1998 war nicht nur mit der Erfolgsserie „Buffy“ und den Kinohits „Blade“ und „John Carpenters Vampire“ Jagd auf Blutsauger angesagt, auch der TV-Film „Revenant – Sie kommen in der Nacht“ wollte da gerne noch sein Stück vom Kuchen abhaben.
In diesem B-Picture ist Los Angeles das Epizentrum des Vampirismus, wobei der Großteil der Blutsauger als eine Art High Society lebt, die sich zwar fröhlich durch die Menschenwelt beißt, die Überreste aber diskret von einem Reinigungsservice beseitigen lässt oder sich direkt in einem eigenen Vampirclub an den armen Opfern labt. Wie genau diese Vampirwelt funktioniert und ob nicht irgendwem die Massen an verschwundenen Menschen, die in jeder zweiten Szene ausgesaugt werden, doch irgendwann auffallen, daran verschwendet das Drehbuch von Matthew Bright keine großen Gedanken. Wichtig ist nur: Vampire wie die Streunerin Nico (Natasha Gregson Warner), die als Prostituierte getarnt Freier aussagt und die Leichen liegen lässt, gefährden das geheime Untergrund-Dasein der Untoten.
Als Dallas (Casper Van Dien), seines Zeichens Vampir mit Rebellenattitüde, wieder nach L.A. zurückkehrt, wird er von Freunden wie Ulrike (Kim Catrall), Vincent (Udo Kier), Richard (Craig Ferguson) und Panthia (Natalya Andreychenko) herzlich aufgenommen, doch der vorherrschende Graf (Robert Pastorelli) will den Unruhestifter schnell wieder loswerden. Dallas wiederum begibt sich auf die Suche nach der als „Night Slasher“ bekannten Nico, da er deren Tod durch die Hände von Schergen des Grafs oder von Vampirkillern verhindern will. Dass sich der Graf im Verlaufe des Films irgendwann als Graf Dracula entpuppt, ist wenig überraschend, schließlich dreht „Revenant“ fröhlich sämtliche Vampirmythen durch den Wolf.
So kreuzt auch bald der aus Österreich stammende Dr. Frederick Van Helsing (Rod Steiger) auf, der mit Vampiren im Allgemeinen und Dallas im Speziellen noch ein paar Rechnungen offen hat. Damit stehen Los Angeles ein paar ebenso turbulente wie blutige Nächte bevor…
Falls man sich fragt, warum eine sichtlich kostengünstige Horrorkomödie wie „Revenant“ mit Make-Up-Effekten von Rick Baker und einem Theme von Danny Elfman daherkommt, dann ist er Erklärung einfach: Regisseur Richard Elfman ist der Bruder des Letztgenannten. Doch trotz dieser Gefallen durch diese Größen hinter und einige bekannte Gesichter vor der Kamera kann „Revenant“ seine Billig-Herkunft nicht verbergen: Die Sets sind karg ausgestattet, die Anzahl der Locations begrenzt und Los Angeles erscheint regelrecht entvölkert, weil man nur für einzelne Szenen wie die Party im Vampirclub auch mal Statisten und Statistinnen angeheuert hat. Die werden dann auch regelmäßig mal nackt gezeigt, wobei dies weniger mit sinnlicher Vampirerotik zu tun hat, sondern mit Fleischbeschau, was im Kontext dieses Films sogar irgendwie passend wirkt: Die meisten Menschen sind hier nur Snacks für Zwischendurch, die man bei entsprechendem Jieper auch gleich mal im Fünferpack aussaugt.
Dummerweise bedeutet das auch, dass es mit Sympathie- oder Identifikationsfiguren Essig ist: Auch Dallas und Nico sind ziemliche Schlächter, die immerhin ein paar Werte mitbringen, wie man in der zweiten Filmhälfte erfährt. Dummerweise ist das zu spät, um sie noch zu Sympathiefiguren aufzubauen, obwohl dies anscheinend die Intention des Films ist. Van Helsing dagegen ist ein Tattergreis am Ende seiner Kräfte, dem das Drehbuch auch noch auf begrenzt geschmackssichere Art eine Nazi-Vergangenheit andichtet: Er hat Experimente in den Lagern durchgeführt, aber nur an Vampiren, wie er versichert. Im Original presst er dann auch ein paar deutsche Worte über die Lippen und redet Englisch mit entsprechendem Akzent.
Das Drehbuch kommt dabei von Hölzchen auf Stöckchen, enthüllt irgendwann, dass Dallas damals Nico geschaffen hat und sich nun für sie verantwortlich fühlt, was aber ohne eine Wirkung verpufft, da die Charaktere selbst für ein derartiges B-Picture oberflächlich und kaum nachvollziehbar bleiben. Etwa wenn Nico sich auf der Toilette kurz mit Rachel (Natasha Lyonne) unterhält und schon kurz darauf ganz dolle in love mit ihr ist. Oder wenn Van Helsings Crew eine gefesselte Vampirin (immerhin auf deren Aufforderung hin) durchorgelt, die verwandlungstechnisch bereits im „From Dusk Till Dawn“-Endstadium ist. Der Handlungsverlauf ist auch eher egal, es wollen sich halt verschiedene Parteien gegenseitig ans Leder und alle paar Minuten geht auch irgendwer hopps, aber mit Dramaturgie oder klassischem Spannungsaufbau hat das alles nicht viel zu tun.
Dass „Revenant“ aber trotzdem nicht untergeht wie eine Blei-Ente, liegt daran, dass der Film immerhin mit einer ganzen Wagenladung absurder bis beknackter Einfälle daherkommt, von denen nicht alle geschmackssicher sind, was aber auch zum Trash-Charme des Ganzen beiträgt. So rekrutiert Van Helsing seine Crew aus den Reihen der Straßengang Crips, unter der er sich „eine Art Jugendorganisation“ vorstellt, weshalb diese mit großer Klappe, tiefsitzenden Hosen und seitlich gehaltener Wumme auf Vampirjagd gehen. Dass diese dann auch noch auf klischeehafte Namen wie Time Bomb, Soda Pop und Lil‘ Monster hören, versteht sich natürlich von selbst.
Außerdem bietet „Revenant“ dem geneigten Exploitation- und Videothekenpublikum auch einige Schauwerte, die man angesichts seiner TV-Herkunft gar nicht erwartet hätte. Da säbelt man Vampiren in Nahaufnahme die Köpfe ab, das Blut spritzt immer mal wieder, während andere Opfer auch mal gerne bei lebendigem (oder besser gesagt: untotem) Leibe verbrannt werden. Für Action ist auch gesorgt, wenn zu Schrotflinten und Pistolen gegriffen wird oder man sich im Nahkampf auf die Mütze gibt. Inszenatorisch und choreographisch sind die Ballereien und Prügeleien zwar eher im Mittelklassebereich anzusiedeln und konzentrieren sich in erster Linie auf zwei Szenen, aber immerhin ist so für Rambazamba gesorgt.
Mittendrin ist Casper Van Dien, der damals ansatzweise auf dem Weg zum Hollywoodstar war, aber ganz schnell in den B-Sumpf abdriftete. Auch hier liefert er keine Glanzvorstellung, beweist aber immerhin einige Lässigkeit als rebellischer Vampir. Daran mangelt es dagegen Natasha Gregson Warner, die durch eher peinliches Overacting auffällt. Rod Steiger als Tatter-Van-Helsing wirkt auch nur wie ein Schatten seiner selbst, während Kim Catrall ihre übliche Rolle als Verführerin spielt, mit der sie im gleichen Jahr in „Sex and the City“ in Serie gehen konnte. So setzen dann eher Nebendarsteller einige Akzente, darunter Udo Kier als mord- wie vergnügungslustiger Vampir, Craig Ferguson und Natalya Andreychenko als aufgekratztes Blutsauger-Paar und Gabriel Casseus als Vampirkiller-Azubi aus der Hood. In einer eher vergessenswerten Nebenrolle ist außerdem Natasha Lyonne zu sehen.
Es wäre also ein Leichtes „Revenant“ für seinen Mangel an einnehmenden Figuren, seine mäandernde Story, die durchwachsenen Darstellerleistung und manche Geschmacksverirrung zu kreuzigen. Doch gleichzeitig hat Richard Elfmans eigenwillige Horrorkomödie so einige kreativ-krude Ideen, einen trashigen Charme und ein gerüttelt Maß an Schauwerten für die niederen Unterhaltungsinstinkte zu bieten, wodurch die Low-Budget-Produktion trotz ihrer Schwächen noch einen gewissen Unterhaltungswert besitzt.