Review

iHaveCNit: Barbie (2023) – Greta Gerwig – Warner

Deutscher Kinostart: 20.07.2023

gesehen am 19.07.2023 in Dolby Atmos in der Ladykino-Preview

Kinopolis Main-Taunus-Zentrum – Kino 10 – Reihe 9, Platz 11 – 20:00 Uhr

Der Juli 2023 ist irre. Genau eine Woche nach dem für mich aktuell besten Film des Jahres mit dem siebten Teil der Mission-Impossible-Reihe steht das nächste Kino-Start-Wochenende ganz im Zeichen von Greta Gerwigs „Barbie“ als auch Christopher Nolans „Oppenheimer“ Aus der Grundsatzfrage, welchen Film man sich wohl von den Beiden ansehen sollte, hat sich aus einem Trend heraus die Wortschöpfung „Barbenheimer“ ergeben. Da sich diese Grundsatzfrage nicht für mich nicht stellt und ich mir Beide ansehen möchte, war vor der Sichtung von „Oppenheimer“ erstmal die Sichtung „Barbie“ an der Reihe – oder sollte ich sagen Teil 1 von „Barbenheimer“ - und das am Besten in einer stimmungsvollen Preview in der „Ladykino-Reihe“, bei der auch Kens gerne eingeladen sind. Und diesen knallbunten Fiebertraum in Pink sollte man sich im Kino auf jeden Fall ansehen.

Eine stereotypische Barbie lebt gemeinsam mit allen anderen Barbies in Barbieland, in der jeder Tag der beste Tag ever ist und die Barbies Mittelpunkt der Welt sind, wohingegen sich die Kens, von denen der Ken vom Beach in die stereotypische Barbie verliebt ist, sich mit dem Leben als Sidekick arrangieren müssen. Bis sich mysteriöse Zwischenfälle bei ihr ergeben, die sie dazu zwingen, in die echte Welt zu gehen und der Ursache nachzugehen. Mit dabei Ken. In der echten Welt wird es für Beide lebensverändernde Erkenntnisse geben.

Man nehme eine matriarchale Version der Welt von „Don´t Worry Darling“ und verpacke genau das in einer knallbunten Farbpalette, in der Plastik und Pink die Vorherrschaft übernommen haben und so hat man Barbieland erschaffen – natürlich wenn man sich auch mit viel lizenzierten Zubehör des Mattel-Konzerns ausgestattet hat. Klar könnte man rein von dem Gesichtspunkt vorurteilen, dass wir es hier mit einer Produktschau von Barbie und einer massiven Werbekampagne von Mattel zu tun haben, aber dafür haben wir mit Greta Gerwig eine interessante Regisseurin an der Spitze des Projekts, dass bereits seit Jahren einige Anläufe gebraucht hat, bis es letztendlich mit Margot Robbie und Ryan Gosling in den Hauptrollen inszeniert und nun veröffentlicht worden ist. Denn Greta Gerwig ist bekannt dafür, in ihren hauptsächlich von Frauen dominierten Filmen filmisch feministische Gesellschaftskritik einfließen zu lassen Doch bevor ich hier einhake, möchte ich natürlich erst einmal sagen, dass der Film in seiner Ausstattung durchgehend ein audiovisueller Rausch ist, dessen Look aktuell unvergleichbar im Kino ist und den Film auf handwerklicher Ebene – auch im Hinblick auf inszenatorische und kreative Einfälle großartig ist. Schauspielerisch macht das Ensemble Spaß und da ich sowohl sehr viel mit Margot Robbie als auch Ryan Gosling anfangen kann, haben mir beide auch hier gefallen. Inmitten dieses unterhaltsamen Fiebertraums von einem Film, der mich auch an mancher Stelle emotional berühren konnte, hat er jedoch auch einiges an Ballast, den er mit sich herumträgt. In einer unterhaltsamen, knallbunten Komödie von knapp 2 Stunden Themen wie Feminismus, Female Empowerment, Patriarchatskritik, Kritik und Meta-Kommentare zum Kult und gesellschaftlichen Einfluss der Barbie und auch darüberhinaus eine Geschichte zu erzählen und sich mit filmischen Referenzen auszustatten sorgt dafür, dass der Film sehr überladen und unentschlossen wirkt und vieles daher nur eher oberflächlich anreißt – so dass es für den einfachen Gag oder den gefühlsmäßigen kleinsten gemeinsamen Nenner reicht. Darüberhinaus finde ich es aus männlicher Perspektive ein wenig problematisch, wie hier allesamt die Männerrollen dargestellt werden. Böse Zungen könnten hier Misandrie vorwerfen, aber natürlich hilft es auch der Botschaft des Female Empowerment nicht, wenn Männercharaktere vom Grund auf als schwache Idioten, Loser und Chauvinisten dargestellt werden, über die man sich simpel lustig macht und natürlich in der Fallhöhe für Margot Robbies Barbie nie wirklich Schwierigkeiten auftreten. Auch wenn natürlich die Entwicklung von Ryan Goslings Ken als sich in einer platonischen Beziehung befindlicher, auf romantischer und sexueller Ebene frustrierter Mann, der in der echten Welt im übertragenen Sinne die dortige „Rote Pille“ schluckt und zum patriarchalien Aufstand in Barbieland animiert vermutlich ein sehr softer Seitenhieb auf die Incel- und Alpha-Male-Kultur – So hätte Ken auch statt der Bücher und Bilder von Männern auf Pferden und Rocky-Filmplakaten auch vielleicht das ein oder andere Tik-Tok von Andrew Tate anschauen können oder auch zufällig Rollo Tomassis „The Rational Male“ in der Bibliothek entdecken können - auch wenn ich aus persönlicher Sicht das Herunterspielen männlicher Bedürfnisse und dahingehende mangelnde Empathie als problematisch betrachte – genau wie auch die letztendliche Konklussion für Ryan Goslings Ken eher problematisch ist, ist Ken damit eigentlich der Star des Films und Ryan Gosling genau wie Margot Robbie schauspielerische Highlights des Films – der jedoch als oberflächliche Unterhaltung für Frauen auf Kosten der Männer sicherlich einer der ganz großen Erfolge des Jahres und auch ein kommender Kultfilm sein wird. Und vielleicht ist gerade diese Mainstreamlastigkeit des Films genau das, was die eigentlich für feinsinnigere und bissigere Filme bekannte Greta Gerwig ausbremst.

„Barbie“ – My First Look – 6/10 Punkte.





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