Wo die Popcornmovies umgehen, ist man für ein handfestes Skelett im Kleiderschrank schon dankbar und deswegen ist die Idee hinter „The Gathering“ auch wie eine Blume in der Wüste. Der Film zur Idee ist zwar nicht ganz so gut, aber immerhin sättigend. Allerdings muß man mit dem Etikettenschwindel „Horror“ hier nicht buchstäblich umgehen, der Film ist ein Mystery-Thriller mit Bibeltouch und leichten übernatürlichen Elementen, bei denen man ganz gut gruseln kann.
Klingen tut der „Pitch“ jedoch wunderbar: in einer englischen Kleinstadt wird eine verschüttete Kirche aus dem 1.Jahrhundert nach Chrsti gefunden und dort drinnen eine seltsame Kreuzigungsszene, die u.a. die Gaffer der Kreuzigung zeigen. Gleichzeitig beginnt eine junge Touristin nach einem Autounfall genau diese Personen in der Stadt zu sehen, die als ewig verfluchte Schaulustige zu großen bevorstehenden Katastrophen herbeiströmen.
Eingebettet in die schön ländliche Gegend bei Glastonbury entblättert sich diese Mysterium dann nach und nach vor dem Zuschauer. Dazu kommt noch, daß die Touristin Cassie (eine leicht unterforderte Christina Ricci sieht dafür superniedlich aus) Visionen hat, in welchen ein ehemaliges Kinderheim und der Sohn ihres Gastgebers eine Rolle spielen.
Dabei wird nicht mit Versatzstücken des Genres gespart, reichlich Visionen, Verstümmelungen, geisterhafte Stimmen aus der Vergangenheit. Im Zusammenhang sehr handfest, wenn auch die Szenen eher wirken, in denen ein Geistlicher aus allen möglichen Quellen der Geschichte die Wahrheit über die Gaffer Christi ans Licht befördert.
Zu einem großen Genrevertreter fehlt dem Film allerdings das eine oder andere.
Da wäre zum einen, daß das Mystische und Unheimliche nicht genug betont wird. Zu schnell und direkt werden die Gaffer in der Realität eingeführt. Sie sind einfach da und stehen im Hintergrund, fertig. Ein langsames Vermehren der Menge, ein Wiedererkennen des einen oder anderen Gesichtes, einige unerwartete Kameraüberraschungen hätten Wunder gewirkt, aber hier verschenkt der Film Potential.
Ferner kann das Drehbuch mit den Chancen der Story nichts anfangen. Was am Ende als große bevorstehende Katastrophe herhalten muß, ist einfach zu banal bzw. nicht „groß“ genug, um wirklich zu überzeugen. Die Parallelen des Kirchenfunds mit dem Fresco und das Auftauchen der Figuren in derselben Stadt wird nie zu einem Ereignis gebührender Größe zusammengeführt und hat so gar nichts Mystisches, sondern basiert bloß auf einer simplen Rachegeschichte wegen Kindesmißhandlung.
Ferner verschenkt das Buch einige eventueller Höhepunkte, wie eben mal wieder eine Enthüllung, die den Film für manchen Journalisten in die Nähe von Werken wie „Sixth Sense“ oder „The Others“ rückt, aber dennoch anders ist. Interessanterweise lotet das Buch die Dimension dieses Aha-Erlebnisses in der entsprechenden Szene aber gar nicht aus, sondern läßt die Diskussion zweier Figuren mit unwichtigeren Dingen weitergehen.
Eine weiteres Loch entsteht, als Cassie auf einem Foto etwas Unglaubliches entdeckt (ohne daß der Zuschauer das Betreffende sehen kann), dann aber am nächsten Tag erst fröhlich mit den Kindern spielt, bis sie der betreffenden Person zufällig über den Weg läuft und das Thema plötzlich wieder brandaktuell ist.
Auf jeden Fall hätte der Bibelgrusel zum Schluß in der Katastrophenfrage einfach etwas mehr Mystik haben können, so daß verschiedene Handlungsstränge nebeneinander bestehen, bloß um den Zuschauer aufklären zu können, aber nicht um erzählerisch homogen zusammenwachsen zu können.
Vielleicht ist aber auch Brian Gilbert dafür nicht der Richtige, denn die Regie patzt hier noch am meisten, ist offensichtlich nicht mit einem Händchen für das Übernatürliche gesegnet.
Die Montage der Szenen bricht immer wieder mit der Spannungskurve, läßt Figuren Gesehenes nicht gebührend nachverfolgen, läßt andere Figuren im Raum stehen und gibt ihnen nicht genug Tiefe. Alle scheinen hier nur wegen der Story zu funktionieren, kommen aber im Drehbuch nicht genug zur Geltung. Dagegen stehen die brauchbaren Leistungen der Akteure und retten mit ihren frischen, unverbrauchten Gesichtern so einiges, auch wenn nichts Oscarverdächtiges dabei ist.
Wenn aber sich unheimliche Nachtvisionen ohne Konsequenz mit freundlichen Frühstücksszenen abwechseln; wenn die Ricci drehbuchgemäß aus bloßer Unruhe über ein Auto und seinen Besitzer sofort in ihn einbrechen will; wenn unheimliche Ansätze mehrfach nicht zuende gedacht werden, dann wünscht man sich, ein auf unheimlichen Sektor begabterer Regisseur hätte hieraus ein nettes mystisches Kleinod gemacht.
Das Ende schließlich (nicht der Showdown) wirkt etwas unausgegoren, daß er erst ein unausweichliches Schicksal vorgaukelt, um dann ein positiveres Ende nachzuschieben, das man eh schon erwartet hatte.
Trotzdem bleibt diese kleine B-Produktion über dem Durchschnitt und bietet dem oft formelhaften Genreoutput endlich eine kleine Alternative.
Wäre nur die Frage, wieviel besser der Film mit einem runderen Buch und einem talentierteren Team hätte ausfallen können. (6/10)