Review

Staffel 1

Wenn man die Leute nicht mehr ins Kino locken kann, trotz mehrfacher Versuche und unterschiedlichen Ansätzen, einfach deswegen, weil man zu alt geworden ist, zu übersättigt beim Publikum vielleicht, nicht mehr die entscheidende Zielgruppe ansprechend, oder die Erzeugnisse vorbei am Massenmarkt, dann versucht man es zu guter Letzt im Fernsehen. Das war schon früher die Regel, das gilt heute immer noch, das wird besser bezahlt als beim Killing Gunther (2017) und das hat auch eine bessere Reputation im Nachhinein, hofft man doch zumindest. Fernsehen ist heute gleichgesetzt mit Streaming, Fubar ist für Netflix, ein deutlich an True Lies - Wahre Lügen (1994) erinnernder Ansatz, während die gleichnamige Serie True Lies (2023) selber im 'analogen' Programm von CBS ausgestrahlt wurde und dort komplett ignoriert wurde, sprich schnell den Weg allen Irdischen ging:

Luke Brunner [ Arnold Schwarzenegger ] ist wie auch seine Tochter Emma Brunner [ Monica Barbaro ] für die CIA aktiv, unabhängig aber voneinander und auch unwissend von der Tätigkeit des anderen. Eines Tages bekommt der Senior von seiner Vorgesetzten Dot [ Barbara Eve Harris ] den Auftrag, seine Tochter aus Guayana herauszuholen, ihre Identität vor Ort wäre aufgeflogen, der Waffenhändler Boro Polonia [ Gabriel Luna ] hätte sie enttarnt. Brunner, der Boro wie einen Adoptivsohn aufgezogen hat, fliegt mit seinem Team bestehend aus Aldon Reese [ Travis Van Winkle ], Roo Russell [ Fortune Feimster ] und Barry Putt [ Milan Carter ] in die heiße Zone ein.

Eine Mission in Antwerpen als die Eröffnung, ein Ablenkungsmanöver, eine Tarnung, eine Täuschung, ein Trojanisches Pferd, man wird auf die Sekunde genau geleitet, man wird per GPS geführt. Eine Eintrittskarte wird organisiert, ein Zugangscode zur Unterwelt, es geht nicht um einen Einbruch und einen Diebstahl, wie es scheint, es geht um einen Terroristenfang und irgendwie auch die Rettung der Welt. Der letzte Job soll es werden, ein Kinderspiel wird es sein, der verdiente Ruhestand in Armonk, NY tritt ein.

Vom Agententhriller zur Sitcom und zurück, eine Familienfeier steht an, familienfreundlich ist das ganze Unternehmen. Die Dialoge leicht und locker, die Bilder fluffig, eine erste Kampfszene wenig memorabel und sowieso blitzschnell vorbei. Die Einführung "Bring-deine-Tochter-mit-zur-Arbeit-Tag" ist wie viele gestellte Sketche auf einmal, der Humor hier noch recht seicht, die Konflikte weithin absehbar, es beginnt fast wie Kevin Can Wait (2016-2018), nur mit Schwarzenegger statt mit Kevin James. Es wird viel vorgestellt und eingeführt, Pläne werden gemacht und geändert, alte Kumpane und Seilschaften tauchen auf, und die Pension ist nur eine Illusion, das Leben kann noch nicht in Ruhe und Freizeit ausklingen, man wird noch gebraucht, Prioritäten verschieben sich. Ein großes Luftschloss wird hier gebaut, gleichzeitig die Kurz- und die Langfassung anderer Schwarzenegger-Filme, die Location in Guyana erinnert an Collateral Damage - Zeit der Vergeltung (2002), die Infiltration an Der City Hai (1986), dafür gibt's eine Überraschung mittendrin, eine Veränderung des Geschehens, eine komplizierte Angelegenheit, eine frische Alternative.

Helfen tun einige prägnante Nebendarsteller, manche herausstechende Schauspieler, der Rest ist viel rein für die Funktion besetzt und unauffällig integriert und die vielen Sprüche arrangiert. Ansonsten gibt es einen Kopfschuss, ein paar 'Fucks', etwas Zankerei, viele Kommentare von außen, fast wie beim MST3K, es gibt ständig filmische Referenzen, es gibt ständig Musikanspielungen auf der Tonspur, aber keinen eigenen präzisen Score. Hier und da geht man offensiv neben der Spur, dann wird wieder moralinsauer die Violine gespielt. Die Spannung selbst beim ersten Cliffhanger hält sich in Grenzen, dafür gab es zu oft ein “alles halb so wild“. Obwohl von Nick Santori geschrieben und in der Pilotfolge auch vom langjährigen Begleiter Phil Abraham (weitgehend) unauffällig gedreht, erinnert das Ganze eher an etwas von Matt Nix, ein Unterhaltungsbömbli, ein Tischkracher, nichts was (abseits eines kurzen Hubschrauberangriffes) groß Radau macht oder steinige Wege geht. Es gibt gleich drei comigale Gestalten im Team der 'Farm', von fünf, die anderen beiden, die Familienmitglieder, sind konstant im (zuweilen durchaus amüsanten, auf Dauer auch gewinnenden) Wortwechsel, beste Voraussetzungen für etwas, dass eher in den verbalen Schlagabtausch als der körperlichen Aktivität geht. Zuweilen funktioniert das auch, die Cuckold-Theorie bspw., öfters mal nicht.

Folge 2 "Der Tschu-Tschu-Zug" ist ein längeres Recap der Startepisode, bevor es irgendwo im Niemandsland von Kasachstan an die Kaperung eines Zuges voll mit radioaktiven Abfällen bzw. an die Vermeidung des Überfalles geht. Hierbei ist eine gewisse Sorte Aufwand hinter der Produktion durchaus zu vermerken, ein Wechsel von Tradition zu Moderne, stets in klaren Bildern, mit kräftigen Farben, ein 'Bullet Train Robbery' in Zentralasien, mehr die Kurzfassung von Supertrain (1979). Spätestens ab Folge 3 "Honigtropfen" erkennt man auch das Zeitschema der Serie, hinten raus plötzlich ein dramatischer Höhepunkt, der jeweils in den folgenden 5min der nächsten Episode, im Übrigen ohne ein “Was bisher geschah“ (und auch ohne einen Vorspann oder eine Titelsequenz) geklärt wird. Die Familienzusammenführung ist mehr Inhalt als Rahmen, zusammen gehalten von einer seriellen Schnittstelle aus diversen Agenten-/Spionageserien wie Kobra, Übernehmen Sie! (1966-1973) respektive In geheimer Mission (1988-1990) bis hin zu Scorpion (2014-2018), die ebenfalls von Nick Santoro entwickelt wurde, mehr oder minder Belanglosigkeiten also, das könnte auch wöchentlich auf CBS laufen und dort möglicherweise auch schnell unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Abseits einiger erwähnter 'Obszönitäten' wie das “cuckolding“ – was bei dem selten als Vater/Tochter-Gespann wirkenden Paar Schwarzenegger & Barbaro noch mehr Hintergedanken auslöst als so schon – ist die ganze Serie auch durchgängig konventionell, es geht mehr um die Kittung der Ehe als die Rettung der Ehre, der Nebencast besteht aus vielen sattsam bekannten und austauschbaren Fernsehgesichtern, es wird viel verbal erklärt als auf die Macht der Bilder vertraut, und mancherlei Dinge werden so oft erklärt, dass man beinahe eine Pointe dahinter zu finden glaubt; zusätzlich zu Running Gags wie dem “It's not a boat. It's a ship.“ Es geht um Kindererziehung, um Trennung, Scheidung und Wiederzusammenführung, um Patchwork-Familie, um Work-Life-Balance; die Terroristenhatz ist bloß am Rande und wirkt zuweilen auch als Alibi, zumindest wirkt es weder zwingend noch dringend. Im Übrigen ist man die zweite Halbzeit dieser Episode wieder im Ostblock, geht es doch um eine 'Honigfalle' in Moldawien; was zumindest gen Ende zu einigen Attraktionen in Slip und BH führt.

Einen Heiratsantrag später fangen die eigentlichen Probleme an, was u.a. auch daran liegt, dass man das 'cuckolding' nun doch wörtlich genommen hat, ohne aber den (zukünftigen) Ehemann darüber zu informieren. Und den Heiratsantrag angenommen hat, ohne den Vater der Braut zu informieren. Die Struktur der Serie als ein großer langer Film in kleinen Sketchen und Schnipseln geht am ehesten hier auf, viele Gags haben vorher ihren Samen gesät und blühen jetzt auf. Erzählerisch wird in der Folge 4 "Von der Leine gelassen" in ein türkisches Gefängnis ein- und wieder ausgebrochen, möglichst ohne Aufsehen zu erregen, und wahrscheinlich hat die Crew dafür noch nicht einmal das Studio verlassen. Folge 5 hat tatsächlich wieder und wider Erwarten eine Actionszene zu bieten bzw. sogar mehrere, eine Lagerhausschießerei, durchaus ordentlich choreografiert auch, allerdings mit lauthals plärrenden Rock zugeschallt, ein geplatzter Geschäftsdeal Schrägstrich versuchte Festnahme, und eine kurze Rauferei in der Gefängniszelle. Eine Debatte über Pro und Contra von Folter zum Erlangen von Informationen führt zu einem Cameo von Tom Arnold, überhaupt ist die Anspannung hier bei “Bis ins Mark“ merklich höher als vorhergehend noch und selbst die allgemeinen Konflikte reichlich drüber. Viele “I don't know“ klären die Situation nur vorübergehend. Die Lage inklusive mehrerer Lebenslügen wird auch in Folge 6 “Die Karten auf den Tisch“, einer Art Casino Royale fürs Fernsehen zunehmend komplizierter; in Folge 7 "Flüssiges Gold" wird sich Zeit erbeten, die Dinge umzukonfigurieren, es stehen gleich mehrere Situationen zwischen Patt und Halt, vor einer Entscheidung, die getroffen werden muss oder für einen getroffen wird, die Figuren haben an Profil deutlich dazugewonnen, die Schwierigkeiten analog dazu. In der Episode selber soll der Feind aus seinem Versteck geholt werden, einem ehemaligen nuklearen Reaktor im osteuropäischen Niemandsland, zudem besteht mittlerweile auch eine Kill Order für Boro, was nicht bei allen Teammitgliedern auf helle Begeisterung stößt. Reichlich Beschuss schon beim Eindringen in das entsprechende Sperrgebiet und die Zerstörung des eigenen Fortbewegungsmittels stößt das mittlerweile eher zerstrittene Team auf neue Probleme und zuweilen lebensbedrohliche Situationen, die zusätzlich zu den eh schon vorhandenen zu lösen sind. "Schluss, aus, Ende", oder doch ein weiter?








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