Wenn man in den Michael Jackson-Streifen einsteigt, erwartet man fürdererst einmal Film mit einen Plot, eine Handlung. Doch genau darum wähnt man sich zu Beginn hier zunächst betrogen. Auf einen Ausschnitt eines Konzerts des “King of Pop” folgt ein wirres Potpourri aus völlig zusammenhanglosen Szenen und Geschichten, teilweise durchdrungen durch eine Art Rückblicke auf das Leben Michael Jackson's bis zu diesem Zeitpunkt.
Eben noch hüpft der Zuschauer mit den Jackson Five über die Bühnen der Siebzigerjahre, im nächsten Moment duelliert sich der Star mit animierten Clay-Figuren, tanzt mit einem Stop-Motion-Hasen um die Wette und wird von einem Polizisten wegen verbotenem Tanzens auf dem Highway abgemahnt. Was uns in dieser ersten Phase des Films vor Augen tritt, gleicht einer wahnhaften Drogenphantasie, die mir “Fear and Loathing in Las Vegas” wie ein Sonntagskaffeekränzchen der republikanischen Partei erscheinen läßt. Angereichert wird das ganze derart überlastig mit Effekten, Tricktechnik und Stilelementen seiner Zeit (umherfliegende Fernsheher, grausige graphische Gimmicks etc.) dass man aus heutiger Sicht fast schon versucht ist an eine Persiflage zu glauben.
Doch man muß berechnen welch so wahnsinniger wie teilweise genialer Geist hier die Feder führte: Namentlich der von Michael Jackson. Ikone und Freak in einem. Und diesem Image zollt er hier weidlich Tribut. Schon nach wenigen Minuten fragt man sich, worauf der oder die Macher eigentlich hinauswollen, warum man hier sitzt und sich diesen schier hanebüchenen Mummenschanz aus Giganto-Pappmacheekopffiguren, Knetmasse-Ausrastern und neonfarbenem Geblinker-Irrwitz antut. Und das dauert an. Lange… Sehr lange… Viel ZU lange…
Und doch letztlich erbarmt sich Jackson dann doch noch, etwa ab Mitte des Films (!), dem Zuschauer das Anteil werden zu lassen wofür er eigentlich gekommen ist: Einen Film mit Storyline und… naturalmente… mit Michael Jackson himself. Um die drehbuchschreiberischen Fähigkeiten des Popstars scheint es aber über seine 15-Minuten-Music-Clips hinaus nicht sonderlich gut bestellt gewesen zu sein. Denn wir begegnen nun einer klassischen "Gut-gegen-Böse-Geschichte" einfachster Strickart, in der Michael (selbstredend und gemäß seinem anzunehmenden Selbstbild) den Messias-gleichen, makellosen Retter der Entrechteten gibt, der die Kids aus den Klauen des Unheils entreißet.
Mit einiger Skepsis darf man aus heutiger Sicht den Umstand sehen, dass es sich bei der hier in Gefahr geratenden und somit durch Jackson zu rettenden Klientel bezeichnenderweise ausschließlich um Kinder handelt. - Nun, wie dem auch sei, auf jeden Fall hat es sich ein gar bösiglicher Villain mit dem einfallsreichen Namen Mr. Big (Joe Pesci) zur Lebensaufgabe gemacht, Kinder mit Hilfe von Drogen gefügig zu machen und so noch ganz nebenbei die Weltherrschaft an sich zu reißen (Wie genau er das auf diesem Wege zu erreichen gedenkt, sei mal dahingestellt). Klar dass Michael das nicht zulassen will und so wirft er sich mit Fistelstimme, Tanzeinlagen und zahlreichen spektakulären Metamorphosen in’s Geschehen (Roboter, Rennwagen, Raumschiff, …), um seine minderjährigen Freunde vor dem Unheil (oder zumindest Mr. Big) zu bewahren…
F A Z I T :
Was uns hier in Form einer Art Film begegnet, ist wohl noch der eindeutigste mittlerweile postmorthume Einblick in die Gedankenwelt eines Mannes, der unleugbar ein Genie in mancher Hinsicht, genauso aber zeitgleich ein kozeptloser, ja wahnsinniger Geist war. Ein irrlichternder Verstand, der im Idle-Wild-Prinzip von Gedanke zu Gedanke, von Idee zu Idee rast, unfähig auch nur den Ansatz eines roten Fadens dabei zu spinnen. Die einzelnen Elemente sind dabei gewiss (ihrer Zeit gemäß) nicht schlecht ausgeführt und auch tricktechnisch adäquat, aber das kranke Durcheinander ohne Sinn und Verstand macht selbst den gutmeinendsten Zuschauer schnell mürbe. Die im zweiten Part folgende Storyline der Marke “weird” und einfallslos kann die erschöpfte Audience dann schon nicht mehr schocken. Zu erleichtert und dankbar ist man zu diesem Zeitpunkt schon, wieder etwas zu sehen was wieder irgendeinen wie auch immer gearteten Plot und Logik in sich hat. - Im finalen Schluß ist und bleibt “Moonwalker” nur etwas für knallharte Jacko-Fans ohne Schmerzgrenze, die vielleicht selbst in diesem Machwerk die Genialität ihres Idols zu erkennen vermeinen werden. - Ich tue es definitiv nicht…
P.S.
Jackson's zugegebenermaßen geniale Musik und Performances sowie einige nette Effekte retten den Film noch knapp auf die 3 Punkte, andernfalls wäre die 2 unausweichlich gewesen...