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Ein Totentanz, in den sich vier Figuren miteinander verstricken, von der keine die andere versteht, obwohl sich zwei von ihnen gegenseitig zu lieben glauben (John Getz und Francis McDormand), beide wiederum von der dritten gehaßt werden (Dan Hedaya), die deswegen an die vierte (M. Emmet Walsh) mörderische Aufträge vergibt, deren Ausführung letztere zu ihrem Eigennutz durchaus anders gestaltet als vom Auftraggeber vorgesehen. Die Kommunikation verglüht in der schwülen Luft, die so dick ist, daß sie die allgegenwärtigen Deckenventilatoren fast zum Stillstand bringt. Keiner der handelnden Personen gelingt es, den von ihnen in Gang gesetzten Ablauf der Ereignisse zu durchschauen. Fehlinterpretationen von vorgefundenen Situationen und den Intentionen des Gegenübers sowie allgegenwärtiges Mißtrauen setzen eine blutige, tödliche Spirale in Gang. Kaum gewinnt einer der Handelnden einen Funken Erkenntnis, wird dies mit dem Tod bestraft, selig sind nur die Unwissenden, denn sie überleben. Untermalt von einem genial-minimalistischen Score von Carter Burwell und einer immer präsenten, grummelnden, pumpenden, flirrenden, piependen Tonkulisse aus atmosphärischen Geräuschen, wirkt Blood Simple permanent bedrohlich. Den leichten Kontrapunkt dazu bildet die detailverliebte, neugierige Kamera Barry Sonnenfelds: sie fährt - häufig in Bodenhöhe oder aus der Vogelperspektive – die Sets ab, schwebt einen endlosen Tresen entlang, überklettert dabei mehr oder minder elegant einen Betrunkenen, der auf seinem Barhocker weggeduselt ist und hält die Zuschauer keck über all das auf dem laufenden, was die Protagonisten nicht begreifen können. An der Seite des Zuschauers steht dabei eine fünfte Person, die als einzige so etwas wie gesunden Menschenverstand zu besitzen scheint, aber mit ihren halbherzigen Versuchen scheitert, den Gang der Ereignisse in die Bahnen der Vernunft zu leiten. Natürlich ist das in der klimatisch, geografisch und menschlich beschränkten texanischen Umgebung ein Farbiger (Samm-Art Williams), dessen Lieblingssong und Leitmotiv („Same Old Song“ von den Four Tops) immer wieder erfrischend den bedrohlichen Soundtrack unterbricht, und nach der Schlußeinstellung dem gerade miterlebten perfekt inszenierten, grotesken und absolut makabren Showdown ein musikalisches Hohngelächter hinterherschickt.
Trotz, oder gerade wegen des Schnürsenkelbudgets von einer Million Dollar ist Joel und Ethan Coen mit Blood Simple ein überzeugender  Debütfilm gelungen, dem man ein paar wenige dramaturgische Holperer und technische Schwächen gerne verzeiht, denn der schwarzhumorige Einfallsreichtum und die erstklassige Montage des Materials machen das mehr als wett. Ich gehe soweit zu behaupten, daß die Coens als etablierte Filmemacher höchstens mit dem ähnlich gelagerten Fargo nochmals in die Nähe des Kreativitätslevels gekommen sind, welches Blood Simple auszeichnet. Die späteren Werke mögen ausgetüftelter, edler, optisch ansprechender daherkommen, aber nichts geht über die frische, rohe Kraft ihres abendfüllenden Erstlings.

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