Review

Delon und Bella Italia - Eine gelungene Liaison

Alain Delon, der seit Ende der Sechziger seine Filme selbst produzierte, streckte mit „Tony Arzenta" seine Fühler Richtung Italien aus, wo mit Luciano Martino und Duccio Tessari zwei Vollprofis warteten. Mafiageschichten lassen sich einfach besser mit Italienern verarbeiten. Vor allem, wenn sie von solchem Kaliber sind. 


Tessari, der mit „Das Messer" (1971) einen wirklichen guten Giallo im Gepäck hatte, erwies sich angesichts des Ergebnisses als richtige Wahl, denn „Tony Arzenta" entwickelt einen gelungenen Drive und erzählt seine Geschichte konzentriert und unterhaltsam, sodass kein Leerlauf entsteht. Der Rachefeldzug im Zentrum des Films wird nicht mit zusätzlichem Ballast beschwert und Tessari legt den Fokus immer auf den Handlungskern, der im Konflikt zwischen Delons Figur Arzenta und hauptsächlich fünf Dons der Mafia liegt. 

Die einzelnen Mordepisoden des Rächers werden von Tessari mal sehr trocken, mal sehr actionreich dargeboten. Die erste von zwei Autoverfolgungsjagden ist dynamisch eingefangen worden und die Abkürzung durch den Wald wirkt auch heute noch spektakulär, was einer versierten Kameraarbeit von Silvano Ippoliti zuzurechnen ist. An dieser Stelle möchte ich beispielhaft meine Meinung von Jacques Deray erklären, denn derselbe Kameramann hatte ein Jahr zuvor den etwas blassen und lahmen „Brutale Schatten" von Deray abgelichtet. Die Kameraarbeit beider Filme ist im Vergleich unterschiedlich wie Tag und Nacht, was ich mal ganz frech der Regie anrechne.  

Tessari lässt beispielweise als Kniff den Höhepunkt der ersten Verfolgung wegfallen und macht ein atmosphärisches Glanzstück daraus, wenn ein Pfarrer nur noch das Ergebnis des blutigen Handwerks in seiner Kapelle vorfindet. Auch dies wird bildlich wieder mit viel Sinn für die Atmosphäre eingefangen. Solche herausragenden Sequenzen, Bilder oder Elemente gibt es in „Tödlicher Hass" immer wieder. Der Mord im Zug ist bildlich interessant umgesetzt und die zweite Verfolgungsjagd mit ein paar Mafiaschergen startet mit einem wuchtigen Kopfschuss durch eine Windschutzscheibe. Es gibt also viele visuelle Dinge, die mein Herz erfreut haben und den harten Grundton des Films eindrucksvoll transportieren. 

Auch die Figurenzeichnung und ihre Darbietungen wissen zu gefallen und neben Delon als persönlich getroffener Killer überzeugt besonders Richard Conte mit seiner Ausstrahlung oder auch nur dem Wischen über den Tisch. Corrado Gaipa als Tonys Vater spielt nur eine kleine Nebenrolle, ich erkannte aber sogleich Don Tommasino aus „Der Pate" wieder. Der Mann hat offenbar eine eindrücklich liebenswerte Ausstrahlung, die einen sofort anspringt und sich einprägt. Denn so groß war die Rolle in Coppolas Mafia-Epos nun wirklich nicht. 

Die Musik von Tessaris Stammkomponisten Gianni Ferrio fügt sich passend in das künstlerische Konzept ein und bleibt dabei effektiv, aber zurückhaltend. Ferrios Stücke machen die Filme besser, bleiben aber so gut wie nie im Gedächtnis und spielen sich nicht in den Vordergrund. Das ist hier als Lob gemeint, denn es ist oft kein gutes Zeichen, wenn man in einem Film die Musik ganz bewusst wahrnimmt. An den Stellen, an denen ich darauf achtete, hat sie mir gefallen.   


Fazit 

„Tödlicher Hass" oder auch „Tony Arzenta" ist ein rundum gelungener Mafia-Thriller, der durch eine handwerklich interessante Machart, gute Darsteller und eingestreute Highlights überzeugt. Alain Delon brilliert einmal mehr in der Rolle des etwas unterkühlten Profis, der in der Antithese seiner Figur gefangen bleibt und als Antiheld somit auch scheitern muss. Am Ende geht dabei etwas die Spannung aus, aber fulminante Showdowns sind ja selten die Sache des europäischen Kinos in seiner Hochphase gewesen. 

Delon und das italienische Genrekino gehen hier sehr gut zusammen.    

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