Inzwischen müssen sich hiesige Drehbuchautoren nicht mehr allzu sehr über den Tellerrand hinaus bewegen, um Stoff für Katastrophenfilme zu erhalten. Hochwasser, Tsunamis und vor allem Waldbrände haben Europa längst erreicht. Regisseur Quentin Reynaud greift in seinem dritten Langfilm als Rahmenbedingung lediglich auf, was in Frankreich unlängst traurige Realität wurde.
Simon (Alex Lutz) und sein an Arthritis leidender Vater Joseph (André Dussollier) nehmen die Warnungen im Radio über bevorstehende Evakuierungen infolge von Waldbränden nicht allzu ernst, weshalb die beiden recht spät aufbrechen und ihr Zuhause verlassen. Prompt geraten sie in einen Stau und sind schon bald von den Flammen im Wald eingeschlossen, als Simon beginnt, über ein einschneidendes Ereignis in der Vergangenheit nachzudenken…
Es ist kein reiner Katastrophenfilm, den Reynaud fabriziert hat. Auf zwei Ebenen geht es um eine problematische Vater-Sohn-Beziehung, - der einen wohnt man hautnah bei, die andere wird nur vage durch Rückblenden angedeutet und spielt in der letzten Phase eine bedeutende Rolle. In der ersten Hälfte punktet hingegen das Katastrophenszenario, welches mit simplen Mitteln effektiv in Szene gesetzt ist und rasch in einen klaustrophobisch anmutenden Zustand gipfelt, als die beiden Männer weitgehend hilflos im Auto eingeschlossen sind, während Ascheregen fällt, ein brennendes Tier lautstark auf das Auto prallt und die Hitze als auch die Atemnot spürbar werden.
Als Bindeglied zur Außenwelt dient ein Funkgerät, welches in regelmäßigen Abständen Sachverhalte rund um das Feuer offenbart, denn anderweitig konzentriert sich das Geschehen nahezu ausschließlich auf Vater und Sohn. Dabei gerät die ohnehin latent beklemmende Stimmung zusehends surrealer und zuweilen beginnen die Grenzen zwischen Realität, Alpträumen und düsteren Erinnerungen zu verschwimmen, was sich primär im letzten Drittel äußert. Überdies finden zahlreiche Symbole Verwendung, welche bis hin zum reinigenden Wasser reichen, während das überall dominierende Feuer auch als Gang durch die Hölle gedeutet werden kann.
Hier verlässt Reynaud den bis dato nachvollziehbaren Pfad und begibt sich verstärkt auf die innere Reise des Protagonisten, womit er es sich, gerade in Hinblick auf die letzten Szenen ein wenig zu einfach macht. Allerdings ist es nicht zuletzt der starken Präsenz von Lutz, dem stimmungsvollen Score und der effektiven Kamera zu verdanken, dass die Chose nicht allzu sehr zerfasert, denn die größtenteils intensive Atmosphäre kann bis zum Ende nahezu konstant gehalten werden.
Freunde klassisch gestrickter Katastrophenfilme werden hier folgerichtig nur bedingt fündig, obgleich das Szenario des bedrohlichen Feuers über weite Teile beeindruckt. Action oder aufwendig inszenierte Momente sind eher am Rande zu beobachten, wogegen zusehends innere Konflikte ausgetragen werden. Eine nicht unspannende Herangehensweise, die in der Schlussphase leider einiges an Intensität einbüßt.
Knapp
7 von 10