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Unweigerlich hört oder liest man hin und wieder von irgendwelchen unsäglichen Online-Challenges, die vom blöden Tänzchen bis dahin reichen, sich Eiswasser über den Körper zu schütten. Im Jahr 2015 nahm die „Blue Whale Challenge“ jedoch krasse Formen an, als im Zuge immer extremer werdender Herausforderungen ganz am Ende der Tod durch Selbstmord stand. Dieser Ausgangslage nimmt sich Regisseurin Anna Zaytseva an.

Dana (Anna Potebnya) versucht die Hintergründe des Suizides ihrer jüngeren Schwester zu ergründen. Auf ihrem Rechner entdeckt sie die Mitgliedschaft in einer ominösen Social Media Vereinigung, die mit extremen Herausforderungen lockt. Dana registriert sich dort umgehend und setzt sich im Zuge ihrer Ermittlungen mehr und mehr verhängnisvoller Gefahren für Leib und Leben aus…

Die Inszenierung ist voll und ohne Ausnahme auf den Bildschirm fixiert, also Screenlife nonstop via Desktop oder Mobiltelefon. Vieles spielt im Wohnzimmer der Hauptfigur oder beim entsprechenden Gesprächspartner, einige Szenen auch außerhalb, denn Dana scheint geradezu rund um die Uhr online zu sein und legt ihr Handy selbst in prekären Notlagen nicht aus der Hand. Dies führt zwar zu einigen Unglaubwürdigkeiten, entwickelt jedoch eine überraschende Sogwirkung, zumal die Erzählung von der ersten Minute an ein ziemliches Tempo vorlegt.

Dankenswerterweise wurden die Texte direkt ins Deutsche verfrachtet, da Kyrillisch für die meisten mit Kryptisch einhergehen würde. Diverse Splitscreens führen allerdings zu einem manchmal hektischen Aufkommen, da einiges fast gleichzeitig gelesen werden muss und manches im Zuge des Scrollens rasch wieder verschwindet. Auf Dauer strengt die Chose auch ein wenig an.

Der Online-Horror impliziert durchaus einige verstörende Szenen, die zarte Gemüter eventuell belasten könnten und damit ist noch nicht einmal die düstere Maske des Initiators gemeint. Momente jugendlicher Verzweiflung und Ausweglosigkeit bilden das Resultat von Manipulation und Ausbeutung, was weit über das gängige Mobbing hinausgeht. Jedoch liegt es Zaytseva fern, zu belehren oder zu verteufeln, sondern lediglich aufmerksam zu machen.
Dies beginnt schon bei gehässigen Kommentaren einiger User, die in demütigenden Momenten ihr wahres Ich offenbaren.

Spannend gestaltet sich die Chose nicht nur aufgrund des latenten Zeitdrucks und der immer wieder gesteigerten Herausforderungen, sondern weil Dana aufgrund ihrer jungen Jahre alterstypische Fehler macht. Zudem gibt es ein, zwei direkte Konfrontationen, während das Ratespiel um den Drahtzieher leider etwas zu früh offensichtlich wird.

Darstellerisch steht natürlich klar Potebnya im Vordergrund, die ein rundherum glaubhaftes Spiel absolviert, wobei auch den übrigen Beteiligten nichts anzukreiden ist. Der Score, der sich vornehmlich zurückhält, ist ebenfalls sauber und stimmungsvoll abgestimmt, wogegen einige Wackelaufnahmen bei Temposzenen zwar authentisch rüberkommen, aber auch eine entsprechend wenig übersichtliche Situation widerspiegeln. Dennoch ein ansprechender Online-Thriller, der sein Potenzial mehrheitlich nutzt und ein solides Maß an Suspense zutage fördert.
7 von 10

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