Mit „Being John Malkovich“ und „Adaptation“ hatte Charlie Kaufman zwei ungewöhnliche, aber ziellose Kopfgeburten aufs Publikum losgelassen, seine erste Kooperation mit Michel Gondry, „Human Nature“, wurde vorsorglich in den Archiven versteckt, doch mit „Vergiß mein nicht!“ konnte der Regisseur Kaufmans Drehbuch in die richtigen Bahnen lenken.
Narrativ ist „Vergiß mein nicht!“ aber nur geringfügig weniger eigenwillig als die vorigen Kaufman-Sachen und liefert bereits zu Beginn eine Szene, die man als Kennenlernen von Joel (Jim Carrey) und Clementine (Kate Winslet) interpretieren könnte, haut dann nach einer ganzen Weile erst die Credits raus und verunsichert den Zuschauer, da er erfährt, dass das Kennenlernen der beide anders ablief. Es folgt ein Gemisch aus Zeit- und Realitätsebenen, dass es in sich hat.
Joel erfährt nämlich, dass seine Ex-Freundin Clementine ihn aus ihren Erinnerungen hat löschen lassen, was eine neuartige Firma ermöglicht. Joel will nun das gleiche tun, um den Schmerz zu vergessen...
Von da folgt der Zuschauer Joel meist rückwärts durch seine Erinnerungen (doch auch hier gibt es immer wieder Schlenker und Einschübe), der bald merkt, dass es auch schöne Momente gab, in seiner Hilflosigkeit die Prozedur aber nicht abbrechen kann. „Vergiß mein nicht!“ schließt folgerichtig mit der Moral, dass den Kopf täuschen und manipulieren kann, das Herz hingegen nicht. Und dies war vielleicht auch das Problem einiger voriger Kaufman-Scripts: Zuviel Kopf, zuwenig Herz.
Von daher hat „Vergiß mein nicht!“ einige wunderbar emotionale Momente: Der betäubte Joel wehrt sich innerlich gegen die Behandlung, in der Realität läuft lediglich eine Träne das Gesicht herunter – ebenso simpel wie schön zugleich offeriert „Vergiß mein nicht!“ hier die Mischung aus Leiden und Hilflosigkeit. Schließlich steckt auch im Herzen der eigenwilligen, phantastischen Geschichte ein Themenkomplex, den jeder kennt: Die Trennung von einem geliebten Menschen und wie man damit umgeht.
Die Reise in Joels Kopf mag sich dabei bisweilen etwas wiederholen, doch bevor dies zu einem großen Problem des Films wird schwenkt „Vergiß mein nicht!“ zu interessanten Subplots um die Mitarbeiter der Firma, die ihr Tun zwar gern als Wohltat verkaufen, aber selbst schon einigen Schmu damit getrieben haben. So offenbart sich auch hinter der anfangs extrem eindimensional scheinenden Mary (Kirsten Dunst) bald ein komplexerer Charakter, als man zuerst annehmen mag.
Verpackt ist das Ganze dann noch in ein stimmiges visuelles Konzept – wie eigentlich alle Filme aus dem Dunstkreis von Gondry und Kaufman. Sehr schön ist das Auslöschen der Erinnerungen dargestellt, was „Vergiß mein nicht!“ extrem bildlich umsetzt: Schriftzüge verblassen, Personen blurren und Teile des Bildes verschwinden einfach. Ein paar der abstrusen Momente wie z.B. der Versuch sich in einer Kindheitserinnerung zu verstecken, scheinen zwar in erster Linie für besonders schräge Effekte oder ein paar Lacher da zu sein, was aber nicht groß stört.
Auch Jim Carrey nimmt sich mal wieder sehr zurück: Kein Grimassieren, keine One-Man-Show, sondern eine wirklich eingängige Studie des gebrochenen Joel. Kate Winslet als impulsive Angebetete ist da aber nicht minder gut und auch die Nebendarsteller wie Kirsten Dunst, Mark Ruffalo und Tom Wilkinson sind auf ihrem Level. Nur Elijah Wood kann nicht ganz mithalten, was aber auch an seiner Rolle liegen kann, die etwas diffus zwischen Sympathie-, Mitleids- und negativer Figur schwankt.
„Vergiß mein nicht!“ mag in seiner Geschichte weniger komplex als mancher vergleichbare Film sein, doch Gondrys Werk funktioniert vor allem als wunderbar emotionale Abhandlung über Liebe und Trennungsschmerz, die noch dazu sehr schick bebildert ist.