„Dungeons & Dragons“ und das Kino, das war schwierig. Der erste Filmversuch war bei Kritik und Publikum ein Flop, es folgten zwei wenig beachtete Direct-to-Video-Sequels. Bevor es das wohl populärste aller Rollenspiele erneut auf die Leinwand schaffte, musste die Rechtefrage über Jahre hinweg zwischen Hasbro und diversen Filmstudios geklärt, ehe Paramount den Zuschlag bekam. Und die ließen sich nicht lumpen: 151 Millionen Dollar Budget machte man trotz der schwierigen Vorgeschichte für „Dungeons & Dragons – Ehre unter Dieben“ locker.
Dass die Drehbuchautoren und Regisseure John Francis Daley und Jonathan Goldstein aus dem Komödiengenre kommen, merkt man bereits dem Auftakt an. Der zeigt das Diebesduo aus dem wortgewandten Edgin (Chris Pine) und der wortkargen, toughen Holga (Michelle Rodriguez), das in einer Festung einsitzt, Zwangsarbeit verrichten muss und vor den Bewährungsausschuss treten darf. Das dort vorgetragene Plädoyer führt die Figuren noch besser ein; vor allem Edgin, der früher als Teil der Gilde der Harfner für das Gute stritt und Schurken einbuchtete, ehe die Gefolgschaft eines mächtigen roten Magiers seine Frau tötete und er sich darauf für das Diebeshandwerk entschied, um sich und seiner Tochter Kira (Chloe Coleman) ein besseres Leben zu bieten. Bei seinem letzten Coup wollte er mit seiner Crew, zu der auch Holga gehörte, neben Schätzen auch eine Tafel der Wiederbelebung stehlen, um seine Frau zurück zu bringen. Er und Holga wurden jedoch geschnappt, haben nach zwei Jahren Haft eine Chance auf vorzeitige Entlassung und kommen am Ende der Anhörung auch tatsächlich frei – wenngleich auf andere Weise als das Publikum erwartet.
Auf freiem Fuß klopfen Edgin und Holga bei ihrem ehemaligen Kumpan Forge (Hugh Grant) an. Der hat die Beute verwahrt, ist zur Vaterfigur für Kira geworden und hat sich in der Zwischenzeit zum Lord aufgeschwungen. Edgin will die Tafel der Wiederbelebung und seinen Spross wieder einsacken, doch da ist es dann vorbei mit der titelgebenden Ehre unter Dieben: Forge gefällt sich in der Rolle des Adoptivvaters und will die beiden lieber verhaften lassen. Seine Beraterin, die finstere Magierin Sofina (Daisy Head), ebenfalls früherer Teil der Diebescrew, will das Duo sogar beseitigen lassen, doch die schlagkräftigen Zwei entkommen. In „Dungeons & Dragons – Ehre unter Dieben“ geht es eben weniger um eine große epische Geschichte, sondern um ein persönliches Abenteuer. Und persönlicher kann es angesichts dieser Ausgangslage kaum werden.
Um an Kind und Tafel zu kommen, ist ein Heist nötig, weshalb Edgin und Holga nach Unterstützern suchen. Sie finden ihren alten Mitstreiter Simon (Justice Smith), ein eher semi-erfolgreicher Zauberer, und die gestaltwandelnde Druidin Doric (Sophia Lillis), die dem Raubbau am Wald durch Forge Einhalt gebieten möchte…
Trotz seines üppigen Budgets will „Dungeons & Dragons – Ehre unter Dieben“ keine große epische Fantasy-Saga sein, nicht der nächste „Herr der Ringe“, sondern erinnert eher an jene Fantasy-Abenteuerfilme der 1980er wie „Willow“, die ihre Story nicht so groß aufzogen. Zwar kommt der Heldentruppe auch hier im weiteren Verlauf noch eine höhere Aufgabe zu, aber zum einen bleiben die persönlichen Beweggründe Hauptmotivation ihres Handelns, zum anderen geht es „nur“ um das Schicksal eines Landstrichs und seiner Bewohner, nicht gleich um jenes der gesamten (Fantasy-)Welt. Dadurch bewahrt sich der Film trotz einer Lauflänge von 134 Minuten eine gewisse Unbeschwertheit und wirkt nicht so bleischwer wie manch andere, betont epische und dadurch auch etwas schwerfällige Fantasy-Konkurrenz.
Das liegt natürlich auch daran, dass das Regieduo seine Comedy-Erfahrung in die Waagschale wirft und „Dungeons & Dragons – Ehre unter Dieben“ als ironisches Fantasy-Abenteuer inszeniert, das jedoch den Klamauk des 2000er-Films dankbarerweise ebenso umschifft, sieht man von einer etwas missratenen Einlage (Simons Zaubervorführung und Flucht) mal ab. Sonst stimmt das Timing der Gags, die eine breite Palette von Humorspielarten bedient. Da gibt es Wortwitz, wenn Edgin erklärt, dass er immer mehrere Pläne in der Hinterhand habe, falls einer scheitere, und Doric daraus den Schluss zieht, dass er Pläne schmiedet, die scheitern. Es gibt Slapstickeinlagen, etwa wenn Holga einen Zellengenossen rabiat in die Schranken verweisen. Es gibt einen ironischen Blick auf die Klischees von Fantasy, etwa wenn der Paladin Xenk (Regé-Jean Page) bei seiner Einführung die guten Taten gleich im Mehrpack vollbringt. Ein großes Highlight ist jene Sequenz, in welcher die Truppe den Verbleib eines mächtigen Artefakts erforschen will und dazu die Leichen gefallener Krieger mittels eines magischen Rings befragt – es sind allerdings nur fünf Fragen pro Totem erlaubt.
Es liegt freilich nicht nur an dem Regieduo, dass die Gags so gut funktionieren, ohne dass die Figuren oder die Geschichte lächerlich erscheinen. Chris Pine spielt den Protagonisten als Schlitzohr zwischen Tollpatschigkeit und Heroismus, als einen Hallodri mit düsteren Seiten. Michelle Rodriguez überzeugt als toughe Kriegerin, während Sophia Lillis als Druidin stark aufspielt. Justice Smith fällt gegen seine Kollegen leicht ab. Ein großes Highlight ist Hugh Grant, der nach „The Gentlemen“ und „Operation Fortune“ erneut den arroganten wie gerissenen Schurken gibt und in seinen Szenen den Film zu klauen droht. In weiteren größeren Nebenrollen liefern Regé-Jean Page, Chloe Coleman und Daisy Head guten, aber nicht herausragenden Support, während Bradley Cooper für eine kleine, aber umso lustigere Gastrolle vorbeischaut.
Mit dieser engagierten Crew vor und hinter der Kamera vermittelt „Dungeons & Dragons – Ehre unter Dieben“ das Flair einer launigen Rollenspielrunde, ohne sich dabei zu sehr auf die Fanboys einzuschießen. Während ein Film wie „Warcraft: The Beginning“ einfach nur wie überteure Fan-Fiction und regelrecht ignorant gegen über allen Nicht-Eingeweihten wirkte, versteckt die Hasbro-Produktion jede Menge Easter Eggs für Kenner, ohne die anderen auszuschließen. So fallen Ortsnamen wie Baldur’s Gate oder Waterdeep, die auch Nicht-Rollenspieler vielleicht schon aus PC- oder Brettspielen kennen, während andere Gags auf D&D-Fans zugeschnitten sind. Der Rest der Welt kann das Ganze freilich als rasante Fantasy-Actionkomödie genießen. Einige Anspielungen gehen auch über das Ausgangsmaterial hinaus: Ein Zauberstab, mit dem man Portale verschießen kann, erinnert an das kultige PC-Spiel „Portal“ und ist nicht nur für einen Wegwerfgag da. Stattdessen spielt „Dungeons & Dragons – Ehre unter Dieben“ mit den Möglichkeiten, die dieses Artefakt bietet.
Die Action ist erfreulich knackig geraten, dank der Arbeit von Stunt Coordinator Peter Miles und Fight Choreographer Georgi Manchev. Darunter sind einige hübsche Kabinettstückchen, wie jene schnittlose Sequenz, in der Doric von Sofinas Schergen durch die Stadt verfolgt wird und dabei zwischen verschiedenen Tiergestalten wechselt. Die Choreographie der Nahkämpfe stimmt, die Übersicht geht selten verloren, und für Wemmsereien mit Fabelwesen ist auch immer wieder gesorgt. Nicht jeder Trickeffekt aus dem PC mag in der Königsklasseliga spielen, insgesamt leistet sich „Dungeons & Dragons – Ehre unter Dieben“ bei den Tricks jedoch wenige Ausfälle. Zumal die Actionszenen Phantasie und Abwechslung beweisen, wenn die Helden mal einem übellaunigen Drachen entkommen müssen, mal einfach nur ein paar Wachen ausschalten müssen oder mal durch ein Labyrinth von Monstern gehetzt werden.
Will man an dieser Spaßpackung eines kritisieren, dann ist es der Handlungsverlauf, der ein wenig episodisch daherkommt: Sammele Artefakt A ein, hol dir Hilfe bei Person B, damit du wiederum Artefakt C bekommen kannst usw. So reiht „Dungeons & Dragons – Ehre unter Dieben“ bisweilen nur eine Etappe an die andere, sodass eher die Hintergrundgeschichten der Hauptfiguren den Laden zusammenhalten: Edgin will Frau und Kind zurück, Holga hat die Trennung von ihrem Ehemann, für den sie ihren Stamm verließ, nicht verwunden, Simon ist nicht nur ein Zauberer, sondern auch ein unsicherer Zauderer, Doric hatte eine harte Kindheit – wobei letztere kaum eine Entwicklung durchmacht, denn sie wird direkt als souveräne Gestaltwandlerin und Freiheitskämpferin eingeführt.
Letzten Endes kann man Paramount und Hasbro jedoch nur gratulieren, dass sie so großes Vertrauen in das Projekt hatten und trotz des Flops des ersten Leinwandversuchs so viel Geld locker machten. „Dungeons & Dragons – Ehre unter Dieben“ ist ein wunderbar kurzweiliges, lustiges und selbstironisches Fantasy-Abenteuer mit schicker Ausstattung und phantasievollen Actionszenen. Sicher, der Plot wird bisweilen etwas episodisch präsentiert und könnte gerade im Schlussakt etwas zügiger auf den Punkt kommen, doch das ändert nur wenig an Qualität und Spaßfaktor dieser Fantasy-Actionkomödie, die gar nicht erst das große Epos sein möchte. 7,5 Punkte