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„Shazam!“ war ein Außenseiter innerhalb des DC-Heldenkosmos, inhaltlich wie stilistisch, spielte aber mehr als das Dreifache seiner Kosten ein und sollte in der Zukunft auf eine Konfrontation mit dem Dwayne ‘The Rock‘ Johnson gespielten Black Adam hinauslaufen. Der hat im direkten Sequel „Shazam! Fury of the Gods“ allerdings noch keinen Auftritt.
Shazam (Zachary Levi), das erwachsene Superhelden-Alter-Ego des Waisenjungen Billy Batson (Asher Angel) versucht seine Crew zusammenzuhalten, die aus ihm und seinen fünf engen Freunden aus jenem Waisenhaus besteht, das von Rosa (Marta Milans) und Victor Vasquez (Cooper Andrews) geleitet wird. Allerdings fühlt er sich nicht zum Teamleader berufen und ihre Missionen gelingen meist nur so semi, weshalb er sein Leid einem Doktor klagt – der allerdings Kinderarzt ist. Dabei kann Regisseur David F. Sandberg auf seine Wurzeln im Horrorfilm verweisen: Als Dr. Dario Bava referenziert der Arzt die Italohorror-Großmeister Dario Argento und Mario Bava, in seiner Praxis ist kurz die Annabelle-Puppe zu sehen, deren zweiten Teil Sandberg inszenierte.
Die griechischen Göttinnen sind derweil nicht ganz so froh, dass ihre Kraft vom Zauberer (Djimon Hounsou) an ein paar Kinder weitergereicht wurde, während sie in ihrer eigenen Dimension gefangen sind. Oder besser waren: Mit dem Zerbrechen des Zauberstabs im „Shazam!“-Finale ermöglichte ausgerechnet der Held ein Durchbrechen der Barriere, was die Schwestern Hespera (Helen Mirren) und Kalypso (Lucy Liu) für einen Übertritt in die Welt der Menschen nutzen, wo sie die Einzelteile des zerstörten Artefakts einsacken und eine Horde Museumsbesucher killen. Ähnlich wie schon beim Vorgänger wird „Shazam! Fury of the Gods“ in solchen Szenen leicht horribel, doch so wirklich kann Sandberg seinen Wurzeln angesichts von Stoff und Altersfreigabe doch nicht huldigen.

Nachdem die göttlichen Schwestern, die gleichzeitig Töchter des Titanen Atlas sind, den Stab mithilfe des gefangenen Zauberers zusammengefügt haben, wollen sie die Kräfte von Shazam und seiner Truppe für sich haben – was ihnen das Artefakt spielend ermöglicht…
War der Vorgänger noch eine Origin Story, die zwischen Genres und Tonarten schwankte, da ist „Shazam! Fury of the Gods“ zu sehr auf seinen Mainplot fixiert. Die jugendlichen Inkarnationen von Billy und seinen Freunden kommen kaum vor, stattdessen sieht man in erster Linie deren Superheldenversionen beim Kämpfen und Pläneschmieden zu. Subplots werden angerissen, aber kaum weitergebracht. Das zeigt sich vor allem beim Handlungsstrang um Billys besten Kumpel Freddy Freeman (Jack Dylan Grazer), der in seiner Heldeninkarnation (Adam Brody) auch mal ohne seine Kollegen losziehen will und sich von Billy gegängelt fühlt, weil dieser auf Teamarbeit besteht. Gerade der Gegensatz von Freddys Teen-Ich, einem kleinen, schüchternen Jungen mit Krücke, und der Hero-Version, einem selbstsicheren Großmaul, das sich als Captain Everypower bezeichnet, ist an sich reizvoll, zusätzliche Fallhöhe kommt ins Spiel, als ausgerechnet Freddy der erste ist, der seine Kräfte verliert. Doch „Shazam! Fury of the Gods“ macht wenig daraus, legt alle Gedankenspiele zum Thema nach Ende des ersten Drittels mehr oder weniger ad acta.
Dummerweise ist die Haupthandlung nur begrenzt aufregend. Man kloppt sich um magische Artefakte (neben dem Zauberstaub kommt ein zweites hinzu) und nimmt Personen aus dem gegnerischen Team als Geisel, damit die viel zu üppig bemessenen 130 Minuten des Films irgendwie gefüllt werden, doch aufregend ist das Ganze selten, zumal es auf den genretypischen Kampf innerhalb eine amerikanischen Großstadt hinausläuft. Dass es hier Philadelphia und nicht New York ist, bringt allerdings wenig Abwechslung hinein. Auch der Disput der Antagonisten-Schwestern, bei dem Hespera auf Rettung der eigenen Welt, Kalypso auf Rache aus ist, macht die Geschichte nicht wirklich aufregender, da dies reichlich erwartbar ausgeht.

Wesentlich ansehnlicher sind Design und Ausstattung des Films. Shazam und seine Crew treten erneut als Superheldencharaktere aus Kindersicht auf, mit besonders bunten Kostümen und besonders überzeichneten Muskeln, wobei sie ihr kindliches bis jugendliches Verhalten auch in Hero-Form nicht ablegen. Sind die Hauptgegenspielerinnen relativ egal, so sind es immerhin ihre obligatorischen Heerscharen nicht: Neben einem Drachen verfügen sie über Helferlein aus der griechischen Mythologie, weshalb im Finale Minotaurus, Mantikor, Zyklopen und Harpyien Randale machen, die allerdings etwas wenig Spielraum bekommen. Immerhin gibt es eine phantasievolle Geheimwaffe gegen das Fabelwesenkroppzeug.
Wesentlich weniger mitreißend ist dagegen die Action geraten. Shazam und sein Sidekick-Quintett haben alle mehr oder weniger dieselben Fähigkeiten, die wiederum wie bei Superman abgepaust erscheinen. Mit Bodenhaftung ist nicht viel, stattdessen wird viel herumgeflogen und Energieblitze verschossen. Dabei wird es bonbonbunt und nicht nur comic-, sondern regelrecht cartoonhaft, was einerseits konsequent ist, die Schauwerte andrerseits aber noch künstlicher wirken lässt. Da ist es dann am aufregendsten, wenn bei der Zerstörung Philadelphias echte Stunts ins Spiel kommen und echte Autos demoliert werden, aber das sind nur kleine Einbrüche des Realen inmitten des wild wabernden CGI-Gekloppes.

Präsentiert wird das Ganze mit Augenzwinkern, wobei der Film die Superheldenmechanismen weniger unter die Lupe nimmt als sein Vorgänger. Immerhin gibt es eine Anspielung auf das Familiengerede in der „The Fast and the Furious“-Reihe, einen Cameo von Gal Gadot und immer wieder kleine Horrorreferenzen, auch wenn der Film hier keinen guten Spagat findet: Da werden Zivilisten eiskalt gekillt, der nette Lehrer etwa mittels Gedankenkontrolle zum Sprung vom Dach gezwungen, aber so wirklich sehen darf man angesichts an der anvisierten Zielgruppe doch nicht. Dafür gibt es dann wieder reichlich Humor, der nicht zu böse oder originell ist, aber immerhin eine ganz gute Trefferquote aufweist, etwa in der Kätzchenszene oder beim Briefeschreiben an die göttlichen Schwestern. Charmant und mit ein paar lockeren Sprüchen versehen kommt auch die Interaktion der Heldenfiguren daher, die jedoch immer etwas hinter ihren Möglichkeiten zurückbleibt – zu wenig Profil besitzen die Nebenfiguren dafür und selbst Billy/Shazam wird als Charakter im Sequel kaum weiterentwickelt. Apropos Interaktion: In der Mid-Credit-Sequenz wird angedeutet, dass der Titelheld (und vielleicht auch seine Sidekicks) sich in Zukunft der Justice Society aus „Black Adam“ anschließen könnte, womit der erste Schritt für das geplante Crossover getan wäre.
Wenige Vorwürfe kann man dem Cast machen, der aus dem eher dürftigen Material, welches ihm das Script von Henry Gayden und Chris Morgan liefert, oft mehr zu machen weiß. Zachary Levy ist erneut sehr charmant als wahrhaftiges Kind im Manne und schultert die Hauptrolle mit Leichtigkeit, während Asher Angel und Jack Dylan Grazer bloß bessere Nebendarsteller aufgrund ihrer Screentime bleiben – in ihren gemeinsamen Szenen ist aber die Dynamik aus Teil eins erneut spürbar. Ähnlich dankbare Szenen haben die Darsteller ihrer Ersatzfamilie nicht bekommen, die beinahe zu puren Stichwortgebern werden. Glück hat Grace Caroline Currey, denn die darf Mary Bromfield sowohl in der Normalo- als auch der Superheldinnenversionen darstellen – beides mit viel Charme. Adam Brody ist ähnlich stark als Superhelden-Freddy, während Meagan Good, Ross Butler und D.J. Cotrona das Heldensextett als guter Support komplettieren. Helen Mirren und Lucy Liu sind prominente Antagonistinnen und tun darstellerisch ihr Möglichstes, können aber die Eintönigkeit ihrer Rollen nicht wirklich überspielen – „Shazam! Fury of the Gods“ krankt so an seinen 08/15-Schurkinnen, da hilft auch keine Starpower hinter den Rollen.

Nach dem etwas unfokussierten, überladenen Vorgänger kommt „Shazam! Fury of the Gods“ zwar konzentrierter daher, setzt den Fokus jedoch auf eine banale 08/15-Heldenstory mit farblosen Antagonistinnen, während die Teenieprobleme der jungen Hauptfigur fast komplett ad acta gelegt werden. Den Actionszenen fehlt es an Bodenhaftung, von gelegentlich schwachen CGI-Einlagen ganz zu schweigen, sodass in erster Linie das schicke Design, die Besetzung der Heldinnen und Helden sowie einige nette Gags zwischendurch für Laune sorgen. Dass „Shazam! Fury of the Gods“ ein reichlich egales Spektakel ist, können aber auch diese Pluspunkte nicht übertünchen.

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