Die Amazon-Produktion macht vieles richtig, setzt auf durchgehenden Rhythmus und eine stringente Erzählweise, gibt sich dem Milieu mit einer unerwartet hohen Qualität an Sets und Requisiten hin und fährt zudem eine wirklich stark agierende Darstellerriege auf, allen voran Aaron Hilmer als Kiez-Lauser Klaus Barkowsky, der hier sehr frei, aber eben auch gelungen interpretiert wird.
Dabei wird der Fehler vermieden, so etwas wie einen teildokumentarischen Ansatz zu wählen. Hier wird wirklich auf die Pauke gehauen, um den Eskapismus und den ausschweifenden Hedonismus besagter Rotlichtakteure einzufangen, ohne wirklich etwas auf Wahrheitsnähe zu geben, die in diesem Land solchen Projekten oftmals den Zahn zieht.
Die Kameraarbeit ist auf hohem Niveau, einzelne Szenen sind geradezu schwelgerisch eingefangen und bei der Musikauswahl hat man die richtigen Stücke gewählt, um eine beachtenswerte atmosphärische Dichte zu erzeugen. Der komponierte Score atmet den derzeitigen Achtziger-Retro-Schick, erinnerte durch die verwendeten Synthesizersounds bisweilen an STRANGER THINGS und ergänzt die Auswahl an eingekauften Songs passend.
Die genommenen Freiheiten bei der Darstellung von Figuren und Geschehnissen machen dabei deutlich, dass man einer klaren künstlerischen Prämisse folgte und nicht einfach bekannte Personen und Handlungsabläufe in den Topf warf. Wenn es neben der Inszenierung etwas gibt, das gelobt werden muss, dann das Kunststück, sich nicht zu verzetteln, was angesichts der Fülle an Figuren durchaus denkbar gewesen wäre. So stört es auch den Unterhaltungswert nicht, wenn man eigentlich schon weiß, wie das Ganze endet.
Ein Vergleich mit VINYL von Martin Scorsese ist angesichts der Machart unausweichlich, stilistisch schlägt man in die gleiche Kerbe. Wenn das Ergebnis aber so viel Drive hat und den Ton eben auch trifft, hat man doch wenig Grund zu meckern. Die etwas generische Verquickung der Figuren, um verschiedene Facetten des Sujets darzustellen, ermöglicht, die Dramaturgie konzentriert zusammenlaufen zu lassen. Da ist auch der ein oder andere Fehlgriff bei der Figurendarstellung zu verzeihen, der Zweck heiligt die Mittel.
Fazit
LUDEN ist eine tatsächlich gelungene Miniserie, die mit überzeugenden Darstellerinnen und Darstellern, einer Inszenierung auf den Punkt und einem hohen Maß an Konzentration auf Wesentliches eine in deutschen Produktionen selten gesehene Qualität aufweist. Kritische Töne gegenüber dem Milieu und den darin agierenden Figuren sind vorhanden, aber nicht Ziel der Serie, deren Prämisse es vielmehr ist, eine mittlerweile zum Kulturgut gewordene und weit in die Welt strahlende Episode Hamburger Stadtgeschichte mit ihren Eigenarten hübsch angerichtet zu servieren. Und das ist wirklich gelungen.