Review

Disney zurück im Abenteuermodus!


Jetzt schon gilt „Strange World“ als einer der größten Flops in Disneys langer Firmenhistorie. Eine grotesk niedrige Wertung auf Imdb, ein extrem niedriges Einspielergebnis, eine Enttäuschung auf ganzer Linie. Könnte man meinen. Aber Moment. Erstens heißt die Kinozuschauerzahl in Zeiten von Streaming und Co. wenig, zweitens hört jeder halbwegs wissende Filmfan bei einer solchen Hassflut schon drei Kilometer gegen den Wind die (meist leider sehr extremen, rechten) Disneyhasser schreien: zu bunt, zu divers, zu schwul, zu liberal, zu grün. Hell, selbst der Hund hat ein Handicap! All das macht den aufgeschlossenen Filmfan, der solche Strömungen schon lange beobachten kann, fast noch neugieriger auf das finale Werk. Was ihn auf keinen Fall automatisch zum guten Film oder persönlichen Liebling macht. Um es direkt vorweg zu greifen: mich hat „Strange World“ sogar ein gutes Stück gelangweilt und enttäuscht. Dennoch sollte er in der heutigen Zeit mit seinen vielen kulturellen, bunten und ökologischen Facetten eigentlich keinen mehr aufregen oder gar zum Hassobjekt werden. Zudem ist er ganz klar kein Katastrophenfilm, keine 3/10. Nie und nimmer. Und dennoch wird er leider von einer scheinbar sehr lauten und netzaffinen Minderheit noch tiefer bewertet als er es eigentlich verdient hätte. Strange World in der Tat. Naja, lassen wir den traurigen Exkurs. Kommen wir zu Handlung: es geht um den Sohn einer Abenteurerlegende, dessen Vater seit 25 Jahren verschollen ist. Und nun muss der Sprössling mit einer Crew in das Innere seiner Welt vordringen, um u.a. die von ihm selbst entdeckte Energiequelle zu retten. Und dabei erwartet ihn natürlich eine versteckte Welt voller seltsamer Wesen und bizarrer Natur, die seine Weltanschauung ganz schön auf den Kopf stellen könnte…

Ich bin happy, dass Disney seit langem mal wieder endlich einen echten Abenteuerfilm gemacht hat! Die Macher und Produzenten werden das weniger so sehen, erst recht weil diese Art von Filmen vor ca. 20 Jahren für das Maushaus schonmal reihenweise floppten. Dennoch ist „Strange World“ für mich durchaus eine gelungene Abwechslung und neue Kombination von eigentlich Altbewährtem. Es wird gekonnt mit Abenteurerklischees gespielt, die vielen Floras, Faunas und Fabelwesen kommen gut zur Geltung. Zudem sieht der Film in seinen Farben und Details einfach gnadenlos gut aus, selbst wenn das fast normal und Standard bei Disney ist. Dennoch haben mich einige Härchen und Texturen doch ins Staunen versetzt. Die Geschichte und der „große Kniff“ der Sache war wohl für die meisten schon beim Trailer sehr klar vorgezeichnet, dennoch gewinnt der Film durch Themen wie seine Vater-Sohn-Beziehung(en), die Nutzung und Ausbeutung von Rohstoffen, die Definition von „wahrem Heldentum“. In all seinen Zügen, Figuren und Charakterentwicklungen wirkt „Strange World“ oftmals sehr plakativ und oberflächlich, aber seiner Sache tut das nur wenig Abbruch. Ein Stück cleverer und ambivalenter hätte man meiner Meinung nach alles aber dennoch zeichnen müssen. So bleibt ein recht zügig vergessenes Abenteuer mit ökologischen und menschlichen Messages, die weder allzu gut untermauert werden noch allzu lange im Gedächtnis bleiben. Für einen ruckligen Ritt in's Innere einer fremden Welt reicht's. 

Fazit: ich mag das Abenteuerfeeling, die Message und die Figuren in „Strange World“ grundsätzlich sehr gerne. In seinen besten Momenten hat das was vom Ur-King Kong oder „The Lost World“ in bunt, modern und animiert. Und dennoch: das ist in allen Belangen so heftig „auf die Nase“, so platt, so berechenbar und klischeebeladen, so gewollt und gestellt, so künstlich und berechnend, dass ich doch lieber zu noch vergesseneren Abenteuern des Maushauses greife, wie „Atlantis“ oder „Treasure Planet“, die wesentlich natürlicher, organischer und frischer wirken. Schlecht ist „Strange World“ aber nicht. 

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