Review

Auch bei Filmemachern gilt die Unschuldsvermutung, - zumindest solange, bis man sie nach Sichtung ihres Streifens hinsichtlich einer Falschaussage überführen kann. So mag es zwar sein, dass Regiedebütant Robert Rippberger seinen Stoff in einigen sehr langen Takes drehte, indem beispielsweise die Kamera nahezu ununterbrochen lief. Aber er kommt nicht ohne Schnitte aus, es sei denn, irgendwo in der Welt geht es vom hellichten Tag binnen weniger Minuten in fortgeschrittene Dämmerung über.

Nach der aufopferungsvollen Pflege seiner Mutter versucht Max ein wenig Normalität zurück zu gewinnen und trifft sich mit einem Blind Date. Avery entpuppt sich als attraktive Dame, die es mit der Wahrheit allerdings nicht immer genau zu nehmen und einige Geheimnisse zu hüten scheint. Dennoch lässt sich Max auf das Abenteuer ein, ein verwaistes, angebliches Spukhaus zu besichtigen, in welchem die Gestalt des Rotcreeps umgehen soll…

Es mag sein, dass Rippberger und sein experimentierfreudiger Kameramann sehr bewusst auf lange Einstellungen gesetzt haben, denn die ersten zwanzig Minuten sehen tatsächlich wie das Schlendern eines Paares durch einen Vorort in Echtzeit aus, was die Authentizität der Gespräche über Beziehungen, Philosophien und Familie durchaus verstärkt. Unsicherheiten und kleine Fettnäpfchen werden ebenso glaubhaft transportiert wie eine kurze peinliche Situation durch eine dritte Person, wobei Avery eine Form von Unberechenbarkeit mitschwingt, die einem spätestens beim Konsum von Hochprozentigem die Alarmglocken schrillen lassen.

Bis das von allen Seiten verbretterte Haus letztlich ein wenig seine Wirkung entfaltet, ist bereits die Halbzeit erreicht und ab da tappt man latent im Halbdunkeln, umgeben von anstrengenden Flackerlichtern und einer ebenso strapazierenden Kamera, die auch mal eine 180-Grad-Drehung bemüht, ohne dass hierdurch ein Effekt erreicht würde. Die zuvor genannte Entität ist zwar irgendwie vorhanden, doch erblicken kann man sie allenfalls wenige Sekunden, bevor sie wieder komplett verschwindet. Körperliche Konfrontationen und Blutvergießen werden nahezu ausgeklammert, wodurch erst gar keine Spannung aufkommt.

Den letzten Funken Glaubwürdigkeit verliert die Situation mit dem Vorhandensein eines Brecheisens, mit dem man problemlos binnen weniger Minuten einige Bretter von den Fenstern lösen könnte, was natürlich ebenso wenig eintritt wie die Benutzung eines offenbar funktionierenden Handys. Als schließlich noch ein Junge bei dem Treiben mitmischt, erhält der Stoff ebenfalls einen leichten, zusätzlichen Knacks, denn kein Kind würde sich mit derartigen Worten in einer prekären Situation äußern.

Was bleibt, ist ein in jeder Hinsicht anstrengender Stoff, welcher nicht nur anfangs eine Menge Geduld erfordert. In Sachen Horror ist da nichts mitzunehmen und obgleich die beiden Hauptdarsteller recht ordentlich performen, rettet dies nicht das visuell schwach ausgestattete Szenario in der zweiten Hälfte, welche zudem in einer lahmen Auflösung mündet.
Weggehen ist da irgendwie das passende Stichwort…
3 von 10

Details
Ähnliche Filme