Review

„Wenn man eine ganze Kirche vollständig begräbt, dann muss es einen Grund dafür geben!“

„The Gathering“ aus dem Jahre 2002 ist ein sich der christlichen Mythologie bedienender Mystery-Thriller, der in britisch-US-amerikanischer Koproduktion unter der Regie Brian Gilberts („Nicht ohne meine Tochter“) entstand.

Im Südwesten Englands stürzen zwei Jugendliche durch ein Loch im Boden in eine Höhle, die sich bei Restaurationsarbeiten als vergrabene Kirche entpuppt, in der die Kreuzigung Jesus Christus’ mitsamt einiger ungerührt starrender Zuschauer nachgestellt wurde. Die Frau des Restaurators (Stephen Dillane, „Déjà Vu“), Marion Kirkman (Kerry Fox, „Intimacy“), fährt unterdessen die Touristin Cassie Grant (Christina Ricci, „Monster“) an, die daraufhin unter einer Amnesie leidet. Sie wird von den Kirkmans zuhause aufgenommen und fortan von unheimlich Visionen geplagt, in denen immer wieder die Gesichter aus der Kreuzigungsszene auftauchen. Sie spürt, dass eine Katastrophe naht, doch kann all die Bilder nicht richtig zuordnen...

Christina Ricci in einem okkulten, in England angesiedelten Mystery-Thriller? Das macht neugierig. „The Gathering“ beginnt dann auch direkt mit supermorbiden, grausamen Höhlenkulissen, die Lust auf mehr machen. Typische dramatische Musik, angereichert durch sakrale Gesänge, begleitet schließlich die etwas abgemagert wirkende Ricci akustisch durch die schönen, für einen Mystery-Thriller prädestinierten Bilder des ländlichen Englands und die vereinzelten, unvermittelt auftauchenden Gruselszenen. Doch wenn man sich schon an einem bei gedrosseltem Tempo erzählten Film dieser Art versucht, sollte man dramaturgisch und inszenatorisch sorgfältiger vorgehen, als es Gilbert tat, der relativ uninspiriert eine Szene an die andere zu fügen scheint und dem Zuschauer mal zu wenige, mal zu viele Informationen an die Hand gibt, um einen spannenden Handlungsaufbau zu ermöglichen. Ein Film dieser Art funktioniert in der Regel über heraufbeschworene, über einen gewissen Zeitraum aufrecht erhaltene Stimmungen und nicht über abrupte Schnitte, in deren Folge der Film atmosphärisch stets bei Null zu beginnen scheint.

Um das zu kompensieren, hätte es neben der gewohnt kompetent aufspielenden Ricci und den restlichen soliden bis guten Schauspielern eine gute Geschichte gebraucht, die nicht schon derart früh beinahe ihr gesamtes Pulver verschießt und sich lediglich durch die wenig überraschende Pointe noch etwas fürs Ende aufbewahrt. Denn die beiden großen Clous, über die „The Gathering“ zu verfügen vorgibt – das Geheimnis um die Gesichter aus der Kreuzigung und die Rolle Cassies in dem ganzen Verwirrspiel –, erweisen sich als keine; stattdessen dienen sie einer aufdringlich moralistischen, christlichen Mär über bei Unglücken gaffende Mitmenschen, die daraufhin jahrhundertelang verflucht wurden und deren einzige Chance darin besteht, es in ihrem untoten Geisterdasein irgendwie wieder gut zu machen. Ächz...

Die völlige Kritiklosigkeit, mit der diese Art göttlichen Fluchs nicht nur aufgegriffen, sondern verdammt weit hergeholt als Grundidee für diesen Film herangezogen wird, wirkt wie aus dem Fahrwasser autoritärer, konservativer religiöser Kreise, die in einem phantastischen Film mit Horror-Versatzstücken nicht viel verloren haben. Zieht man die missglückte Geschichte bzw. ihre Moral ab, bleiben knapp eineinhalb Stunden eine Ricci, der es wie üblich Spaß macht, zuzusehen, viel angenehmes Lokalkolorit und gerade zu Beginn großartige Kulissen. Als Mystery-Fast-Food für zwischendurch zu gebrauchen, was allerdings vermutlich komplett gegen die Intention des Films gehen würde.

Details
Ähnliche Filme