ist leider ein weiterer Beweis dafür, dass Blumhouse zwar auf originelle Prämissen im Horrorgenre setzt, aber diese nicht immer entsprechend gut verwirklicht. So werden der Horrorpart und die toll gestalteten Animatronic-Widersacher stiefmütterlich behandelt, während der Film sich in seinen vielen Plotsträngen verheddert. Schade um das schöne Design und die teilweise stimmige Inszenierung. Um den obligatorischen „Willy’s Wonderland“-Vergleich abzuhaken: Der ist auf andere Weise mäßig, zwar angenehm schräg und mit mehr Fokussierung auf das Wesentliche, dafür unterfinanziert und teilweise haarsträubend doof.

Details
Ähnliche Filme