Review

Gesamtbesprechung

Der Krieg ist in der Lage den Blickwinkel der Menschen komplett zu verzerren. Und wenn die moralischen Bedenken erst einmal durch die Wirren verschwunden sind, ist man sogar dazu fähig seinen besten Freund zu töten.

Das Gundam Franchise hat mittlerweile schon unzählige Filme, Serien und OVAs hervorgebracht. Meinen Einstieg in das schier unüberschaubare Universum machte ich übrigens mit Gundam Wing. Die Serie hatte mir zwar damals schon recht gut gefallen aber mein Interesse an weiteren Serien war dennoch nicht geweckt. Wie sich herausstellte war das ein Fehler, denn wäre ich nicht der Empfehlung eines Bekannten gefolgt, wäre mir diese wirklich durchweg geniale Serie doch tatsächlich durch die Lappen gegangen. Aber fange ich doch von vorne an, mit der Geschichte im Kurzformat:
Gundam Seed spielt in einer fernen Zukunft in der ein Krieg zwischen Menschen (Naturals) und genmanipulierten, leistungsfähigeren Menschen (Coordinators) ausgebrochen ist. Die Wurzel des Hasses ist mit einem Massaker verbunden, welches den Grundstein für den lang anhaltenden Krieg lieferte. Als schließlich die neutrale Kolonie Orb angegriffen wird, geraten auch der Schüler Kira Yamato und seine Freunde in die Kriegswirren. Doch anstatt die Flucht zu ergreifen schlägt er mit einem dort stationierten Mobile Suit zurück. Schließlich treten er und seine Kameraden dem Militär der Naturals bei, um weitere Angriffe auf ihre Heimat zu verhindern. Auf der anderen Seite steht ihm aber ein Freund aus alten Tagen, nämlich Athrun, gegenüber. Nichtsdestotrotz weiß Kira, dass seine einzigartigen Coordinator Fähigkeiten gebraucht werden um gegen seinesgleichen zu bestehen. Doch schon bald gerät er dadurch in einen moralischen Konflikt der sein ganzes Handeln in Frage stellt…

Gundam Seed erzählt eine sehr bewegende wie auch intelligente Geschichte über einen langen und zermürbenden Krieg zwischen zwei entfremdeten Lagern. Dabei werden aber beide Seiten auffallend differenziert bzw. ausgewogen beleuchtet  Es werden also sowohl bei den Naturals als auch bei den Coordinators schwerwiegende Fehlentscheidungen getroffen, welche eine Lawine von Schicksalsschlägen auslösen werden. Besonders hervorzuheben ist aber, dass die Geschichte trotz des Zukunftsthemas sehr greifbar bleibt. Das Szenario wurde so angelegt, dass der Konflikt als Kampf zwischen Menschen erster und zweiter Klasse wahrgenommen wird. Dank der gut durchdachten Erzählweise sind also wirklich sehr starke gesellschaftskritische Tendenzen zu erkennen. Während sich die Coordinators wegen ihrer erhöhten Leistungsfähigkeit an der Spitze der Nahrungskette sehen, greifen die Naturals aus Angst vor ihnen zu kriegerischen Mitteln. Allerdings spielt es nachher überhaupt keine Rolle mehr, wer den Krieg angefangen oder provoziert hat. Letztendlich ist er einfach da und niemand scheint in der Lage zu sein ihn zu beenden. Als Zuschauer ertappt man sich - wegen den zuweilen bis ins Mark erschütternden Ereignissen - immer wieder dabei, die Meinung zu den beiden Lagern stark zu überdenken. Denn wie auch die Figuren wird man im Laufe der immer komplexeren Handlung hin und hergerissen. Standpunkte wie Richtig und Falsch verschwimmen durch die Kriegswirren allmählich vollkommen, wodurch man mit Erschrecken feststellen muss, dass Dinge wie Moralvorstellungen und sogar ein Menschenleben selbst nichts mehr zu zählen scheinen. Die Illusion man könne einen gerechten Krieg führen wird in dem nervenaufreibenden Plot vollkommen zerstört. Was bleibt ist lediglich sinnloser Wahnsinn dem niemand mehr entrinnen kann. Während ein Teil der Figuren wirklich sehr tiefe seelische und psychologische Wunden davonträgt, gibt es aber auch Charaktere die durch die Umstände gezwungenermaßen über sich selbst herauswachsen. Dieser Wandel, sowohl in die positive als auch negative Richtung, wirkt aber stets realistisch und ist dabei alles andere als vorhersehbar. Wenn man es genau nimmt, wurde fast jede Figur im Gundam Seed-Universum hervorragend ausgearbeitet und somit ist es ein leichtes mit den vielseitigen Charakteren mitzufiebern. Was ich hier aber nochmal gesondert erwähnen muss, ist dass die beiden Hauptfiguren Kira und Athrun wirklich auffallend differenziert dargestellt wurden. Auch wenn sie eigentlich von Kindesbeinen an Freunde sind, müssen sie sich auf dem Schlachtfeld unerbittlich bekriegen. Natürlich lasten auf deren Schultern jeweils sehr hohe Erwartungen, doch dadurch wird der moralische Konflikt zwischen Pflichterfüllung und Freundschaft noch weiter verstärkt. Dank diesen und eben unzähligen weiteren grandiosen Figuren beweist Gundam Seed auf eindrucksvolle Art und Weise wie hervorragend Charakterentwicklungen in Serien aussehen können.
Auch die durchweg fesselnde Geschichte hat eine Menge unerwartete Wendungen zu bieten, wirkt dabei aber auf abstrakte Art und Weise unangenehm aktuell. Diese Punkte zeichnen GS sehr aus und somit verdient sich die Serie das Prädikat Meisterwerk.

Der Soundtrack ist natürlich passend zum Gesamtbild der Serie von allerhöchster Güte. Dramatische Szenen werden musikalisch derart gekonnt begleitet, dass eine emotional ergreifende Symbiose aus Bild und Ton entsteht. Auch die Songs sind richtig tolle Ohrwürmer geworden. Ich jedenfalls habe fast immer wieder die Opening und Ending Themes durchlaufen lassen.

Die Animationen sind dann aber der einzige kleinere Kritikpunkt an Gundam Seed. Auch wenn mir gerade die Charakterdesigns wieder sehr zugesagt haben, wirken ein paar wenige CGI-Effekte in den Kämpfen etwas aufdringlich. Glücklicherweise wird aber nur sehr sparsam damit umgegangen wodurch man das locker verschmerzen kann. Auch das ein oder andere Szenen-Recycling hält sich zwar zugegeben stark in Grenzen, fällt aber dennoch bei den wenigen verwendeten Szenen auf. Für einen Abzugspunkt reichen diese minimalen Schönheitsfehler auf dem Papier natürlich nicht aus. Dafür sind sie einfach zu unbedeutend.

Der Krieg ist in der Lage den Blickwinkel der Menschen komplett zu verzerren. Und wenn die moralischen Bedenken erst einmal durch die Wirren verschwunden sind, ist man sogar dazu fähig seinen besten Freund zu töten.


Mein Schlusswort:
Gundam Seed hat sich neben Evangelion zu einen meiner absoluten Lieblings Mech-Animes gemausert. Angefangen bei der unglaublich durchdachten wie auch hochkomplexen Geschichte, bis hin zu den grandiosen Figuren bietet GS wirklich alles was sich ein Serienjunkie nur wünschen kann. In den üppigen 50 Folgen gibt es nahezu keine Verschnaufpause, das Gegenteil ist Fall. Seit langem wurde ich nicht mehr in dieser Form mitgerissen. Hier habe ich tatsächlich mein zweites Evangelion entdeckt. Ich bin begeistert.

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