DARK ANGEL: THE ASCENT, von Charles Bands Full Moon Entertainment kostengünstig in Rumänien gedreht, sollte - wie der Untertitel vermuten läßt - höchstwahrscheinlich der erste Teil eines neuen Franchises werden, doch aufgrund von Lizenzstreitigkeiten mit Paramount wurde daraus nichts (und in Anbetracht der endlosen Fortsetzungen von TRANCERS und PUPPET MASTER kann man darüber auch froh sein!). Stattdessen wanderte der Film nach seiner Videoauswertung zunächst ins Archiv und erschien lediglich stark gekürzt als halbstündiges Segment der Anthologie TOMB OF TERROR auf DVD.
Inzwischen kommt man dank Retrofilm zumindest in Deutschland in den Genuß der vollständigen Fassung des Films, der von vielen als eine der besten Full Moon-Produktionen angesehen wird.
Nun muss man zugeben, daß man DARK ANGEL zwar sein niedriges Budget ansieht - man kann ein rumänisches Kaff schlecht als amerikanische Kleinstadt verkaufen - eine ungewöhnlich originelle Grundidee tröstet aber über diesen Umstand hinweg. Denn welcher Film bietet schon christlich-fundamentalistische Teufelinnen auf Charles Bronsons Selbstjustizspuren?
Besagte ziemlich attraktive Teufeline Veronica kommt tatsächlich direkt aus der Hölle, wo ihr das Hieronymus-Bosch-Ambiente aus Folter und Quälerei nicht so recht behagen wollte und läuft zunächst einmal vor ein Auto, um sich im Krankenhaus in ihren behandelnden Arzt zu verlieben. Spätestens als sie den Fernseher einschaltet ist sie entsetzt ob der moralischen Verkommenheit der Welt, wobei es ihr vor allem eine rassistische Bürgermeisterkarrikatur angetan hat. Also nimmt die gute Böse die Sache selbst in die Hand und sorgt für einige Verbrecherleichen.
Diese reichlich absurde Ausgangssituation nutzt Regisseurin Linda Hassani, um mit dem puritanischen Selbstverständnis der amerikanischen Gesellschaft einen recht subversiven Spaß zu treiben. So wird die Hölle zwar von Abtrünnigen bevölkert, die dereinst gegen Gott aufbegehrten, gleichzeitig sind diese Abtrünnigen aber doch Erfüllungsgehilfen des göttlichen Planes, da ihnen die Bestrafung der Sünder obliegt. Konsequent wird Familie Teufel daher auch beim gemeinsamen (kannibalistischen) Abendessen inklusive Tischgebet gezeigt und das Hundi "Hellraiser" darf auch nicht fehlen. Grund für Veronicas ascent ist der klassische Vaterkonflikt sowie das Aufbegehren gegen die Gesellschaftsordnung - es wurden lediglich die Ausgangsbedingungen in ihr Gegenteil verkehrt; anstatt aus Protest gegen die kleinbürgerliche Moral den Weg des Lasters einzuschlagen rebelliert Veronica durch ihre Sehnsucht nach einem gottgefäligen Leben.
Ihre Aufräumaktion in der sittlich verkommenen Oberwelt hingegen spiegelt das uramerikanische Vertrauen in die "regeneration through violence" wider - eine Gratwanderung zwischen den Tugenden des aufrechten Westerners, der wo das Gesetz abwesend ist selbiges in die eigene Hand nimmt einerseits, und den Verirrungen gefährlicher religiöser Fanatiker, wie man sie aus einschlägigen Thrillern wie SE7EN kennt. Im weiteren Verlauf lernt Veronica jedoch, daß man Bösewichten nicht immer gleich die Wirbelsäule herausreißen muss, sondern daß sich so mancher auch durch die Aussicht aufs Fegefeuer zu einem moralischeren Lebenswandel bekehren läßt. Neben dieser Betätigung als Racheengel (bzw. -teufel) kommt Veronica außerdem noch die Aufgabe zu, den in einer angedeuteten Sinnkrise steckenden Arzt Max, der einem verletzen Räuber das Leben rettet, während eine Bahre weiter das Überfallopfer stirbt, auf den rechten Weg zu führen (wie immer der aussehen mag). Hierzu schleppt sie ihn dann allerdings in ein Pornokino und verleitet ihn zu unehelichem Sex - anscheinend unterliegen auch beinharte Puritaner in dieser Hinsicht einem gewissen Wertewandel (andererseits ist Veronica ja aber auch alles andere als eine Heilige, wie ein bei Berührung in Flammen aufgehendes Kruzifix belegt).
Insgesamt hätte ich DARK ANGEL aufgrund dieser ungewöhnlichen Prämisse ein etwas größeres Budget gewünscht, denn vor allem der Score klingt äußerst sparsam und auch optisch sieht der Film trotz der relativ gelungenen Höllenszenen wenig innovativ aus. Das Drehbuch ist natürlich trotz netter Ideen auch nicht gerade der Weisheit letzter Schluß und setzt statt auf Spannung auf etwas zuviel pseudotheologisches Gelaber, aber unter Berücksichtigung der Tatsache, daß es sich es sich bei DARK ANGEL: THE ASCENT nuneinmal um hastig heruntergekurbelte Videothekenware handelt, ist das Endergebnis einfach erfrischend anders und für Genrefans, die nicht gerade einen Multimillionen-Dollar-Blockbuster zum Bewertungsmaßstab machen, durchaus ansehbar.