Eröffnungsfilm der beim vorwiegend älteren und gesetzten Publikum recht beliebten und entsprechend langlebigen Reihe um den katholischen Pfarrer Braun, der nicht nur die Lehren der Kirche nach außen an die Mitmenschen trägt, sondern auch aus eigener Kraft und Interesse für die Gerechtigkeit auf etwas andere Art und Weise sorgt. Angelehnt ist diese Herangehensweise und die Reihe natürlich schon im Titel und spätestens der musikalischen Untermalung von Martin Böttcher an die entsprechenden Filme Das schwarze Schaf und Er kanns nicht lassen, in denen Heinz Rühmann die bis heute im deutschen Raum mit Abstand bekannteste Darstellung der literarischen Figur nach G.K. Chesterton zum Anlass von zwei auch vortrefflich gealterten Kriminalkomödien nahm. Bereits beginnend dort wird hier das Geschehen allerdings komplett eingedeutscht, sprich auf die Modernität und das Zeit- und Lokalkolorit der Gegenwart modifiziert, aus dem 'Brown' das 'Braun' und zusätzlich noch der Vorname Guido und als dessen Personifikation der Volksschauspieler Ottfried Fischer und seine spezielle leibesfüllende Verkörperung als neuer Aufhänger einer neuen Filmserie gewählt:
Schon durch seine Einmischungen in die Verbrechensaufklärung strafversetzt verbannt als Gefängnispfarrer nach Hamburg/Fuhlsbüttel, verhilft Guido Braun [ Ottfried Fischer ) dem dort unschuldig einsitzenden Armin Knopp [ Antonio Wannek ] zur Freiheit, was prompt von oben, von Bischof Hemmelrath [ Hans-Michael Rehberg ] mit dem nächsten Umzug quittiert wird. Zusammen mit seiner Haushälterin Margot Roßhauptner [ Hansi Jochmann ] und dem als Messdiener nachfolgenden Armin gelangt Braun auf der winzigen Nordseeinsel Nordersand. Verbrechen sollen dort laut der ihn willkommen heißenden wenigen Anwohner wie der Ornithologe Dr. Hermann Teusch [ Tilo Prückner ], dem Kommissar Geiger [ Peter Heinrich Brix ] oder der Pastorin von der Konkurrenz, Maike Jessen [ Ursula Buschhorn ] so gar nicht passieren. Doch bald und zu seiner eigenen Neugier Freude stolpert der Geistliche über die tote und schwerreiche Witwe Groenewold [ Eva-Maria Hagen ]. Angeblich ein Unfall...
Mit gut ein Jahrzehnt Bestand und etwas über zwei Dutzend Werken hat sich auch dieses Szenario als beispielhaft für die (nicht immer leicht zu verstehende) Beliebtheit von Fischer, wenn auch nicht ganz in den Sphären dessen eigenen Der Bulle von Tölz, sondern so etwas im Halbschatten des großen Bruders vielleicht bewährt. Fischer ist in seiner Form auch eindeutig das Zentrum der Handlung, die Person, um die sich alles dreht, was bei wechselnder Sympathie zu dem Schauspieler, den man mögen kann, aber nicht muss, die jeweiligen Arbeiten auch stark abhängig von der Gewöhnung an das (Nicht)Spiel, besonders auch das Vortragen von Monologen abhängig machen kann. Gerade später auch gezehrt von langer Krankheit, schon vorher mit einem recht versteinert wirkenden Gesicht, einer oft monotonen Sprechweise und der allgemeinen Unbewegtheit als ruhender Fels in der Brandung vertagt, findet die Erzählung auch bereits hier in der Eröffnung kreisend um ihn herum statt. Wo er hinkommt, ist die Veränderung, und da können die obersten Vorgesetzten des Pfarrers die jeweilige Versetzung noch und nöcher anstreben; aus dem Weg gehen kann man den Schicksal und dem Unvermeidlichen nicht. [ Die jeweilige Verärgerung der Kirche um die Umtriebe ihres Geistlichen stammt nicht vom Schriftsteller, sondern aus den Filmen von Axel von Ambesser und wurde hier analog dazu als wiederkehrendes Motiv für jeweils neue Wirk- und Drehorte übernommen.]
Wie im Wissen um die Ruhe in der Kraft, der vorausschauenden Popularität und der Langlebigkeit der Spielfilmserie wird die Pilotfolge „Der Siebte Tempel“ auch tatsächlich als Pilot geschrieben und inszeniert; als längere Einführung, die die Grundsteine für Späteres legt, dem eigentlichen Krimiplot dafür wenig bis erst nur zögerlich Aufmerksamkeit und vielleicht insgesamt die letzte halbe Stunde, das letzte Drittel mehr Beachtung schenkt. Zuvor wird das Milieu von Hamburg und die bisherig letzte Wirkstätte des Pfarrers, ein Gefängnis, die Abnahme der Messe für die im Strafvollzug Eingesperrten und das Dilemma eines Beichtgeheimnis und dessen Umgang und Umgehen gezeigt. Im Grunde ist man mit der prompten Bestrafung, die auf dem Fuße folgt und dessen Verlegung von der Hansemetropole auf die beschauliche Meeresinsel erst einmal heilfroh, denn zuviel Gesellschaft und städtischer Fortschritt und Zivilisation (und Degeneration) braucht es bei dem Feierabendkrimi auf den Öffentlich-Rechtlichen sicherlich nicht. Bei der Ankunft auf das fiktive Nordersand, dass auch nur per Schiff und in ähnlichen Einstellungen wie bei der '62er Variante inszeniert erreicht werden kann, ist das tiefe Durchatmen angesagt, wird den bald wiederkehrenden und noch lange bleibenden Charakteren des Braun, seinem Mädchen für Alles, der 'Roßhauptnerin', seinem Messner und dem Hauptkommissar jeweils immer nur kurze Andeutungen auf Mehr, auch viele Nichtigkeiten, die harmlose Entspannung eben zugesagt, passiert eigentlich außer wenigen Kennenlernen, hier und da ein paar Vermutungen und dann der Mordfall oder auch nicht als finales Zugeständnis an das Genre so sonderlich viel nicht. Wo der Löwe noch neben dem Lamm liegt.
So ist zwar die Lokalität interessant, flach, feucht, windig, ein abgeschottet Eiland mit einer Handvoll Mensch und ansonsten nur Meer, Strand und Getier, die Bilder der Gegend, hier und auch für Folge 2 Das Skelett in den Dünen tatsächlich aufgenommen in Greetsiel und Pilsum für die gerne an See Reisenden und die frische Brise genießen Wollenden einladend pittoresk. Auch plätschert das Skript unangestrengt und unanstrengend für den Zeit und Muße dafür habenden Zuschauer fröhlich vor sich her, hat man sich mit den anderen Verfilmungen aber ein hohes Ziel und mit der eingangs direkt in die Kamera gehaltenen Gebundenen Ausgabe von "Mit der Wissenschaft auf Verbrecherjagd" nach Brian H Kaye, also der informativ und anekdotenhaft und gleichzeitig wissenschaftlich herangehenden Beschreibung von Kriminaltechnik eine ebensolche unerreichbare Meßlatte gewählt. Stattdessen gibt es hier Pferdekutschenrennen am Strand, die ein besseres Flirtabenteuer für den frisch auf dem Knast Entlassenen und der wohl ebenso 'ausgedursteten' Pastorin des Ortes darstellt, ein wenig Geschmunzel hier und da, etwas Snack und etwas Platt und Gestöber in den Geheimnissen des abgelegenen Ortes, was irgendwann und irgendwie auch auf den Fang des Mörders und die Klärung des bis dato ominösen Titels hinführt.