Der exentrische Milliardär Miles Bron lädt seinen von ihm liebevoll "Disruptoren" genannten Freundeskreis zum alljährlichen Erholungs-Wochenende in sein "Glass Onion"-Luxus-Domizil auf seiner griechischen Privat-Insel ein, wo dieses Mal ein ausgeklügeltes Murder-Mystery mit ihm höchstselbst als Opfer die Zeit vertreiben soll. Zu Brons Überraschung steht plötzlich aber nicht nur der weltberühmte Meister-Detektiv Benoit Blanc auf der Matte, dem aus unbekannter Quelle ebenfalls eine Einladung zugestellt wurde (und für den die Veranstaltung eine gute Möglichkeit ist, der Monotonie des Corona-bedingten Lockdowns zu entfliehen)... sondern auch Brons ehemalige Geschäfts-Partnerin Andi Brand, die von ihm vor kurzem noch während eines langwierigen Gerichtsverfahrens durch die Falschaussagen seiner Freunde um sämtliche Firmen-Anteile gebracht wurde und deshalb aus gutem Grund einen ziemlichen Groll auf alle Anwesenden hegt. Klar, dass es abseits des erwarteten Party-Rätsels bald auch schon zu einem echten Mord kommt... und Benoit Blanc mal wieder völlig in seinem Element ist... Auch wenn Rian Johnsons von Seiten des Publikums recht wohlgelittene, aber erzählerisch nicht ganz runde 2019er-Krimi-Komödie "Knives Out - Mord ist Familiensache" in ihrer Gesamtheit doch wohl mal eher so einiges zu wünschen übrig gelassen hat, verwundert es einen irgendwie nicht, dass sich Netflix in der Aussicht auf weitere prominent besetzte Ensemble-Streifen, mit denen sich kräftig Abonnenten ziehen lassen, prompt die Fortsetzungs-Rechte gesichert hat... was sich hier ausnahmsweise mal als reiner Glücksfall erweist, denn "Glass Onion" ist doch im direkten Vergleich der deutlich bessere Film geworden und überflügelt seinen Vorgänger wirklich in jeder Beziehung. So erhält der von Daniel Craig mit sichtlichem Amüsement weitab seines James Bond-Images gemimte Meister-Detektiv Benoit Blanc im zweiten Anlauf nun also doch noch die Gelegenheit, sich selbst im Pantheon der Kino-Detektive neben Sherlock Holmes und Hercule Poirot einzureihen... und das innerhalb eines Films, der ob seiner humorigen Nonchalance tatsächlich ganz in der Tradition von "Alle Mörder sind schon da" oder gar "Eine Leiche zum Dessert" (immer noch der Gold-Standard, was die Detektiv-Comedies anbelangt!) steht. Klar aber, dass einem Rian Johnson als selbsternanntem Meister der unterwanderten Zuschauer-Erwartungen der Sinn neben einem - dieses Mal aber ziemlich sorgfältig präsentierten - Whodunit?-Plot auch noch nach etwas ganz anderem steht, doch anders als im ersten Teil, der sich durch einen erzählerischen Bruch in der Geschichte selbst vollständig den Wind aus den Segeln genommen hat, ist hier ein ganz ähnlicher narrativer Kniff, der das bisher Gesehene mittendrin nochmal Revue passieren lässt und vielen Szenen durch die Betrachtung aus einem anderen Blickwinkel eine gänzlich neue Bedeutung verleiht, schlichtweg genial und lässt "Glass Onion" wie schon früh in den Dialogen angedeutet als filmische Fuge dastehen, deren Geschichte sich quasi über sich selbst legt und für deren Drehbuch dann auch ganz zu Recht eine Oscar-Nominierung rausgesprungen ist. Am besten ist aber, dass Johnson dieses Mal darauf verzichtet hat, 'nen Kommentar zum allgemeinen politischen Zeitgeschehen abzugeben und es ihm gelungen ist, stattdessen (förmlich) glasklar ein Thema herauszuarbeiten, bei dem die nicht gerade subtil geübte Kritik an der depperten Milliardärs-Bagage rund um Musk, Zuckerberg & Co, die hier allesamt in der Figur des Miles Bron vereint als zeitgenössische Prügelknaben herhalten müssen, keinesfalls fehl am Platz wirkt. Letzten Endes ist die Glaszwiebel dadurch intelligentes Entertainment geworden, das durchaus zum öfter Wiedersehen einlädt und bei der man zudem auch nie das Gefühl hat, dass hier zu wenig Inhalt breiig in die Länge gezogen wurde, denn die 140 Minuten Laufzeit vergehen wirklich wie im Flug. Also, wenn dieses Niveau gehalten werden kann, dann sehe ich auch weiteren Auftritten von Benoit Blanc freudig entgegen...
9/10