Noch in einer relativ frühen Phase seiner Karriere stellte Regisseur Walter Hill („Southern Comfort“, „48 Hrs.“) mit „The Warriors“ einen stark inszenierten Thriller vor, der in der Nachbarschaft von Genreverwandten wie „Escape from New York“ oder auch „Assault on Precinct 13“ mit seiner urbanen Großstadt jenseits von zivilisierter Ordnung einen guten Eindruck hinterlässt, letztlich aber aufgrund inhaltlicher Mängel seinen Klassikerstatus nicht gänzlich verdient.
Ob der Film damals, ähnlich wie sein folgender „Southern Comfort“ ein gesellschaftspolitisches Statement darstellen sollte, lässt sich nicht definitiv klären, weil Hill bei der Adaption der Romanvorlage von Sol Yurick viel Wert auf das Äußere aber wenig auf das Innere legt. Deswegen glänzen gute Dialoge leider mit Abwesenheit und auch die zentralen Figuren werden zunehmend hilfloser in ihre stereotypen Formen gegossen. Mit gutem Willen kann sich der Zuschauer zwar noch anspruchsvolle Subtexte herbeiinterpretieren, aber mehr als ein düsterer Blick auf die zunehmende Perspektivlosigkeit und daraus resultierende Gewalt seitens Jugendlicher, die durch das soziale Raster gerutscht sind und ihr Heil in Straßengangs suchen, springt nicht dabei heraus.
Nun ist Walter Hill auch nie jemand gewesen, der auf Gedeih und Verderb seinen Filmen nachträglich mehr Tiefsinn einprügeln wollte, als sie nach seiner Intention eigentlich hatten und so verlässt man sich lieber auf ihn als versierten Filmemacher.
Dass er diesen Ruf bis in die Neunziger hinein zurecht genoss, stellt er fraglos auch mit „The Warriors“ unter Beweis, dessen Szenario zumindest wieder klassische Grundzüge eines Western trägt.
In einem urbanen, nächtlichen New York hetzt er die Abgesandten einer Straßengang, „Warriors“ genannt, kreuz und quer durch die nahezu menschenleere Metropole, die von Straßengangs beherrscht wird, während die überforderte Polizei nur noch in größeren Operationen vorgeht, um der Lage überhaupt Herr zu werden.
Sie wissen warum, denn der mächtige Boss Cyrus hat alle Gangs der Stadt von unterschiedlicher Hautfarbe, Herkunft und Bezirke zu einem gemeinsamen Treffen gebeten. Sein Plan ist der Zusammenschluss aller, um die Stadt zu überrollen. Doch er wird erschossen und die Schuld schiebt man den Warriors zu, die gut daran tun in ihr eigenes Territorium zurückzukehren, während um sie herum die Polizei eine Großrazzia vornimmt. Eine Flucht gegen eine Überzahl beginnt, ohne dass sie vorerst wissen, was man ihnen überhaupt direkt vorwirft.
Walter Hill, der seinen düsteren Bilderstil wenig später für „Streets of Fire“ noch einmal aufpolierte, versteht es zu dem genialen, fetzigen Rock-Soundtrack von Barry De Vorzon („Night of the Creeps“, „The Exorcist III“) eine packende Atmosphäre inmitten der verwaisten Großstadt zu kreieren, die „The Warriors“ erst zu einem Erlebnis macht.
Denn das kalte Neonlicht, das die Straßenzüge oder die U-Bahn-Stationen erhellt, die unübersichtliche Lage der ständig flüchtenden Gruppe und das nicht zu leugnende, wenn auch dezente postapokalyptische Grundgedanke, der das Szenario umspielt, garantieren für reichlich Unwohlsein im Publikum.
Da sich die Warriors auch nie sicher sein können und diverse Scharmützel mit ihren Verfolgern, stets unterschiedliche Banden mit markanter, exotischer Aufmachung, für regelmäßigen Kurzweil in Form von archaisch mit Fäusten, Messern und Knüppeln geführten Kämpfen sorgen, ist für genügend Spannungspotential gesorgt, auf dass Walter Hill auch regelmäßig zurückgreift, wenn die Handlung zu eintönig zu werden droht. Sein von Sam Peckinpah inspirierter, harter, realistischer und rauer Stil in Verbund mit Slowmotion passt dabei sehr gut zu den ungestüm randalierenden, entschlossenen Beteiligten.
Die Geschichte ist neben den blass bleibenden Figuren, aus denen es Hill nie gelingt charismatische Profile zu formen, gespielt von leider größtenteils ausdruckslosen Gesichtern, das Hauptproblem des Films. Die Faszination des bedrückend real wirkenden Szenarios braucht sich mit der Zeit auf, aber Hill fällt darüber nichts weiter ein, was er erzählen könnte.
Die nie wirklich entbrennende Hackordnung innerhalb der Gruppe, eine zaghafte Lovestory ohne geäußerte Emotionen und leider sehr oberflächliche Dialoge, deren Inhalt sich auf bekannte Plattitüden beschränkt, zeigen dem Film mit zunehmender Laufzeit nur allzu deutlich seine Grenzen auf. Die Emotionen bleiben meist im Schrank und werden höchstens zaghaft hervorgekramt und auch in tieferer Blick auf die Gangmentalität bleibt verwehrt.
Lediglich halbwegs motivierte Überraschungen, wie den überraschend ausartenden Besuch des weiblichen Geschlechts, sind zwar kurzweilige Intermezzos, aber für den weiteren Verlauf genau so wenig von Belang wie sterbende oder verhaftete Mitglieder, wobei hier zumindest die Polizei, grundsätzlich überfordert obwohl überzählig in den Situationen, prügelnd und kompromisslos schlecht wegkommt.
Der fade Nachgeschmack einer vertanen Chance bleibt dennoch. Vor allem weil die Opening Scene, eine im übrigen sehr gelungene Bildmontage, vor allem hinsichtlich der Gedanken, Wünsche, Ängste und Sehnsüchte einzelner Charaktere einiges ankündigt ohne darauf später noch einmal näher einzugehen. Deswegen bleiben die Beteiligten auch auf deutlicher Distanz zum Zuschauer, der kaum mit den Flüchtenden fiebert, sondern sich von dem stimmungsvollen Ambiente des bedrohlichen New Yorks und symbolhaften Aufnahmen, wie menschenleeren Bahnsteigen oder von Molotowcocktail in Brand gesteckten, lodernden Autos gefangen nehmen lässt
Ungeschickt eingesetzte Mittel, wie die weitererzählende Radiomoderatorin und neben furchteinflößenden, leider auch lächerlichen Gangs trüben den Gesamteindruck weiter, während der ein oder andere Zuschauer sicherlich auch nach Hintergrundinformationen lechzt oder mehr von der doch eigentlich nebulös bleibenden und auf Rache abonnierten Gangster-Clique erfahren möchte. Eine simple Texttafel oder ein Erzähler aus dem Off hätten Wunder gewirkt und dem Szenario mehr Schwung verliehen.
Fazit:
Ernster, pessimistischer Thriller, dem ich seinen anspruchsvollen, kritischen Unterton nicht abkaufen mag, der aber trotz schwacher Dialoge, oberflächlicher Figuren und eines einsilbigen Ablaufs seine Faszination auf mich ausübt. So genießt Hills tolle, atmosphärische Inszenierung inklusive des starken Scores sehr viel Applaus. Mit einem sorgfältigeren Drehbuch hätte sich daraus problemlos ein sehr interessanter, verzweifelter Selbstfindungstrip entwickeln können, der in „The Warriors“ zwar noch vorhanden ist aber leider mit zunehmender Laufdauer verkümmert. Irgendwie schade drum, denn ohne fleißige und weiter her geholte Interpretationen springt lediglich der gute Durchschnitt bei heraus.