Weckt den Tiger in dir!
Das Center Piece des Fantasy Filmfests enttäuscht selten. Auch „Animal Kingdom“ nicht. Thematisch wie qualitativ in einer Reihe mit „District 9“ und „Border“, sollte für viele somit schon genug gesagt und komplimentiert sein. Ich schreibe dennoch noch ein paar weitere Worte - denn dieser wilde und wirklich berührende Genremix hat jede Jubelarie verdient! Erzählt wird in einer Welt, in der sich viele Menschen langsam in Tiere verwandeln und mit denen (wenig überraschend) überhaupt nicht mitfühlend oder verständnis- geschweige denn liebevoll umgegangen wird, von einem Teenager und seinem Vater, die persönlichen unter diesen genetischen wie gesellschaftlichen Änderungen leiden…
Krallen zum Kraulen, nicht zum Kratzen
Super sensibel und emphatisch ist Thomas Cailleys ganz besondere Coming-of-Age-und-noch-so-viel-mehr-Geschichte. Und das von seiner sensationellen Schauspielentdeckung, dem jugendlichen und noch total frisch, unbedarft, echt wirkenden Protagonisten, bis zu der absolut im Ohr bleibenden Titelmelodie. Oft wird im Genre das Erwachsenwerden und die Pubertät mit Horroraspekten in Verbindung gebracht, von Werwölfen bis zu Bodyhorror. Auch „Animal Kingdom“ hat diese Parallelen. Ist dabei aber um einiges cleverer, intimer und authentischer als die meisten seiner Konkurrenzprodukte in dieser Kategorie. Er strahlt passend zu Thema, Flora und Fauna ein sehr ursprüngliches und kraftvolles Gefühl aus. Der Computereffekt eines fliegenden Vogel-Mensch-Hybriden sieht nicht immer top notch aus. Aber das kann man verschmerzen. In den besten Phasen bringt er „Raw“ und „Call Me By Your Name“, „Ginger Snaps“ und „X-Men“ unter einen Hut. Ja, solch ein Spektrum wird hier abgedeckt und zauberhaft verschmolzen. Das ist großes Genrekino aus Frankreich. Man kann es nicht anders sagen. Human und universell. Düster und doch hoffnungsvoll. Frankreich ist in dieser Beziehung eh mehr als nur im Kommen, eher schon klarer Vorreiter auf dem gesamten Kontinent. Und „Le Regne Animale“ ist ein Diamant in der blau-weiß-roten Krone. Ich kann gar nicht anfangen alle Ebenen aufzuzählen, wo und wie mich dieser ungewöhnliche Hybrid überall berührt hat. Und das macht ihn zu einem absoluten Pflichtguck in diesem Kinojahr!
Fazit: einfühlsam, natürlich, instinktiv - „The Animal Kingdom“ ist ein mitreißender Genremix auf Augenhöhe mit modernen Klassikern der Inklusion, der Tierliebe, der Coming-of-Age- und Vater-Sohn-Geschichten. Tierisch gut!