Italienische Regisseurin, italienischer Film, europäisches Kino. Eindeutig. Und viel Liebe zu dessen Blütezeit, nostalgisches 70er-Gefühl im 80er-Look. Ein bisschen Italien, ein Prise Frankreich, ein Schuss Jugoslawien. Wobei es hier noch etwas experimentierfreudiger als im Schnitt zugeht, was zum Glück aber nicht zu gekünstelt wirkt. Kameraführung, Montage, Schnitt, Sound. Echtes Arthouse, kein Artsy-Fartsy. Weiter in diesem Sinne: Ein so langes Wer Wie Was Warum, ewig nicht in der Form gesehen. Erst das Ende des ersten Drittel bringt etwas Klarheit, durch eine musikalische Erläuterung sogar jede Menge auf einmal. Vielleicht im Grunde egal, trotzdem oder gerade deshalb thematisch so interessant gewählt, dass der Zuschauer grundlegend angekitzelt und durchweg bei Laune gehalten wird. In dem Kontext lest einfach die Inhaltsangabe, erwartet aber kein stringentes Abarbeiten eines Plots. Und erwartet keinesfalls Entertainment im Sinne von guter Laune, eher schwelgende Schwermut und die niedrigfrequentierten Gefühlswellen der unterprivilegierten Hauptfiguren. Ein paar Tage in der Welt der Lumpenproletarier. Die viel zitierte Kapitalismuskritik? Also ich weiß nicht, eher am Menschen an sich, bzw. den unmoralischen Auswüchsen der Notwendigkeit eines Broterwerbs, bis hin zu Kramer gegen Kramer. Die ewige Taglöhnerei, die hier so un-metaphorische Suche nach dem nächsten Kleinsterfolg, immer in der Hoffnung auf den großen Treffer. Nun gut, wer kennt es nicht, dieses "Irgendwann", diese endliche Reise ins Nichts. Im letzten Drittel wird der vermeintlich niedrige Stand, ohne Frage der eigentliche Motor der Welt, dem Gehobenen gegenübergestellt. Kleiner Gauner trifft auf Großen, Handlanger auf Strippenzieher, bildlich alles wilde Tiere. Und Regisseurin Alice Rohrwacher zieht die Karte, dass alle verlieren, aber der wahre Gewinn in weniger materiellen Dingen liegt. Zumindest unserem Protagonisten wird dies zugestanden. Ein positiver Moment im Film, ein kurzer. Denn was wäre ein gestandener Verlierer, wenn ein Strohhalm nicht auch einfach weggeworfen werden kann. Die 130 Minuten haben sich mir nicht erschlossen, sind kein Puzzle, dass sich zusammensetzt. Aber sie lösen Gefühle aus, immer wieder, ganz verschiedene.