kurz angerissen*
Einer der letzten Kind gebliebenen Actionstars der 80er ist also nun auch bereit, sich offensiv mit der eigenen Vergänglichkeit auseinanderzusetzen, so wie es andere Darsteller seiner Generation bereits seit mindestens einer, vielleicht sogar zwei Dekaden zu tun pflegen. Demut und Selbstironie gehörten zwar immer schon zur Außendarstellung des Stunt-Schauspielers Jackie Chan, nie jedoch wurden sie mit so viel Sentimentalität aufgeblasen wie in „Ride On“.
Filmfragmente vergangener Großtaten ziehen sich wie Erinnerungsfetzen an eine verblasste Vergangenheit durch das wehmütige Drama, das in den bunten, frischen Farben der Gegenwart an den Wert vergangener Tugenden erinnern möchte. Chan, der in der Rolle des alternden Stuntman Lao Luo natürlich niemand Geringeren als sich selbst spielt, macht sich nicht mehr länger aus freien Stücken zum Clown, sondern weil die veränderten moralischen Werte im Filmgeschäft und in der Gesellschaft ihn dazu zwingen. Ein Pferd, genannt „Roter Hase“, ist ihm als Buddy dabei behilflich, aus der Veranstaltung ein wahres Fest der Tränen zu machen. Denn was löst das Wasser zuverlässiger als ein Fohlen mit verkrüppeltem Knöchel, vor dem Gnadenschuss gerettet und zu einem stattlichen Jolly Jumper des Filmgeschäfts herangewachsen, der seinem Besitzer wegen eines Formfehlers vor Gericht entrissen zu werden droht?
Lao Luo betont dabei immer wieder, wie wichtig das Handgemachte, wie essenziell das Erlebnis des Wahrhaftigen ist, jedoch wird seine Argumentationskette vom eigenen Film immer wieder manipuliert. Wenn die Hauptfigur vorgibt, nichts mit Computereffekten zu tun haben zu wollen, warum werden ihre Stunts im Vorfeld mit ihrer Hilfe geliftet? Wenn wiederum am Beispiel „Roter Hase“ ein flammendes Plädoyer für den Tierschutz gehalten wird, weil ein Pferd eben ein Pferd sei und kein Stuntman, dann ist das vor dem Hintergrund einer diesbezüglich rücksichtslosen Filmindustrie zu den Hochzeiten von Chans Karriere sicherlich aller Ehren wert. Nur sollte man dann auch so konsequent sein und darauf verzichten, den Vierbeiner anhand manipulativer inszenatorischer Kniffe an anderer Stelle zu vermenschlichen.
Da hätte es das konstruierte Vater-Tochter-Drama nicht einmal gebraucht, um Jackie Chans Selbstreflexion zu einer wehleidigen Heulorgie geraten zu lassen, die ihren eigenen Abgesang schon zur Mitte der stattlichen Laufzeit von zwei Stunden einzuleiten beginnt und sich dann von einem Schüttelkrampf zum nächsten quält. Sollte die Kernaussage darin liegen, dass in der guten alten Zeit einfach die besseren Filme gemacht wurden, dann hat „Ride On“ vielleicht sogar einen Punkt. Aber auf einem anderen Wege, als er ihn eigentlich machen wollte.
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