Review

Nantekotta! Heilige Scheisse! Mon Dieu!


In „John Wick: Chapter 4“ steht der von Keanu Reeves stoisch, nimmermüde und einsilbig gespielte, legendäre, titelgebende Auftragskiller weiterhin auf der Abschussliste der weltweit operierenden Hohen Kammer - insbesondere einem arroganten, steinreichen Franzosenmarquis, der den guten John von Japan bis ins Herz Europas Jagd. U.a. mitsamt einem alten Freund Johns, einer blinden Killerlegende namens Caine, herausragend gespielt von Donnie Yen. Ein Duell der beiden könnte Wick endlich Freiheit und Erlösung bringen…

Schon bei Teil 3 stellte sich bei mir eine gewisse Abnutzung ein, trotz großartiger Action und Stunts. Wie sollte das etwa bei diesem fast dreistündigen (womöglichen) Finale werden? Ich würde lügen, wenn ich sage, dass Part 4 überhaupt keine Längen, Wiederholungen und Ermüdungserscheinungen zeigt. Dennoch hält sich das trotz seiner ambitionierten Laufzeit erstaunlich in Grenzen. Viel eher hat man das Gefühl, dass von Chad Stahelski noch einmal tief Luft geholt und alles in Waagschale geworfen wird. Es gibt mehr Locations denn je, der Bodycount dürfte sämtliche Skalen sprengen, die Liebe und Expertise der Stuntleute zu ihrem Metier und diesem Prunkstück merkt man an allen Ecken und Enden. Vom Hong Kong-Kino bis „Hotline Miami“ wird genau mein Geschmack zitiert und mit eigenen Mitteln interpretiert. Das Ding ist mächtig, brutal und nimmt sich geil Zeit für einzelne erhabene Bilder, Shots und Farbverläufe. Ich sag nur Kirchblütenbaum. Die neuen Nebenfiguren sind echte Gewinne. Die Clubszene in Berlin ist der pure Wahnsinn. Allgemein sind hier Kinetik und Stil, Form, Farbe und Vorwärtsdrang ausgeprägter als man es wohl je im westlichen Actionkino gefühlt hat. Das geht definitiv Richtung Referenz und Messlatte. Der Soundtrack pusht, der Hund beißt in etliche Kötze, Adkins kann’s auch im Fatsuit. Es ist fast Slapstick, wenn es direkt zweimal die über 200 Stufen zum Montmartre hinaufgeht. Dutzende Gegner natürlich inklusive. Das gibt dann fast eine Dynamik und Vibes von „Streets of Rage“ und anderen Videospielkloppern. Die Lichter, die Kopfschüsse, selbst Reeves Schlacksig- und Steifheit - irgendwie wirkt doch alles aus einem Guss und verdammt sympathisch. Selbst wenn sich die „Geschichte“ gefühlt schon seit 6 Stunden im Kreis dreht und in den Schwanz beißt. Dieser war im Hollywoodactionkino nur eben selten beweglicher, härter und brachialer. Selbst wenn immer noch etwas Quantität vor Qualität und Style vor Story steht.
 
Fazit: der ausufernde, unfassbar stylische und oft genug atemberaubende Höhepunkt einer der schon längst besten Actionreihen aller Zeiten - jedoch auch etwas ermüdend, redundant und artifiziell. Dennoch: für Fans der Vorgänger eine Achterbahnfahrt von Osaka nach Paris, die schnieke aussieht und keine Gefangenen macht! 

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