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Major John Tarrant ist ein ganz normaler Agent im Außendienst beim britischen MI6, der sich gerade anschickt in einen mutmaßlichen Spionagering einzudringen, als ein Anruf kommt: Sein Sohn wurde entführt. Das Lösegeld soll in exakt dem Betrag und mit denjenigen Rohdiamanten bezahlt werden, den Tarrants Vorgesetzter Harper als Köder für die feindlichen Agenten vorgesehen hat. Es scheint als ob ein Maulwurf in den höchsten Ebenen des Geheimdienstes sitzt, aber Tarrant hat andere Prioritäten, nämlich seinen Sohn und dann seine Ehe retten. Auch wenn er nur durch seinen Job überhaupt in diese Situation gekommen ist, so hat er als Agent zumindest auch die Möglichkeiten da wieder raus zu kommen. Vor allem, nachdem Harpers Vorgesetzter die Zahlung des Lösegeldes verweigert – Tarrant nimmt die Zahlung des Geldes in die ganz eigene Hand.

DIE SCHWARZE WINDMÜHLE mag auf den ersten Blick vielleicht kein Highlight des Spionagekinos sein, Michael Caine kann sich mit (dem zu dieser Zeit gerade aktiven) Roger Moore auf den ersten Blick wahrscheinlich nicht so richtig messen, und überhaupt weht irgendwie der Wind der Bürokratie durch das britische Empire und erstickt jeden Anflug von Selbständigkeit.

Aber WINDMÜHLE will auch kein gängiger Spionagethriller sein, der die bekannten Schemata nach Methode 08/15 ausrollt und damit irgendwann zum seligen Schlummern animiert. Ich sehe den Film eher in der Tradition der Harry Palmer-Filme aus den 60ern, ebenfalls mit Michael Caine als Agent in der Hauptrolle, und ich hatte öfters den Eindruck, als ob Harry Palmer einfach nur ein klein bisschen älter und reifer geworden ist, sich aber die Strukturen des britischen Geheimdienstes und seiner Beamten keinen Deut geändert haben. Immer noch die verschachtelten Häuser mit den labyrinthischen Gängen, immer noch das Flair eines längst untergegangenen Weltreichs, und immer noch die gleiche elitäre Arroganz der Vorgesetzten gegenüber ihrem Fußvolk. Genauso wie die grundsätzliche Subordination eines Michael Caine. Ja, ich bilde mir sogar ein, dass David Hemmings fünf Jahre später als CHARLIE MUFFIN die gleichen alten Treter wie John Tarrant tragen wird und seinen Vorgesetzten endlich eines auswischen kann.

Die Ironie eines Charlie Muffin fehlt hier noch, dafür aber hebt sich, ich erwähnte es, WINDMÜHLE angenehm von den James Bond-Filmen gerade jener Zeit ab, und setzt seine Handlung in ein grundsätzlich sehr realistisches Setting. Die Ehe Tarrants ist am Ende, sein Job verlangt eine Zerreißprobe zwischen dem ständigen Einsatz und einem kaum vorhandenen Privatleben, und der direkte Vorgesetzte hat eigentlich nur Hohn für den einfachen und hart arbeitenden Mann übrig, der so gar nicht in das landadelige Ambiente passt, welches Harper bevorzugt. Mit Kriminellen wird nicht verhandelt, eine Prämisse, die Tarrant eigentlich kennen sollte, und plötzlich steht das ganze Leben Kopf und der Beruf als Geheimagent, der bei James Bond so schoko-flockig aussieht und mit Frauen und Abenteuern garniert ist, hat hier eher etwas mit Schmerzen und viel Denkarbeit zu tun.

Wie gesagt, wer die Harry Palmer-Filme mag, der dürfte hier auch sein Vergnügen finden. Es muss halt einfach klar sein, dass trotz eines actiongeladenen Showdowns DIE SCHWARZE WINDMÜHLE auf den Flügeln der Realität daherkommt, und nicht als fantastisches und aufregendes Abenteuer mit viel Sex, viel Explosionen und wenig Blut …

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