'El Demonico Negro', die Mystik zuerst, die Legende, das Omen, der Fluch, die Bedrohung, die Attacke bald und später. Im Vorfeld von Meg 2: Die Tiefe entstanden und veröffentlicht, im Umfeld von abertausenden anderen 'Hai-Filmen', deren Titelzusatz Shark man hier schlauerweise gleich vermieden hat ("Some kind of shark." - "It's not a shark."), mit einem durchaus gelungenen Marketing, welches für Interesse trotz oder auch wegen der oft niederen Konkurrenz und für Aufmerksamkeit zusätzlich auch durch eine (zuweilen, nicht gänzlich) wohlwollende Reputation des Filmes selber gesorgt hat. Der Einäugige unter den Blinden?:
Der für Nixon Oil zuständige Company Inspector Paul Sturges [ Josh Lucas ] wird von seiner Firma in eine mexikanische Kleinstadt in Baja California geschickt, um die dortige Ölplattform zu begutachten. Da Paul vor 15 Jahren dort auch seine jetzige Ehefrau Ines [ Fernanda Urrejola ] kennengelernt und nunmehr mit ihr und den Kindern Audrey [ Venus Ariel ] und Tommy [ Carlos Solórzano ] auch eine glückliche Familie gegründet hat, möchte er den Termin als erweiterten Urlaub nutzen. Doch die Stadt selber ist nicht mehr das, was sie einst war, und auf der Plattform selber harren nur noch Chato [ Julio Cesar Cedillo ] und Junior [ Jorge A. Jiminez ] aus, welche furchtbares berichten.
Wofür nan hier durch den Dreh (zwischen Herbst 2021 und Anfang 2022) vor Ort in der Dominikanischen Republik und der damit auch verbundenen ansässigen Produktion gesorgt hat, ist ein gewisses anderes Gefühl an Aufnahme, mehr Lokalität, mehr Abgeschiedenheit, nicht gleich Isoliertheit, aber weg vom üblichen amerikanischen Strand und rein in die Religion, die Ritualität, den Aberglauben, den Santa Muerte Kult, "superstitious Aztec bullshit", den Mythen der vor Ort befindlichen Nationalität. Man beweist von Beginn an einen Sinn für Inszenierung und Rhythmus der entsprechenden Szenen, die auch einem durchaus überschaubaren Erfolg der Tricktechnik selber widersprechen – bereits der erste nächtliche Tauchgang wirkt relativ dünnhäutig von den Effekten, 'Nebelschwaden' im Wasser, eine offensichtliche Präsentation durch Bits und Bytes statt realem Dreh, eine Inanspruchnahme des guten Willens des Zuschauers, auch Greenscreen-Projektion ist ab und an deutlich; die Finanzierung hier ist nur durch Highland Film Group und Buzzfeed Studios, also keine Majors, aber dennoch grundsolide gestemmt – , man hat ein genreaffines, aber weiterführendes Drehbuch, man zeigt den Wunsch des 'Lieferns' von Suspense und Thrill, man bemüht sich um beeindruckende Bilder. Das Wasser ist verseucht durch Öl, dann durch Blut, dann beginnt der Film.
Bei Tageslicht seine Tourismusbilder und Urlaubsfotografien wert, blaues Meer, grüne Palmen, raue Klippen, nicht umsonst das Reiseziel der Familie, der Protagonisten hier, eine versuchte Rückkehr zu Ereignissen vor 15 Jahren, ein Wiederaufleben lassen alter Erinnerungen, die prompt eine andere Tour nehmen als geplant; zumindest seitens der Figuren hier, das Publikum weiß Bescheid, was kommt. Die Gegend wirkt abgeschieden, losgelöst, auf die einfachen Bedürfnisse (Ruhe, Natur, Exotik) abgestellt, provinziell, ein wenig ärmlich, bald anämisch und wie ausgestorben. Die Familie ist ein wenig überreizt, verbal aktiv, da hört man den Autoren auf der Schreibmaschine klappern. Man ist privat vor Ort, und beruflich. Man hat den Ort erbaut, und man hat ihn zerstört. Das Ganze könnte (eingangs) leicht auch in ein anderes Gefilde gehen, als Turistas - Thriller, die Bevölkerung ist feindlich ein- und aufgestellt, der Platz aus den Erinnerungen entwickelt sich zum Albtraum, die Realität anders als die Vorstellungen und das Frühere von damals, ein Täuschen von Wunsch und Fantasie, eine bittere Wahrnehmung. Eine Fassade, die zerbröckelt. Darauf baut der Film auf und hat sein Fundament, die Männer sind gleich auf Konfrontation, die Kinder haben Angst, die Frau versucht zu vermitteln. Es gibt Wi-fi; immerhin.
Ökologische Kritik ist inkludiert und deutlich, wenn auch kurz vor aufdringlich, die wirtschaftliche Kritik, das Stellen von Kommerz über Kultur, Klima und Natur, Raubbau, der Amerikaner als Ausbeuter, als wahrer Pirat hier, der sich andere, fremde Gebiete einverleibt und ausplündert und nichts überlässt als (buchstäblich) die Scherben am Strand. Opfergaben werden gemacht, Menschen werden in Furcht und Schrecken versetzt, es gibt keine Moral mehr und keine Regeln. Der Vorlauf ist das eigentlich interessante hier, das erste Drittel, das "Something's off", das "What is it, that I'm not getting here?", Tauchgänge in das Unbekannte, das Dunkle, das Aggressive, Halluzinationen, die abgerissenen Leichenteile im Wasser, die gelinde, aber konstante Steigerung, die Prämisse eines Horrorfilmes. Der dann zum Drama wird.
Darstellerisch ist das gut gewählt, und ebenso gespielt, zumindest interessieren später auch die Beteiligten der Handlung, sie sind emotional anwesend und involvieren; die Anwesenheit von Josh Lucas (als eine Type, der erst auf den Boden der Realität geholt werden muss und länger die Nase oben trägt, länger braucht, um die Verhältnisse zu rekapitulieren, zunehmend verunsichert wird, ohne dabei überzeichnet zu wirken: "Did you just forget about the 70-ton shark out there?" - "Babe, the bell on this rig is made of thick fine-grained steel. I'd like to see that son of a bitch bite down on it.") erinnert dabei ein wenig, aber unzweifelhaft an den gleichsam maritimen Der Poseidon-Anschlag, hier wie dort bald eine eingepferchte Gruppierung von Leuten, die ums Überleben in einem unwirtlichen Gefilde kämpfen und nahezu schutzlos der Umgebung ausgeliefert sind. Zuweilen wären der Verzicht von Regisseur Adrian Grünberg, welcher sonst den Film fest in den Händen hat, auf einige Spektakelszenen adäquater, hier lebt man eher von dem, was man nicht zeigt, sondern in der Imagination hervorruft, zudem die rostige Ölplattform gespenstisch genug ist; die tatsächlich visualisierten blässlichen Einstellungen aus dem Rechner konkurrieren da eher.