Review

iHaveCNit: Beau Is Afraid (2023) – Ari Aster – A24 / Leonine
Deutscher Kinostart: 11.05.2023
gesehen am 23.05.2023
Arthouse-Kinos Frankfurt – Große Harmonie – Reihe 4, Platz 9 – 20:15 Uhr

Es gibt ein paar neue Namen im Bereich der Filmemacher, die in den letzten Jahren auf meinem Radar erschienen sind und sich sogar mit ihren Filmen in meine Top-Listen katapultiert haben. Einer davon ist Ari Aster, dessen beiden Filme „Hereditary“ und Midsommar“ mich direkt faszinieren und begeistern konnten, so dass ich meine Augen offen gehalten und die Ohren gespitzt habe, was Aster danach auf Lager hat. Dass er sich danach niemand geringeres als Joaquin Phoenix ans Bord geholt hat, hat mich erstaunt und aufhorchen lassen, weil Joaquin Phoenix sich auch in meiner Liste von Lieblingsdarstellern befindet und Filme mit ihm ebenfalls bei mir Top-Listen-Potential haben. Gemäß dem Titel war auch ich ein wenig „afraid“, ob genau das eine falsche Erwartungshaltung ist, mit der ich zum Glück nicht in meine Sichtung des Films gegangen bin, weil ich mich von der Reise entsprechend überraschen lassen wollte.

Beau ist Sohn einer erfolgreichen Unternehmerin. Zum Jahrestag des Todes seines Vater soll eigentlich ein Besuch bei seiner Mutter anstehen, doch durch unglückliche Ereignisse und Zufälle vor der Abreise verliert er nicht nur Gepäck und Wohnungsschlüssel, er verpasst auch den Flug. Bei dieser Ausgangslage ist es auch wenig hilfreich, dass es Beau mental nicht gut geht und unmittelbar nach dem verpassten Flug auch ein tragischer Vorfall passiert, der ihn auf eine skurrile Odysee schicken wird.

Auch wenn es sich bei "Beau Is Afraid" um eine Art Komödie handeln soll, so bleibt sich Aster dennoch thematisch sehr treu mit seinem dreistündigen Film, wenn er wie auch bereits in seinen beiden vorigen Werken die Verarbeitung von Trauer und Traumata inmitten komplexer familiärer Strukturen durch einen extremen Horrortrip darstellt.
An mancher Stelle wird bei Ari Asters neuem, dreistündigen Mammutwerk von einem „Magnum Opus“ oder auch von einem absoluten „Karriere-Killer“ gesprochen. Für mich steht die Wahrheit irgendwo dazwischen. Für mich ist „Beau Is Afraid“ ein Film, der durchaus als Test verstanden werden kann. Die Frage und auch letzen Endes das Ergebnis aus diesem Tests ist, ob man nach einem Hype um „Hereditary“ und „Midsommar“ auch nach „Beau Is Afraid“ weiterhin Fan von Ari Aster ist und auch bleiben wird. Diesen Test hat „Beau Is Afraid“ bei mir bestehen können, wenn auch nicht mit einer Top-Bewertung. Für mich ist „Beau Is Afraid“ aktuell klar Asters Vorgängerfilmen unterlegen, aber dennoch ein interessanter Film, bei dem sich sicherlich eine oder mehrere Sichtungen noch ergeben müssen, damit man tiefer in das eintauchen kann, was einen bei der ersten Sichtung einfach nur erschlagen wird. In all seiner Absurdität, seinen kreativen Einfällen und seinen skurillen Ereignissen, sowie einer mal subtilen und weniger subtilen Symbolik zur Entschlüsselung des Rätsels ist kein vollständiges Meinungsbild von mir bei der ersten Sichtung möglich, womit die Wertung ein vages Gefühl darstellt, dass ich nach zwei Nächten und etwas Zeit zum Nachdenken auch schriftlich an dieser Stelle benennen kann. Die Reise über das gesamte Leben von Beau, wie es läuft, wie es hätte laufen können, die kompletten Traumata, Schuldgefühle, Psychosen, Neurosen und Komplexe, die ihn belasten sowie die gesamte etwas unzuverlässige Erzählung, bei der man sich nie sicher sein kann, was sich vielleicht so im Kopf und der Wahrnehmung eines Beau abspielt oder was davon tatsächlich passiert und welche Perspektive wir als Zuschauer einnehmen, auch von der Verteilung der Sympathie her, sorgt natürlich für ein sehr komplexes Themengeflecht, für das man sich jedoch die Frage stellen muss, ob das einen Film von über 3 Stunden, unabhängig wie gut Inszenierung und auch das Schauspiel von Joaquin Phoenix sind, sowohl notwendig macht als auch rechtfertigt. Die Masse an Themen, die Aufteilung des Films in einige Stationen wie bei einem Roadmovie sorgt durchaus für eine etwas unausgewogene Überfrachtung an manch einer Stelle, für kreativ freidrehendes, aber auch teilweise ungeordnetes, unentschlossenes Chaos, für manche Redundanz als auch Probleme beim Pacing Das verhindert, dass der Film bei mir eine ähnliche Faszination und Begeisterung wie Asters Vorgängerfilme auslöst.


„Beau Is Afraid“ - My First Look – 7/10 Punkte.

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