iHaveCNit: Avatar: The Way Of Water (2022) – James Cameron – 20th Century Studios
Deutscher Kinostart: 14.12.2022
gesehen am 17.12.2022 in 3D HFR Dolby Atmos
Kinopolis Main-Taunus-Zentrum – Kino 1 – Reihe 14, Platz 16 – 16:00 Uhr
Sprechen wir mal über den Elefanten, oder besser gesagt den Wal im Raum. 2009 hat James Cameron mit „Avatar – Aufbruch nach Pandora“ den Weg für die neue 3D-Technik im Kino geebnet, eine großartig neue Welt präsentiert und eine mitreißende, wenn auch sehr klassische Geschichte erzählt. Dass es Fortsetzungen geben wird von Avatar war definitiv klar, die Frage nur wann sie kommen werden stand noch in den Sternen und bis dahin wird noch viel Wasser das Meer entlang fließen. Nun 13 Jahre später ist es endlich soweit nach der Zeit des Wartens und durchaus auch der Witze darüber, dass es ewig bis nie dazu kommen wird, dass uns James Cameron wieder in die Welt von Pandora und das Leben von Jake Sully und Neytiri nun auch sprichwörtlich eintauchen lässt – in eines der wohl größten und wichtigsten Kinospektakel des Jahres 2022.
Nachdem der Stamm der Omaticaya unter der Führung des Toruk Makto Jake Sully die Himmelsmenschen erfolgreich aus Pandora vertrieben hat, führen Jake und Neytiri ein sehr ruhiges und sehr produktives Leben, was die gemeinsame Familie mit den Kindern Neteyam, Lo´ak und Tuktirey sowie den adoptierten Kiri und „Spider“ schnell wachsen lässt. Bis die Himmelsmenschen jedoch erneut zurückkehren und ein altbekannter, totgeglaubter Feind in neuer Gestalt Jagd auf Jake und Neytiri macht, heißt es für Jake Sully und seine Familie zu flüchten und an neue Ufer aufzubrechen.
Als ich vor einigen Jahren im Kino Ang Lees „Gemini Man“ gesehen habe und dort Zeuge der HFR-Technologie wurde, bei der der Film mit einer variablen, höheren Framerate abgespielt wird und damit ein noch flüssigeres und schärferes Bild bietet, war ich nicht wirklich davon überzeugt, weil die Technologie für mich noch zu befremdlich und unausgereift wirkte – und vielleicht auch, weil der Film mich nicht wirklich überzeugen konnte. Dementsprechend war ich gespannt darauf, welche Möglichkeiten die Technologie wirklich zu bieten hat. Und wer bietet sich hier besser an als James Cameron, der nicht nur ein Meister darin ist, Fortsetzungen zu erzählen, sondern auch technische Messlatten fürs Kino zu setzen. Bei einer Wiederaufführung von Avatar: Aufbruch nach Pandora“ im September 2022 wurden bereits Sequenzen in HFR umkonvertiert und dort sah es zwar immer noch etwas befremdlich aus, aber wesentlich besser als alles, was ich bis dahin bei „Gemini Man“ noch in Erinnerung hatte. Eine Sache war mir von vornherein klar – James Camerons eigene, persönliche Unterwasserexpeditionen, die perfekt zu seiner Obsession mit dem blauen Element passen, wird sicherlich einen Einfluss auf die Fortsetzung haben. Ich sollte Recht behalten. Der kleine kurze Sneak Peak am Ende der im September 2022 erfolgten Wiederaufführung des Erstlings bot bereits einen ganz kleinen Ausflug in die reichhaltige Unterwasserwelt Pandoras und der Untertitel „The Way Of Water“sowie die Trailer waren sehr toll darin, erst einmal ein Gefühl für den Film zu liefern ohne genau Elemente der Handlung vorzugeben. „Avatar: The Way Of Water“ ist eines der diesjährigen besten Beispiele dafür, wie man ein eskapistisches Kino-Spektakel und Kino-Erlebnis umsetzt, dass den Zuschauer in ein fremde Welt abtauchen und einfach nur staunen lässt. Staunen darüber, wie gut er die HFR-Technologie in den Film einbindet. Staunen darüber, wie großartig die visuellen Effekte sind und wie das alles auf „Kamera“ festgehalten wurde. Staunen darüber, wie reichhaltig, mitreißend und visuell anregend die Welt von Pandora auch unter und am Wasser ist. Gerade seine visuelle Strahlkraft im Bereich der Effekte und der 3D-Technik zeigt er einigen anderen filmischen Vertretern im vor allem großen Marvel- und DC-Spektrum wie es wesentlich besser geht. Klar könnte man sich gerade erzählerisch an ein paar Kleinigkeiten bezüglich der Struktur und auch einer simplen Varianz der Handlung gegenüber dem Erstling aufhängen, aber das fällt für mich absolut nicht ins Gewicht des gesamten Films. Das, was dieser Film als emotional mitreißendes Familiendrama aufbereitet und den Wert der Familie als hohes Gut präsentiert ist ein feuchter Traum für die Dominic Torettos dieser Welt. Auch wenn es sich bei Pandora um eine fiktive Fantasiewelt der Kinogeschichte handelt, so ist die kulturelle Verbundenheit der Na´vi zu ihrer Flora und Fauna und der Erdenmutter Eywa und der damit verbundenen Naturverbundenheit ein brandaktuelles Mahnmal an den Mensch und seinen Umgang mit dem gesamten, empfindlichen Ökosystem unserer Erde. Während der erste Teil Kritik an der Abholzung von Wäldern im Sinne des Kapitalismus und Kolonialismus übt, gibt es im zweiten Teil eine weitere extrem wichtige, ökologisch aktivistische Botschaft, die in der weltweiten Reichweite hoffentlich einen weitreichenden Effekt auf den Umgang mit unseren Weltmeeren und den Meeresbewohnern haben wird – und damit auch ein feuchter Traum für zum Beispiel die Aktivisten von Sea Shepherd und Robert Marc Lehmann sein kann – unabhängig davon, dass manche PR-Aktivitäten zur Veröffentlichung des Films dahingehend durchaus auch eine andere Signalwirkung haben könnten. Für mich ist der Film ein mitreißendes, spannendes, zum Staunen anregendes Kinospektakel, das so rasant ist, dass man diesem Mammutwerk seine 190 Minuten nicht anmerkt. Es wird interessant sein, in welche Richtung nun die Fortsetzungen gehen werden und welche Messlatten diese noch setzen können. Eine wichtige Messlatte hat „Avatar: The Way Of Water“ auch bei mir erreicht. Beim 224. Ticket für 2022 noch einen Film zu liefern, der auch mich zum Staunen anregt. Das, was ein „Top Gun: Maverick“ in diesem Jahr als Fortsetzung für Entwicklungen im Bereich analogem Filmemachen erreicht hat, hat „Avatar: The Way Of Water“ für den Bereich des digitalen Filmemachens erreicht. Was beide Filme mit zu dem Besten macht, was dieses Jahr zu bieten hat.
„Avatar: The Way Of Water“ – My First Look – 10/10 Punkte.