Rudolf und Hedwig Höß haben sich ein schönes Heim aufgebaut. Mit einem Haus, Personal und einem großzügigen Garten, den Hedwig mitgestaltet hat. Viel Grün, was auch für die Kinder toll ist und am nahegelegenen Gewässer verbringt die Familie gerne ihre Freizeit. Da stört es die Idylle auch nicht, dass Rudolf der Lagerkommandant des Konzentrationslagers Auschwitz I ist und ihr Grundstück direkt an dieses angrenzt.
Filme über den Holocaust gibt es einige, der von Jonathan Glazer inszenierte und geschriebene wählt nun einen Ansatz, der diesen geschichtlichen Horror auf eine eigene Art präsentiert. Das Leben von Familie Höß als Alltag, während nebenan in industrialisierter Form Menschenleben vernichtet werden. Glazer beschreibt dies in einer Nüchternheit, die mitunter schmerzt.
Das wird besonders ekelhaft klar, als beispielsweise Hedwig mit ihrer Mutter durch die Gartenanlage flaniert, angrenzend an die Mauern des Lagers. Das Gespräch schweift kurz über diese die Sicht verbauende Barriere, gleich aber wieder zurück auf die Schönheit der angelegten Flora. Die Normalität, mit welcher der herrschende Zustand von den Figuren rezipiert wird, ist widerlich. Ebenso wie das sich Echauffieren über anstehende Veränderungen, es lässt die Personen nur noch entrückter von Verstand und Empathie erscheinen, in der Grausamkeit manch abgesonderter Kommentare geradezu auch lächerlich.
Als wäre das noch nicht schlimm genug (was es ist), so brummt auf der Tonspur permanent der nebenan stattfindende Tod mit, flankiert von den Schreien, Befehlen. Die Geräusche der Gewalt und Vernichtung sind stets wahrnehmbar, sie sickern mal lauter und mal leiser durch jeden Grashalm, jedes Blumenbeet oder Kaffeekränzchen. Der Klang macht „The Zone of Interest“ erst zu einem so starken Film und ist ein unverzichtbarer Bestandteil dieses Erlebnisses.
Die Kamera bleibt dabei oft statisch, selten beweglich und nimmt eine beobachtende Position ein. Man lässt das Publikum nicht in Reichweite, zur Untätigkeit und zum reinen Zuschauen verdammt. Selbst der Sonnenschein vermag die Szenerie nie so recht aufzuhellen, der Verzicht auf eine musikalische Untermalung vermeidet eine unnötige zusätzliche Emotionalisierung, die eingestreuten Klänge passen in das Gemüt des Werks. Dieses bedient sich auch einiger weniger Spielereien der optischen Verfremdung und des kurzen Zeitsprungs in die Gegenwart, diskutabel aber spannend hinterlässt die letzte Szene ein schwer greifbares Gefühl.
Darstellerisch im Zentrum stehen Christian Friedel sowie Sandra Hüller und beiden kann man nur das Kompliment machen, dass sie ihre Rollen derart darbieten, dass man sie durchgehend abstoßend findet.
Es ist diese bürgerliche Fassade, diese Normalität. Dieser Anstrich, den sie als natürlich gegeben tragen, der Angst und Abscheu hervorrufen sollte. Eine fröhliche Szene im Garten mit planschenden Kindern, während im Hintergrund jenseits des Dachs die Dampfwolken einer Lok emporsteigen, die auf dem Weg ins Lager ist. Entmenschlichung durch das Annehmen dieser Realität als Normalität. Ein im positiven Sinne furchtbarer Film, der nachhallt. Nicht nur aufgrund seiner bemerkenswerten Klangkulisse.